Prisma

Hausapotheke für die Balz

Kräuter schützen Großtrappen vor Parasiten

Foto: Jesus/AdobeStock

mp | Bei Infektionen mit Parasiten ist die Grenze der Selbstmedikation erreicht. Die stolze Großtrappe Otis tarda, der schwerste noch zum Fliegen fähige Vogel der Welt, sieht das anders. Unter Ornithologen ist bekannt, dass die Großtrappe während der Paarungszeit bevorzugt zwei Kräuter futtert: den Klatschmohn und den Wegerichblät­trigen Natternkopf. Aber warum? Ein Wissenschaftlerteam der Universität in Madrid sammelte hunderte Proben vom Kot der Großtrappen in Valdetorres de Jarama. Die Gemeinde in der Nähe der spanischen Hauptstadt beherbergt eine der größten Brutstätten der Vögel in Europa.

Dort nahmen die Forscher auch Klatschmohn- und Natternkopf-Proben mit. Aus den Pflanzen extrahierten sie die Alkaloide, Lipide und ätherischen Öle. Anschließend überprüften sie, wie diese Inhaltsstoffe auf Trichomonaden, Fadenwürmer und Schimmelpilze wirken – die wichtigsten Parasiten der Großtrappen, die zum Teil bei der Paarung übertragen werden.

Das Ergebnis: In vitro bekämpften diese Extrakte die Parasiten der Vögel erstaunlich gut. Und die Großtrappen hatten wie erwartet in der Paarungszeit besonders viel der beiden Heilkräuter verspeist. Die Forscher schließen daraus: Die Großtrappe sucht gezielt nach Heilkräutern, um sich vor Parasiten zu schützen – Selbstmedikation einmal anders! Hähne hatten noch intensiver nach Klatschmohn und Natternkopf gesucht als die Weibchen. Für sie ist die Pflanzenmedizin womöglich wichtiger. Das Immunsystem der Hähne ist während der Paarung angeschlagen: Für die Balz, bei der sie sich aufplustern wie ein Airbag, stecken sie viel Energie in sekundäre Sexualorgane. In Deutschland war der Vogel vor wenigen Jahren fast ausgestorben. Heute arbeiten Vereine daran, dass sich wieder mehr Tiere in Brandenburg oder Niedersachsen heimisch fühlen. Für die Hausapotheke wäre schon vorgesorgt, denn auch hier wächst genügend Klatschmohn und Natternkopf. |

Literatur

Bautista-Sopelana LM et al. Bioactivity of plants eaten by wild birds against laboratory models of parasites and pathogens. Front Ecol Evol, 2022, doi:10.3389/fevo.2022.1027201

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