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Immer mehr Apotheken bieten ihren Kunden einen praktischen Service an: Sie können Medikamente per WhatsApp vorbestellen. Doch Kammern und ABDA raten von der Kurznachrichten-App ab. Was sind die Gründe?
„So einfach geht’s“: Mit WhatsApp können Kunden eine Nachricht oder ein Rezept an die Nummer einiger Apotheken schicken und ein paar Stunden später dort vorbeikommen, um das Arzneimittel abzuholen. Immer mehr Apotheken werben mit einem Reservierungsservice über den Smartphone-Dienst WhatsApp, über den Textnachrichten, Fotos oder auch Tonaufnahmen verschickt werden können. Kommt die neue digitale Welt tatsächlich so einfach in die Apotheke, obwohl die elektronische Gesundheitskarte schon mit ihren Basisfunktionen Ewigkeiten braucht?
Während der niederschwellige Dienst bei einigen Kunden sicher gut ankommt, bestehen auch erhebliche Bedenken beim Datenschutz. Einer der wohl ersten Apotheker, der in Deutschland einen WhatsApp-Service angeboten hat, bewirbt ihn derzeit nicht auf seiner Internetseite. Er durfte sich noch über eine positive Rückmeldung aus der US-Zentrale von WhatsApp freuen: Sie antwortete ihm mit „sicherlich“ auf die Frage, ob er den ursprünglich für die private Kommunikation ausgerichteten Dienst auch für die Vorbestellungen nutzen könnte. Auf die Anfrage von DAZ.online antwortete die Facebook-Tochtergesellschaft hingegen nicht.
easyApotheken „extrem“ zufrieden
Ein Vorreiter in Sachen „WhatsApp“ ist auch die easyApotheken-Kooperation, die den Dienst seit 2014 testet. „Als frecher, mutiger Akteur brechen wir die tradierten, behäbigen Regeln der Branche und verändern den Markt nachhaltig“, erklärt sie auf ihrer Homepage. Mit der App sollen jüngere Zielgruppen angesprochen werden, heißt es auf Nachfrage aus der Easy-Systemzentrale – von den rund hundert Apotheken wären schon 55 über die App erreichbar. Die Apotheken seien extrem zufrieden: So gingen in einer Apotheke bereits zehn Bestellungen pro Tag ein. Unter den WhatsApp-Kunden seien auch viele, die wiederholt ihre Produkte über den Dienst bestellen.
Doch wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Arzneimittelnamen können schließlich Aufschluss über Erkrankungen geben. Und die Angaben von Rezepten reichen fast schon aus, um Zugang zur Krankheitsgeschichte einer gesetzlich versicherten Person zu bekommen. „Der Schutz persönlicher Daten ihrer Kunden ist den über 100 easyApotheken in Deutschland sehr wichtig“, erklärt die Systemzentrale. Ein Anwalt habe Entwarnung gegeben, gleichzeitig werde die Aktion rechtlich weiter geprüft.
ABDA und Kammern warnen
Die ABDA verweist auf Nachfrage darauf, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik derartige Apps nicht zertifiziert habe. „Daher sehen wir den Einsatz dieser Apps unter Datenschutzaspekten natürlich sehr kritisch“, erklärt ein Sprecher. Auch Apothekerkammern raten vom Einsatz eher ab. „Wenn jemand bei uns anfrägt, sagen wir ihm, dass er sich das genau überlegen muss, weil sensible Patientendaten versendet werden“, sagt beispielsweise der Sprecher der Apothekerkammer Baden-Württemberg.
Die Kammer benutze hingegen WhatsApp, um interessierte Mitglieder auf Fortbildungsveranstaltungen aufmerksam zu machen. Auch verschiedene Medien wie die Apotheken Umschau oder PTAheute verwenden WhatsApp, um ihre Leser über Neuigkeiten zu informieren. Doch spätestens wenn Gesundheitsdaten ausgetauscht werden, wird es auch nach Ansicht der Landesdatenschutzbeauftragten von Schleswig-Holstein, Marit Hansen, kritisch: „Ich warne davor“, sagt sie gegenüber DAZ.online. WhatsApp halte sich derzeit weder an das deutsche und europäische Datenschutzrecht noch an das Fernmeldegeheimnis.
Verschlüsselte Kommunikation
Die Easy-Systemzentrale verweist darauf, dass WhatsApp seit einigen Wochen die Kommunikation im Regelfall verschlüsselt. „So ist bereits technisch durch den Anbieter Vorsorge getroffen, dass vertrauliche Informationen alleine den an der Kommunikation Beteiligten zugänglich sind“, schreibt ein Sprecher. Auch würden die Apotheken keine Chroniken der Gespräche anlegen.
Ein weiteres Argument für die Nutzung von WhatsApp ist, dass die Kunden freiwillig die Namen ihrer Arzneimittel oder ihre Rezepte über die App verschicken – die Kommunikation wird nicht von der Apotheke eingeleitet. Dennoch bewerben Apotheken den Dienst auch offensiv und antworten selber über den Nachrichtenkanal, so dass sie auch nach Einschätzung der Datenschützerin Hansen in der Verantwortung bleiben. Wenige Apotheken weisen derart deutlich auf Risiken hin wie eine, die auf ihrer Homepage schreibt: „Hiermit weisen wir Sie darauf hin, dass der Kurznachrichtendienst WhatsApp nicht die Voraussetzungen an die erforderliche Datensicherheit nach § 9 des deutschen Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) sowie den Anhang zu § 9 BDSG erfüllt und wir für die Sicherheit Ihrer Daten keine Haftung übernehmen.“
Im Moment sehr kritisch
Derartige Hinweise sind für Hansen zwar ein guter erster Schritt, dennoch würde man sich als Anbieter großen Risiken aussetzen. „Wir sehen dies im Moment als sehr kritisch an, selbst wenn die Personen selber einverstanden sind“, sagt sie.
Als Ausweg bleiben Apps, die den deutschen
Datenschutzbestimmungen genügen – wie sie auch von manchen
Apotheken-Dienstleistern angeboten werden. Doch anders als WhatsApp hat diese noch kaum ein Kunde
auf seinem Handy – so dass der größte Vorteil der App derzeit wohl nur mit erheblichen Bauchschmerzen genutzt werden kann.
Lesen Sie morgen ein ausführliches Interview mit der Datenschutzbeauftragten Marit Hansen auf DAZ.online.
15 Kommentare
Bloß nicht weiterdenken !
von gabriela aures am 08.06.2016 um 22:29 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Nanny Staat - Nein Danke!
von Andreas Grünebaum am 08.06.2016 um 18:47 Uhr
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WhatsApp in Apo
von Heiko Barz am 08.06.2016 um 15:02 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 6 Antworten
AW: Werter Herr Barz,
von Christiane Patzelt am 08.06.2016 um 15:14 Uhr
AW: Umgekehrt ....
von gabriela aures am 08.06.2016 um 15:48 Uhr
AW: Lieferung per WhatsApp?
von Andreas Grünebaum am 08.06.2016 um 19:32 Uhr
AW: Lieferung per WhatsApp?
von Andreas Grünebaum am 08.06.2016 um 19:32 Uhr
AW: Lieferung per WhatsApp?
von Andreas Grünebaum am 08.06.2016 um 19:32 Uhr
AW: Lieferung per WhatsApp?
von Andreas Grünebaum am 08.06.2016 um 19:32 Uhr
Typisch...
von gabriela aures am 08.06.2016 um 13:21 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Faxgerät to go...
von Ann-Katrin Kossendey-Koch am 08.06.2016 um 13:54 Uhr
AW: Seltsam nur....
von gabriela aures am 08.06.2016 um 14:10 Uhr
Werte Kammern und Verbände..
von Christiane Patzelt am 08.06.2016 um 13:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Holzschnitzarbeiten...
von Ann-Katrin Kossendey-Koch am 08.06.2016 um 13:51 Uhr
AW: AW: Holzschnitzarbeiten...
von Thomas Hecker am 13.06.2016 um 14:55 Uhr
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