Arzneimittel und Therapie

Mausetot

Feldspitzmäuse können Bornaviren übertragen

Viele Krankheitserreger werden durch Tiere übertragen. Beispiele sind Plasmodien durch die Anophelesmücke, Borrelien durch Zecken oder Toxoplasmen durch Katzen. Ein weniger bekannter Erreger ist das Borna Disease Virus 1 (BoDV-1). Welche Wirte fungieren als Überträger? Welche Symptome treten auf? Und wie kann man sich schützen?

Überträger des umhüllten RNA-Virus aus der Familie der Bornaviridae ist die Feldspitzmaus. Die Viren werden vermutlich über Speichel, Urin und Kot von infizierten Tieren ausgeschieden. Unklar ist, ob eng verwandte Maus­arten, wie die Gartenspitzmaus, das Virus in sich tragen können. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. Spitzmäuse sind keine Mäuse der Ordnung Nagetiere, sondern zählen zu den Insektenfressern mit spitzen Nasen, relativ kleinen Augen und Ohren sowie einem stechenden Geruch. Nächste Verwandte sind Igel und Maulwurf. Feldspitzmäuse leben in Straßenböschungen, Stein­mauern und Hecken. Sie sind scheu, nachtaktiv und insgesamt selten, sodass ein Kontakt zwischen Mensch und Tier eher die Ausnahme ist.

Die Feldspitzmaus ist scheu, nachtaktiv und selten. Ein Kontakt mit Menschen bleibt die Ausnahme.

Langsame Virusverbreitung

Die Feldspitzmaus ist in der Regel standorttreu. Deshalb kommt es nur selten zu einem Austausch mit Tieren weiter entfernter Populationen, und das Virus kann sich nur langsam weiterverbreiten. Risikogebiete in Deutschland sind vor allem Bayern, außerdem Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Grenzgebiete zu den umliegenden Bundesländern [1, 3].

Mensch als Fehlwirt

Beim Menschen wurde erstmals im Jahr 2018 eine durch das Borna Disease Virus 1 verursachte Erkrankung nachgewiesen. Seitdem sind ca. 40 Fälle diagnostiziert, publiziert und/oder an das Robert Koch-Institut gemeldet worden. Nahezu alle Fälle traten in Bayern auf. Es wird angenommen, dass das Virus für einen großen Anteil der tödlichen Enzephalitisfälle unbekannter Ursache verantwortlich sein könnte [4].

Das Borna Disease Virus 1 ist schon seit über 100 Jahren als Ursache für Infektionen bei Pferden und Schafen bekannt. Der Erreger ist optimal an seinen Reservoirwirt, die Feldspitzmaus, angepasst, so dass diese trotz Infektion nicht erkrankt. Wird das Virus hingegen von einem Fehlwirt aufgenommen, kommt es zur Aktivierung des Immunsystems. Dies hat zur Folge, dass der Erreger sich nicht im Organismus ausbreiten und vermehren kann und anschließend nicht ausgeschieden wird. Somit sind infizierte Fehlwirte wie Schafe, Pferde oder Menschen keine Infektionsquellen. Das Virus zieht sich im Fehlwirt vor allem ins zentrale Nervensystem zurück, so dass es zu schweren Gehirnentzündungen (Enzephalitiden) kommt [1, 3]. Diese äußern sich zunächst in Kopfschmerzen, Fieber und einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Später kommt es zunächst zu neurologischen Symptomen wie Verhaltensauffälligkeiten, Sprach- und Gangstörungen, anschließend zum Koma. Fast immer verläuft die Erkrankung tödlich. Da keine gezielte Therapie verfügbar ist, bleibt nur die intensivmedizinische Betreuung [1].

Prävention

Die beste Vorbeugung besteht darin, den Kontakt zu Spitzmäusen und deren Ausscheidungen zu vermeiden. Ein Infektionsrisiko könnte bei Gartenarbeiten, in der Land- und Forstwirtschaft, im Bauwesen oder bei der Reinigung von Gebäuden, in denen Spitzmäuse gelebt haben, bestehen. Spitzmäuse sollten auf keinen Fall berührt werden, egal ob tot oder lebendig. Treten Spitzmäuse im eigenen Umfeld auf, sollte ihnen die Nahrungsquelle entzogen werden. Solche können z. B. Hunde- oder Katzenfutter im Außenbereich, Komposthaufen oder andere Abfälle sein [1]. |

Literatur

[1] Informationen zur Vermeidung von Infektionen mit dem Borna Disease Virus 1. Informationsblatt des Robert Koch-Instituts (RKI), Stand: März 2020, www.rki.de/DE/Content/InfAZ/B/Bornavirus/Merkblatt.pdf?__blob=publicationFile

[2] Rückkehr einer Ausgestorbenen? Feldspitzmaus in Hamburg nachgewiesen. Informationen des Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels vom 30. September 2021, leibniz-lib.de/rueckkehr-einer-ausgestorbenen-feldspitzmaus-in-hamburg-nachwiesen/

[3] FAQ Klassisches Bornavirus Borna Disease Virus 1 BoDV-1. FAQ des Friedrich-Löffler-Instituts, Stand: Januar 2020, www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00026249/FAQ_BoDV-1_2020-01-17.pdf

[4] Frank C, Wickel J, Brämer D et al., Human Borna disease virus 1 (BoDV-1) encephalitis cases in the north and east of Germany. Emerging Microbes & Infections 2022;11(1):6-13, doi.org/10.1080/22221751.2021.2007737

Apothekerin Dr. Sabine Fischer

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