Zahngesundheit

Gesund im Mund – so geht’s

Stuttgart - 22.08.2016, 12:00 Uhr

Konsequente Zahnpflege ist von klein auf wichtig. (Foto: sabine hürdler / Fotolia)

Konsequente Zahnpflege ist von klein auf wichtig. (Foto: sabine hürdler / Fotolia)


Zweimal täglich Zähneputzen, so lautet die Empfehlung. Aber elektrisch oder lieber mit der Hand? Zahnpasta mit Fluorid oder besser ohne? Bringen Mundspülungen irgendetwas? Und soll man eigentlich Zahnseide benutzen? Fragen über Fragen…

Die Mundgesundheit der Deutschen hat sich verbessert. Das geht aus der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) hervor, die gerade vorgestellt wurde. Die repräsentative Untersuchung gibt Aufschlüsse über die Mundgesundheit der gesamten Bevölkerung in Deutschland. Sie liefert Daten zu fast allen zahnmedizinischen Aspekten.

So hat sich die  Zahl kariesfreier Gebisse in den Jahren 1997 bis 2014 praktisch verdoppelt. Acht von zehn der 12-jährigen Kinder (81,3 Prozent) sind heute völlig kariesfrei. Während 1997 noch jeder vierte ältere Mensch völlig zahnlos war, ist es heute nur noch jeder achte. Und auch die Zahl der Parodontalerkrankungen nimmt laut der Untersuchung ab.

Nach Ansicht der Autoren belegt die Studie, dass die Vorsorge funktioniert. Die Mundgesundheit sei gut wie nie. Geschenkt bekommt gesunde Zähne bis in hohe Alter allerdings niemand. Dafür muss man etwas tun.

Zweimal täglich Zähneputzen – so lautet die Empfehlung. Denn die Bildung von Zahnbelägen und Plaque lässt sich nicht verhindern. Werden diese nicht regelmäßig entfernt, reifen die Bakterien im Biofilm nach 24 bis 72 Stunden heran. Dann können sie Krankheiten wie Karies und Parodontitis verursachen.

Handarbeit oder elektrisch?

Am effizientesten sind elektrische Zahnbürsten. Ob mit Schall oder rotierenden Borsten spielt dabei keine Rolle. Hauptsache, die Bürste bewegt sich schnell. Empfohlen wird eine mittlere Härte, außerdem sollte der Bürstenkopf nicht zu groß sein. Alle zwei Monate sollte man sich einen neuen Bürstenkopf gönnen. Dann muss man nur noch die Bürste schräg mit leichtem Druck (bis sich das Zahnfleisch leicht weißlich verfärbt) auf Zähnen und Zahnfleisch aufsetzen. Dabei die Zahnbürste nicht über die Zahnreihe hin und her bewegen. Das kann Zahnhälse oder das Zahnfleisch schädigen und zudem das Putzergebnis verschlechtern.

Was viele nicht wissen: Die eigentliche Zahnreinigung findet morgens statt – und zwar vor dem Frühstück. Dabei sollte länger als drei Minuten gründlich geputzt werden, empfehlen Zahnmediziner. Um Biofilme möglichst vollständig zu entfernen. Da diese sich nicht nur auf den Oberflächen, sondern auch zwischen den Zähnen befinden, muss auch dort geputzt werden, mit Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürstchen.

Das abendliche Zähneputzen dient vor allem der Pflege und dem Wohlbefinden. Es wird empfohlen, nach dem Genuss saurer Mahlzeiten oder Getränke etwas zu warten – die Säure entzieht den Zähnen Mineralien wie Calcium und Phosphat. Es kommt zu Mikroporen und stumpfen Oberflächen. Diese Mineralien werden aus dem Speichel langsam wieder eingelagert. Zuckerfreie Kaugummis fördern den Speichelfluss und sollen die Einlagerung beschleunigen. 

Putzt man direkt nach dem Genuss von Säurehaltigem die Zähne, reibt die Putzbewegung den geschwächten Zahnschmelz ab. Zahnärzte sprechen von Abrasion. Einmal abgetragener Zahnschmelz bildet sich nicht wieder neu. Hat sich das Zahnfleisch bereits zurückgebildet, kann die Abrasion auch das Zahnbein betreffen.

Fluorid muss sein

Nur Fluorid-haltige Zahnpasta schützt erwiesenermaßen vor Karies. Fluorid-Anwendung gilt nach der S2k-Leitlinie „Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe“ als wichtigste Maßnahme, Zahnkaries vorzubeugen. Die Fluoride reagieren mit dem Calcium im Speichel, der während des Zähneputzens vermehrt fließt. Auf der Oberfläche der Zähne bildet sich eine Calcium-Fluorid-Schutzschicht. Zähneputzen remineralisiert also den angegriffenen Zahnschmelz und schützt vor späteren Säureangriffen.

Wichtig ist dabei eine altersangepasste Fluorid-Menge – für Kinder unter sechs Jahren wird eine geringere Konzentration empfohlen. Allerdings wurde diese vor Jahren auf 500 ppm angehoben. Ab sechs Jahren kann eine „Erwachsenen“-Zahnpasta mit einem Fluorid-Gehalt von 1000 bis 1500 ppm verwendet werden. Man geht heute davon aus, dass  eine wiederholte, lokale Fluorid-Zufuhr eine deutlich bessere Wirkung erzielt, als die systemische Dauerfluoridierung über Tabletten. Zahnärzte raten daher von der Fluorid-Gabe für Säuglinge ganz ab.

Zur Prophylaxe eingesetzt werden anorganische Fluoride (meist Natriumfluorid) oder organische Aminfluoride. Einige Studien bescheinigen den organischen Verbindungen eine größere Effektivität als den anorganischen. Aus zahnmedizinisch-prophylaktischer Sicht spielen die chemischen Verschiedenheiten der verwendeten Fluorid-Verbindungen jedoch eine untergeordnete Rolle. Entscheidend für die protektive Wirkung ist vielmehr die Anwesenheit von freien Fluorid-Ionen in ausreichender Konzentration, wenn Zahnschmelz demineralisiert worden ist und schnell wieder „repariert“ werden muss.

Gut gespült = halb geputzt?

Mehrere Studien weisen darauf hin, dass die Anwendung von Fluorid-haltigen Mundspüllösungen Karies reduziert. Um tatsächlich vorbeugend zu wirken, muss die Lösung mindestens 0,025 Prozent Fluorid enthalten. Vor allem Erwachsene mit Zahnfleischproblemen oder Parodontitis sollten Mundspülungen langfristig und regelmäßig anwenden. Kinder müssen das Mundspülen sicher beherrschen, bevor (alkoholfreie) Produkte zum Einsatz kommen.  

Nicht alle Mundspülungen eignen sich zur Daueranwendung. So ist unter Experten der längerfristige Einsatz von Antiseptika, wie Chlorhexidin oder Cetylpyridiniumchlorid, in der Mundhöhle umstritten, da die natürliche Mundflora dadurch verändert werden könnte.

Vorsicht Alkohol!

Eine Alternative stellen Präparate mit ätherischen Ölen dar. Zahlreiche ätherische Öle haben erwiesenermaßen antiseptische Wirkung. Wirksame Inhaltsstoffe sind hier beispielsweise Thymol, Cineol und Menthol. Ätherische Öle können aufgrund ihrer guten Lipidlöslichkeit die bakterielle Zellmembran leicht durchdringen und dadurch direkt in den Metabolismus eingreifen. Der hydrophobe Charakter der Öle verhindert zudem die Bakterienaggregation und wirkt so einer Plaqueakkumulation effizient entgegen.

Mundspüllösungen mit ätherischen Ölen haben allerdings häufig einen relativ hohen Alkoholgehalt und sind daher nicht für Kinder, Schwangere oder Alkoholiker geeignet. Außerdem stehen alkoholhaltige Mundspülungen in dem Verdacht, Krebs in der Mundhöhle zu begünstigen – ein Zusammenhang, den es aber noch weiter zu erforschen gilt. 

Welches Präparat empfehlenswert ist, hängt von der erwünschten Wirkung ab. Zur Unterstützung der täglichen Mundhygiene, insbesondere, wenn der Umgang mit Zahnseide und Zahnzwischenraumbürsten schwerfällt, können Mundspülungen, die ätherische Öle oder Fluorid enthalten, empfohlen werden. Letztere vor allem dann, wenn ein erhöhtes Karies-Risiko, zum Beispiel durch festsitzende Zahnspangen, besteht. Ein Ersatz fürs Zähneputzen sind diese Präparate jedoch auf keinen Fall.

Lediglich Chlorhexidin in der Konzentration von 0,2 Prozent wird von Stiftung Warentest als „einzig wahre chemische Zahnbürste“ bezeichnet, also der einzige Wirkstoff, der tatsächlich kurzzeitig die Zahnbürste ersetzen können soll. Einsatzgebiete wären, wenn die Keimzahl in der Mundhöhle reduziert werden muss und nur eine eingeschränkte Mundhygiene möglich ist, zum Beispiel nach chirurgischen Eingriffen. Chlorhexidin ist außerdem das Mittel der Wahl bei akuten Entzündungen. 

Sauber bis in den letzten Zwischenraum

Die US-Regierung hat die Empfehlung, Zahnseide zu benutzen, kürzlich aus ihrer Leitlinie gestrichen. Es gebe keinen wissenschaftlichen Beweis, dass Zahnseide etwas nützt, lautete die Begründung. Es gibt aber andersherum auch keine Beweise, dass sie nichts nützt oder schadet. Die Reinigung der Zahnzwischenräume ist einfach nicht gut untersucht.

Deshalb empfehlen deutsche Zahnmediziner die Anwendung weiterhin – und zwar einmal täglich. Denn Untersuchungen hätten gezeigt, dass  die Zahnbürste nur etwa 70 Prozent der Zahnoberfläche erreicht, erklärte der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, Dietmar Oesterreich, jüngst im Interview mit der „Apotheken Umschau“. Für die Zahnzwischenräume brauche man daher eine andere Lösung. Zumal Karies bei Erwachsenen vor allem in den Zahnzwischenräumen auftrete. Dem könne man mit Zahnseide vorbeugen. Die Studienlage müsse zwar unbedingt verbessert werden, manche Dinge seien aber auch  Erfahrungswissen und gesunder Menschenverstand, sagte Oesterreich.

Während bei engen Zahnzwischenräumen die Reinigung mit Zahnseide besser funktioniert, sind bei größeren Interdentalbürsten eher geeignet. Vorteilhaft  an den Bürstchen ist, dass sie in vielen verschiedenen Größen und Formen erhältlich sind. Das Verbrauchermagazin Ökotest rät allerdings, die Auswahl nicht auf eigene Faust zu treffen. Denn eine zu feine Bürste hat wenig Effekt, eine zu dicke kann das Zahnfleisch verletzen. Werden die Drahtbürstchen als unangenehm empfunden, sind die Sticks aus Kunststoff eine gute Wahl. Sie sollten allerdings aus hygienischen Gründen nach jeder Anwendung gewechselt werden. Klassische Interdentalbürsten können unter fließendem Wasser abgespült und bis zu 14 Tagen verwendet werden.

Die Studienlage zu Bürsten und Sticks ist allerdings genauso schlecht wie für Zahnseide. 

Professionelle Zahnreinigung

Ebenfalls keinen wissenschaftlichen Beweis gibt es für den Nutzen der professionellen Zahnreinigung. Zweimal im Jahr lautet meist die Empfehlung. Ob Erwachsene, die keine Parodontitis oder Ähnliches haben, von einer professionellen Zahnreinigung profitieren, ist nach Ansicht des Medizinische Dienstes der Krankenkassen unklar. Für Patienten mit einem erhöhten Risiko für Karies oder Parodontitis scheint sie sinnvoll zu sein. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Zähneputzen

von JFL am 22.08.2016 um 18:39 Uhr

Welche Gründe sprechen für das Zähneputzen VOR dem Frühstück?
Beim Zähneputzen NACH dem Frühstück werden doch auch gleich alle Essen.- und Zuckerreste (Marmelade, Honig etc.) sowie Kaffee/Tee-Filme des Frühstückes entfernt und der Zeitraum sauberer Zähne bis zur nächsten Mahlzeit ist verlängert.

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