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Medikationsberatung
Zusatzhonorare der Apotheker unter Beschuss
Eines der wichtigsten politischen Projekte der Apotheker wackelt: Mehrere Aufsichtsbehörden meinen, dass die Pharmazeuten für pharmazeutische Dienstleistungen, etwa das Medikationsmanagement, kein Extra-Honorar kassieren dürften. Ein Beratungsmodell wurde sogar schon gekippt, ein anderes wackelt. Die ABDA protestiert.
Kassen-Aufsichtsbehörden gegen Versorgungsmodelle der Apotheker
Für die ABDA sind die pharmazeutischen Dienstleistungen seit Jahren das Herzstück der politischen Lobbyarbeit. Friedemann Schmidt hatte nach seinem Amtsantritt als ABDA-Präsident eine Weiterentwicklung des Berufsbildes versprochen. Später beschloss der Deutsche Apothekertag das „Perspektivpapier 2030“, das für die Stärkung der heilberuflichen Rolle des Apothekers wirbt. Und: In Sachsen und Thüringen wird derzeit ein Medikationsmanagement getestet, das in den kommenden Jahren – so die Hoffnung der Apotheker – im ganzen Land ausgerollt werden könnte. Hinzu kommen mehrere regionale Projekte der Pharmazeuten: Medikationschecks, Schwangeren- oder Diabetiker-Beratungen oder Compliance-Hilfen.
Doch bei einigen Krankenkassen-Aufsichtsbehörden kommen diese Versorgungsmodelle gar nicht gut an. Denn die sind der Meinung, dass es für solche Beratungs- und Dienstleistungsangebote gar keine gesetzliche Grundlage gibt. Ein Beispiel ist das sogenannte Diabetiker-Coaching der Techniker Krankenkasse (TK). Der Vertrag zwischen der TK und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) war vor zwei Jahren das erste bundesweit gültige Dienstleistungsangebot im Bereich des Medikationsmanagement. In dem Programm bietet die Kasse Diabetikern an, sich von einem Apotheker pharmazeutisch beraten zu lassen. Erfolgt die Beratung, erhält der Pharmazeut bis zu 50 Euro.
Für alle bundesweit agierenden Krankenkassen ist das
Bundesversicherungsamt (BVA) die Aufsichtsbehörde. Auf Nachfrage von DAZ.online
sagte ein Sprecher: „Krankenkassen dürfen nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer
gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel
nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden.“ Auch die Gelder
der Kassen dürften nur für die im Sozialgesetzbuch V vorgesehenen Leistungen
und Verwaltungskosten ausgegeben
werden. Für sämtliche Verträge mit Leistungserbringern müsse es also eine
gesetzliche Grundlage geben, so das BVA.
BVA: Apotheker werden schon für Beratung bezahlt
In der Tat ist die derzeitige Rechtssituation für die Apotheker schwierig. Denn es gibt zwar einige Paragrafen, die die Beteiligung der Apotheker in besonderen Versorgungsmodellen ermöglichen würden. Es gibt allerdings noch viele Hindernisse. In Selektivverträgen, also Einzelverträgen zwischen Kassen und Leistungserbringern, dürfen die Pharmazeuten beispielsweise nicht als direkter Vertragspartner auftauchen, sondern nur als dritter, beteiligter Partner. Grundsätzlich möglich sind zudem Modellversuche, an denen auch Apotheker beteiligt sind. Solche Pilotprojekte sind aber zeitlich begrenzt. Sieht eine Aufsichtsbehörde einen dauerhaften Vertrag zwischen Apothekern und Kassen, kann sie intervenieren. Weitere direkte Versorgungsverträge mit Apothekern sind möglich, allerdings nur, wenn die Kasse sie öffentlich ausschreibt.
Eine öffentliche Ausschreibung hatte es im Fall des TK-Diabetiker-Coachings nicht gegeben. Ob das BVA sich deswegen querstellt, wollte der Sprecher auf Nachfrage nicht verraten. Das BVA befinde sich derzeit in einem „aufsichtsrechtlichen Dialog“ mit der TK, hieß es. Die Behörde hat allerdings auch Probleme mit der Vergütung in einigen Beratungsmodellen. Denn laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sei der Apotheker heute schon zur Beratung und Information verpflichtet. „Problematisch können Verträge der Krankenkassen und Apotheken hinsichtlich der Vergütung dann sein, wenn mit dem Vertrag allein Leistungen zusätzlich vergütet werden, zu denen der Apotheker bereits […] gesetzlich verpflichtet ist“, so der BVA-Sprecher.
Medikations-Beratung in Bayern vom Gesundheitsministerium gestoppt
Dem Vernehmen nach gibt es in Deutschland noch weitere Verträge zwischen Kassen und Apothekern, die im Visier der Aufsichtsbehörden sind. Ein weiteres Beispiel ist ein ehemaliges Beratungsprogramm der AOK Bayern: Im Herbst 2013 gaben die AOK und der Bayerische Apothekerverband (BAV) bekannt, dass Apotheker bis zu 33 Euro für eine Medikations-Beratung in der Schwangerschaft abrechnen konnten. Doch nur ein Jahr später wurde das Projekt ausgesetzt, weil die Aufsichtsbehörde intervenierte – in diesem Fall das Bayerische Gesundheitsministerium.
Das Ministerium hatte die Kasse 2014 über gewisse Bedenken informiert und eine Frist gesetzt: Die Vertragspartner sollten das Modell binnen sechs Monaten aussetzen oder eine rechtssichere Alternative entwerfen. Auf Nachfrage von DAZ.online sagte eine Ministeriumssprecherin, dass es für die Medikationsberatung im SGB V keine Rechtsgrundlage gegeben habe. Das Gesundheitsministerium brachte die Problematik sogar bei einem Treffen mit allen anderen Aufsichtsbehörden auf die Tagesordnung. Die Landes- und Bundesbehörden einigten sich gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) darauf, dass Verträge zur Medikationsberatung nur im Rahmen eines Paragraphen funktionierten, nach dem eine öffentliche Ausschreibung zwingend notwendig ist.
Becker will kein „Dazwischenfunken“
Die ABDA will, dass sich das ändert und fordert Rechtssicherheit für Apotheker. Gegenüber DAZ.online sagte DAV-Chef Fritz Becker: „Die Apotheken können und wollen pharmazeutische Dienstleistungen für gesetzlich Versicherte erbringen, die über die mit der Arzneimittelabgabe verbundene Beratung und Information hinausgehen. Wir – Kassen, Apotheker, Patienten – benötigen allerdings unbedingt eine Klarstellung der Rechtsgrundlage.“ Aus Beckers Sicht ist es „paradox“, dass Kassen und Apotheker sich freiwillig einigten, um danach zu erleben, dass die Behörden „dazwischenfunken“. In der Tat besteht in dieser Frage seltene Einigkeit mit den Kassen. Auch ein Sprecher der TK sagte, dass sich die Kasse freuen würde, wenn Apotheker als direkter Partner in Selektivverträgen agieren könnten.Der DAV-Chef fragt sich außerdem: „Vor wem oder was meint das Bundesversicherungsamt die Versicherten schützen zu müssen - etwa vor Investitionen in eine qualitativ hochwertige Versorgung?“ Der Gesetzgeber müsse jetzt die Richtung vorgeben, indem auch pharmazeutische Dienstleistungen Gegenstand ergänzender Verträge sein können, forderte Becker. Diese Forderung machte die ABDA auch schon mehrfach in Stellungnahmen geltend, zuletzt in der zum derzeit geplanten 4. AMG-Änderungsgesetz.
3 Kommentare
Zusatzhonorare
von Sylvia Trautmann am 15.06.2016 um 8:30 Uhr
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Zusatzhonorare
von Alexander Zeitler am 14.06.2016 um 21:06 Uhr
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beschränkte Geister
von Karl Friedrich Müller am 14.06.2016 um 15:41 Uhr
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