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Wissenswertes rund um FSME
Am häufigsten kommt in Deutschland der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) vor (s. Abb.). Er lebt überall wo es Pflanzen gibt, also nicht nur in Wäldern, sondern auch in Wiesen von Parks und Gärten. Zecken lassen sich weder von Bäumen fallen noch springen sie Menschen an. Vielmehr werden sie im Vorbeigehen von Grashalmen oder Totholz abgestreift. Lediglich Auwald-, Relikt- und Hyalomma-Zecken krabbeln aktiv auf einen Menschen zu. Auwald- und Reliktzecken sind in Deutschland selten und sind nur für 1 bis 2% der Zeckenstiche bei uns verantwortlich. Hyalomma-Zecken sind etwa doppelt so groß wie Ixodes-Zecken. Sie leben eigentlich in Teilen von Asien, Afrika und Südosteuropa. Die Larven gelangen millionenfach mit Zugvögeln nach Deutschland, die Sichtung von adulten Tieren bewegt sich jährlich aber nur im einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich [1].
Zecken stechen nicht sofort
Ist eine Zecke auf ihren Wirt gelangt, sucht sie sich einen geeigneten Ort für den Zeckenstich. Sie krabbelt noch längere Zeit auf dem Körper umher, bevor sie zusticht. Der Saugakt dauert mehrere Tage, deshalb ist es für die Zecke überlebenswichtig eine geschützte Stelle auf dem Körper zu finden. Bevorzugt werden Haaransatz, Ohren, Hals, Achseln, Ellenbeugen, Bauchnabel, Genitalbereich und Kniekehlen.
Durch das Saugen können Krankheitserreger auf den Menschen übertragen werden. Zu den bedeutendsten in Deutschland übertragenen Erkrankungen gehören Borreliose (vgl. Fischer S. „Biss“ zur Wanderröte, DAZ 2022, Nr. 22, S. 38) und Frühsommer–Meningoenzephalitis (FSME). Während erstere durch Bakterien (Borrelia burgdorferi) ausgelöst wird, ist der Verursacher der FSME viral (FSME-Virus). Nicht jede Zecke trägt Krankheitserreger in sich und nicht jeder Stich überträgt diese zwangsläufig. Das Virusvorkommen in Zecken schwankt sehr stark und liegt in FSME-Risikogebieten bei 0,1 bis 5%. Als solches wird ein Kreis definiert, in dem die Anzahl der übermittelten Fälle signifikant höher liegt als die zu erwartende Fallzahl bei einer Inzidenz von einem pro 100.000 Einwohner. Die Einstufung als Risikogebiet wird vom Robert Koch-Institut regelmäßig aktualisiert und veröffentlicht [7]. Das Auftreten von Borrelien ist ebenfalls stark gebietsabhängig und kann bis zu 30% betragen. Das Risiko, an einer Borreliose zu erkranken, wird durch das rechtzeitige Entfernen einer Zecke gemindert. Borrelien werden erst ca. ein bis zwei Tage nach dem Einstich übertragen, FSME-Viren jedoch innerhalb kürzester Zeit [1, 3].
Zecken richtig entfernen
Um das Infektionsrisiko zu minimieren müssen Zecken immer nahe an der Haut und möglichst vollständig entfernt werden. Der Körper darf keinesfalls gequetscht werden, da sonst Krankheitserreger aus den Speicheldrüsen in die Wunde gepresst werden können. Die Zecke sollte mit einem geeigneten Werkzeug (Pinzette, Zeckenzange, Zeckenkarte) gerade herausgezogen werden. Drehen der Zecke oder beträufeln mit Klebstoff oder ähnlichem reizt die Zecke und kann dazu führen, dass sie ihren Speichel (mit Erregern) abgibt. Nach Entfernen der Zecke sollte die Einstichstelle sorgfältig desinfiziert und zur weiteren Nachbeobachtung markiert werden [1, 2].
Zweiphasiger Fieberzyklus charakteristisch für eine Frühsommer–Meningoenzephalitis
FSME ist eine viral verursachte Entzündung von Gehirn, Hirnhäuten und Rückenmark. Im Fall einer Infektion oder Immunisierung kommt es zu einer virusneutralisierenden Immunantwort gegen ein Hüllprotein des Virus. Hauptreservoir sind kleine Nagetiere, seltener Igel, Rinder, Schafe oder Ziegen. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt in erster Linie durch Zecken. Nur selten ist infizierte, unpasteurisierte Milch oder Käse aus dieser für eine Infektion verantwortlich. Außerdem kann der Erreger auch durch eine Organtransplantation übertragen werden. Das Ansteckungsrisiko ist in Deutschland zwischen Juli und Ende September am höchsten, von Januar bis Ende März am geringsten. Männer erkranken etwa doppelt so oft wie Frauen, Personen über 60 Jahre haben ebenso wie immunsupprimierte Patienten ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf. Die Prognose bei einer Virusinfektion ist darüber hinaus von der genetischen Disposition abhängig. Während ca. 30% der Infizierten keine Symptome aufweisen, kommt es bei ca. 70% der Patienten nach einer durchschnittlichen Inkubationszeit von zehn Tagen zu Fieber, Kopfschmerzen und einem allgemeinen Krankheitsgefühl, gelegentlich auch zu Bauchschmerzen. Die Symptome bleiben ca. eine Woche bestehen, anschließend kommt es nach vorübergehender Besserung zu einem erneuten Fieberanstieg. Dieser kündigt den Beginn der zweiten Krankheitsphase an, welche sich in ca. 50% der Fälle als Meningitis (isolierte Hirnhautentzündung), bei ca. 40% als Meningoenzephalitis (zusätzliche Hirnentzündung) und bei ca. 10% als Meningoenzephalomyelitis (zusätzliche Rückenmarksentzündung) manifestiert. Typische Symptome einer FSME sind neben starken Kopfschmerzen und hohem Fieber auch Gleichgewichtsstörungen, Bewusstseinsstörungen (Schläfrigkeit, Desorientiertheit) sowie durch Lähmungen der Hirnnerven verursachte Störungen des Hör- und Sprechvermögens. Darüber hinaus sind Lähmungen des Gesichts, der Arme und Beine, Muskelatrophien und ein Zittern von Gesichtsmuskeln und Extremitäten möglich. Die Diagnose erfolgt mittels Anamnese (Aufenthalt in einem Risikogebiet, Erinnerung an einen Zeckenstich, Symptome) sowie dem Nachweis von entzündlichen Veränderungen in Blut und Liquor [3].
FSME kann bleibende Schäden hinterlassen
Es gibt keine spezifische Therapie zur Behandlung der FSME. Kopfschmerzen werden mit Paracetamol oder Metamizol behandelt. Führt dies nicht zu einer ausreichenden Linderung können Diclofenac, Ibuprofen oder im Extremfall auch Opiate eingesetzt werden. Um die körpereigene Abwehr nicht zu schwächen, wird nicht generell empfohlen, das Fieber zu senken, dies erfolgt jedoch mit Behandlung der Kopfschmerzen meist automatisch. Kommt es zu einer Atemlähmung oder schweren Bewusstseinsstörungen ist eine intensivmedizinische Behandlung notwendig. Dies betrifft ca. 5% aller Patienten. Neurologische Störungen können mittels Krankengymnastik, Ergotherapie oder Logopädie therapiert werden. Bei ca. 40% der FSME-Patienten besteht ein längerfristiger Bedarf an Rehabilitationsmaßnahmen. Die beste Prognose besteht für die Therapie der isolierten Meningitis, diese heilt meist vollständig aus. Patienten mit Meningoenzephalitis hingegen leiden oft über Wochen unter Beschwerden, bei ca. 20% klingen die Symptome nicht vollständig ab. Die schlechteste Prognose haben Patienten mit Enzephalomyelitis. Von diesen erholt sich nur einer von fünf vollständig, ca. 30% sterben an den Folgen der Erkrankung. Kinder und Jugendliche mit FSME haben meist eine günstigere Prognose als Erwachsene, jedoch können auch bei dieser Altersgruppe neurologische Defizite bestehen bleiben [3].
Prophylaxe durch Impfung
Neben dem Vermeiden eines Zeckenstichs (lange Kleidung, Repellentien, Absuchen des Körpers) stellt die Impfung eine weitere Möglichkeit der Prophylaxe da. Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine Indikationsimpfung für Personen die sich in Risikogebieten aufhalten, sowie für Personen die beruflich gefährdet sind, wie z. B. in der Land- oder Forstwirtschaft tätige. Darüber hinaus besteht die Empfehlung zur Reiseimpfung bei Aufenthalt in FSME-Risikogebieten auch außerhalb Deutschlands. Informationen zu FSME-Risikogebieten sind auf den Seiten des European Center for Disease Prevention and Control erhältlich [8]. In Ländern außerhalb Europas ist eine Risikoabschätzung nur schwer möglich, jedoch ist für Teile Asiens ein FSME-Infektionsrisiko bekannt. Dazu gehören Russland (Sibirien), Mongolei, Nord-China und Nord-Japan [4].
Grundsätzlich werden drei Dosen für einen vollständigen Impfschutz benötigt. Es stehen für Erwachsene und Kinder jeweils zwei Impfstoffe zur Verfügung (siehe Tab.). Beide sind gegen alle drei Virus-Subtypen (europäischer, sibirischer und fernöstlicher Subtyp) wirksam. Neben dem konventionellen Schema gibt es ein Schnellschema, das bei Reisen in ein FSME-Risikogebiet sinnvoll sein kann. Bereits nach zwei Impfungen besteht bei 98% der Geimpften ein Schutz (der allerdings nur ein Jahr anhält). Impfdosis eins und zwei sollten deshalb bereits im Winter, vor Beginn der Zeckensaison, verabreicht werden. Wird die Grundimmunisierung unterbrochen, sollten fehlende Impfdosen nachgeholt werden. Nach Überschreiten des Intervalls für die Auffrischimpfung bietet diese dennoch erneute drei bis fünf Jahre Schutz. Eine Impfung nach einem Zeckenstich führt hingegen auch bei sofortiger Verabreichung höchst wahrscheinlich nicht zu einem Schutz, da Antikörper erst sieben bis 14 Tage nach der Impfung gebildet werden [4].
Impfstoff | Alter | Grundimmunisierung konventionelles Schema | Grundimmunisierung Schnellschema | Auffrischimpfung |
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Encepur Kinder | 1 bis 11 Jahre |
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Encepur Erwachsene | ab 12 Jahren |
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FSME-Immun Junior | 1 bis 15 Jahre |
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FSME-Immun Erwachsene | ab 16 Jahren |
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Nebenwirkungen klingen in der Regel innerhalb kurzer Zeit ab
Wie bei jeder Impfung kann es zu Schmerzen und Rötungen an der Einstichstelle (bei ca. 45%) kommen. Darüber hinaus treten vor allem nach der ersten Impfung innerhalb der ersten vier Tage allgemeine Krankheitszeichen wie Temperaturerhöhung (ca. 5 bis 6%), Kopfschmerzen, Mattigkeit, Unwohlsein oder Magen-Darm-Beschwerden auf. Vorübergehende Arthralgien und Myalgien sind ebenfalls häufig. Missempfindungen wie Taubheitsgefühl oder Kribbeln werden hingegen nur sehr selten beobachtet. Im Allgemeinen klingen alle Nebenwirkungen innerhalb kurzer Zeit ohne Folgen ab. Die FSME verläuft bei Kindern meist weniger schwer als bei Erwachsenen. Bei Kindern unter drei Jahren gilt es deshalb sorgfältig abzuwägen, ob diese geimpft werden sollen, da sie ein erhöhtes Risiko für Fieberreaktionen haben (ca. 15%). Bei nachgewiesener durchgemachter FSME-Erkrankung ist von einem langjährigen Immunschutz auszugehen. Da jedoch nicht genau bekannt ist, wie lange der Schutz bestehen bleibt, sollte auch hier bei bestehender Exposition alle drei bis fünf Jahre eine Impfung erfolgen. In Schwangerschaft und Stillzeit kann eine FSME-Impfung durchgeführt werden. Allerdings sollte im ersten Trimenon der Schwangerschaft prinzipiell auf nicht absolut notwendige Impfungen verzichtet werden, da eine eventuell auftretende Fehlgeburt sonst fälschlicherweise mit der Impfung in Verbindung gebracht werden könnte [4]. |
Auf einen Blick
- Zecken sind ab sechs bis acht Grad Celsius aktiv
- Zecken übertragen Krankheiten, vor allem Borreliose und Frühsommer–Meningoenzephalitis
- FSME ist eine Viruserkrankung, Borreliose wird durch Bakterien verursacht
- Symptome der FSME sind neben Fieber und Kopfschmerzen neurologische Beeinträchtigungen
- eine FSME-Therapie erfolgt symptomatisch
- in Risikogebieten ist eine FSME-Impfung empfohlen
Literatur
[1] Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Zecken, Zeckenstich, Infektion. Information des Robert Koch-Instituts (RKI), Stand: September 2022,www.rki.de/SharedDocs/FAQ/FSME/Zecken/Zecken.html
[2] Zeckenstiche. Information des Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Stand: Juli 2008,www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/borreliose/lyme_zeckenstich.htm
[3] Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), AWMF-Registernummer030–035, Stand: Januar 2020
[4] Antworten auf häufig gestellte Fragen zur FSME-Impfung. Information des Robert Koch-Instituts (RKI), Stand: März 2022, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/FSME/FSME-Impfung/FSME-Impfung.html;jsessionid=CE924294AE70F3F157544EB246FCF9B2.internet072?nn=2375548
[5] FSME-Impfstoffe. Information des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Stand Februar 2023, www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/fsme/fsme-node.html,
[6] Fachinformation der angegebenen Präparate
[7] Karte der FSME-Risikogebiete. Information. Information des Robert Koch-Instituts (RKI), Stand: März 2022, www.rki.de/DE/Content/InfAZ/F/FSME/Karte_Tab.html
[8] Epidemiology of tick-borne encephalitis in EU and EFTA. Information des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), Stand: September 2012, www.ecdc.europa.eu/en/tick-borne-encephalitis/surveillance-and-disease-data/epidemiology
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