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Initiative geht online
Neue Portale informieren kritisch über Homöopathie
Die rund 60 Unterstützer des „Informationsnetzwerks Homöopathie“ haben am Dienstag Webseiten für interessierte Laien sowie Ärzte und Apotheker online gestellt. Sie wollen „sachliche Informationen aus kritischer Sicht“ anbieten - und die Apothekenpflicht abschaffen.
Nur gut zwei Monate, nachdem das Informationsnetzwerk Homöopathie Ende Januar in Freiburg gegründet wurde, stellt es die angekündigten Informationsplattformen online. Die Seite www.netzwerk-homoeopathie.eu richtet sich an Laien, die sich über Globuli und Co informieren wollen, während die eher technisch gestaltete Homöopedia.eu wissenschaftlich interessierte Ärzte oder Apotheker ansprechen soll.
„Uns geht es darum, im Netz leicht auffindbare, kostenlose Information anzubieten, um sich neutral und sachlich über Homöopathie zu informieren“, sagt die Homöopathie-Aussteigerin Natalie Grams gegenüber DAZ.online. Sie leitet die Initiative, die von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften getragen wird. „Das Netzwerk Homöopathie richtet sich an Laien und an der Homöopathie interessierte Ärzte, die immer wieder Sprüche hören wie ‚Wer heilt, hat recht‘“, sagt Grams. Ihr ginge es darum, ein Gegengewicht zu den vielen rein positiven Schilderungen im Internet aufzubauen.
Ziel sei es außerdem, verständliche deutsche Bezeichnungen für die Mittel einzuführen – und die Apothekenpflicht abzuschaffen, welche Globuli nach Ansicht der Initiative eine falsche Aufwertung gibt. „Im Grunde ist es ja ein enormer Widerspruch, einerseits die wissenschaftliche Medizin mit ihren Institutionen grundsätzlich abzulehnen, andererseits trotzdem darauf zu bestehen, als Pharmakotherapie wahrgenommen zu werden“, schreibt das Netzwerk.
Die Initiative greift bekannte Argumente auf
Aus Sicht der Initiative sei es laut Grams zwar nicht schlimm, homöopathische Mittel bei leichten Erkältungen zu nehmen, wo die Beschwerden eh wieder vergingen. „Aber es kann gefährlich werden, wenn man gelernt hat, sich auf die Homöopathie zu verlassen“, sagt die Medizinerin. Daher hätten die Mitglieder des Netzwerks Fragen und Antworten zur Homöopathie zusammengestellt und Widersprüche aufgezeigt, die sich aus ihrer Sicht ergeben. „Die Argumente, die wir aufgreifen, habe ich selbst früher immer wieder genannt“, räumt Grams ein.
Außerdem sammelt die Initiative Fallbeispiele, bei denen Patienten durch Unterlassung notwendiger nicht-homöopathischer Behandlung zu Schaden kamen. So den Fall einer Schwangeren, die durch eine schwere, unklare Infektion beinahe ihr Kind verlor, während sie durch eine auch homöopathisch ausgebildete Gynäkologin behandelt wurde – oder Fälle von Krebspatienten, die von Heilpraktikern nicht ausreichend behandelt wurden und verstarben.
Wird mit zweierlei Maß gemessen?
In einer Stellungnahme zu der kritischen Initiative hatte der Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) kritisiert, dass mit zweierlei Maß gemessen werde: Die Vereinsvorsitzende Cornelia Bajic zeigte sich erstaunt, dass Homöopathiekritiker Einzelfälle anführen, die sie ansonsten als anekdotische Beweisführung ablehnten – und vermutete eine Kampagne gegen die „integrative Medizin“. „Wir wollen mit diesen Fällen nichts anderes machen als zu zeigen, dass die positiven Anekdoten nicht die einzigen sind“, entgegnet Grams. Wenn eine homöopathische Behandlung keinen positiven Ausgang nimmt, würden Patienten ihrer Erfahrung nach nur ungern darüber reden. „Schwere Fälle werden von den Patienten oft mit Scham und Schuldgefühlen wahrgenommen, als dürfte man nicht negativ über Homöopathie sprechen“, sagt die Medizinerin.
Neben dem Informationsportal will die Initiative mit Comic-Zeichnungen junge Eltern ansprechen. Im Onlinelexikon Homöopedia.eu sollen außerdem nach und nach wissenschaftliche Artikel die Grundbegriffe der homöopathischen Heilkunde kritisch beleuchten, beispielsweise die homöopathische Arzneimittelprüfung. Geplant sind laut Grams ungefähr 200 Artikel, bisher wurden jedoch erst sechs erstellt – mit langen Listen von Referenzen. „Das Lexikon hat einen Review-Prozess wie in wissenschaftlichen Fachmagazinen“, sagt sie.
Grams rechnet mit Gegenreaktionen auf die Informationsportale, fürchtet aber, dass es kaum zu einem sachlichen Austausch kommen wird. Sie ist guten Mutes, dass die Angebote auf Interesse stoßen: Schon die Ankündigung ihrer Initiative war in vielen überregionalen Medien aufgegriffen worden, und auch zur Pressekonferenz am Dienstag kamen laut Grams wieder große Zeitungen. „Wir hoffen, dass wir Patienten erreichen, die bisher oft nicht wussten, was Homöopathie eigentlich ist“, sagt sie. Zwar schwörten laut einer Umfrage 80 Prozent der Befragten auf Globuli, doch nur 17 Prozent wüssten, wie Homöopathie funktionieren soll.
4 Kommentare
Homöopathie ist ein Betrug an hilfesuchenden Patienten
von Dr. Edmund Berndt am 09.04.2016 um 15:52 Uhr
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"erstaunt, dass Homöopathiekritiker Einzelfälle anführen, die sie ansonsten als anekdotische Beweisführung ablehnten"
von Stefan Gerhold am 06.04.2016 um 16:43 Uhr
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Ernsthaftigkeit ?
von Reinhard Rodiger am 06.04.2016 um 1:09 Uhr
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