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Schlechte Aussichten für die Prävention

Foto: Philip Kottlorz Fotografie

Julia Borsch, Chefredakteurin der DAZ

Prävention hat in Deutschland augenscheinlich keinen besonders hohen Stellenwert. Sie findet im Normalfall nicht institutionalisiert statt, sondern ist Privatvergnügen. Ganz platt gesagt wird lieber ein Haufen Geld für die Behandlung von Krankheiten ausgegeben, als in Maßnahmen zu investieren, damit diese Krankheiten gar nicht erst entstehen. Auch verhindert der Einfluss von Lobbygruppen gelegentlich, einfache sinnvolle Maßnahmen umzusetzen, wie die aktuelle Diskussion um das Werbeverbot für gesundheitsschädliche Lebensmittel für Kinder zeigt. Vor dem Hintergrund, dass viele sogenannte Volksleiden nachweislich verhinder- oder zumindest beeinflussbar sind, ist das für Deutschland ein echtes Armutszeugnis.

Eine gewisse Ausnahme stellen vielleicht die Impfungen dar. Die Standardimpfungen werden von den Kassen bezahlt, aber spätestens im Erwachsenenalter korreliert der Impfstatus meist sehr stark mit der persönlichen Motivation, sich impfen zu lassen. Die niedrigen Impfquoten bei Erwachsenen sprechen eine deutliche Sprache: Um diese Motivation ist es bei vielen schlecht bestellt. Trotzdem sind persönliche Einladungen zu Impfterminen oder Ähnliches Fehlanzeige. In vielen anderen Bereichen ist es genauso. Sei es beim Sport, bei der Ernährung oder bei Screening- und Vorsorgeuntersuchungen – wer präventiv etwas tun möchte, muss sich selbst darum kümmern (und es oft selbst finanzieren). Dazu ist aber ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung gar nicht in der Lage. Den Menschen fehlt schlicht die notwendige Gesundheitskompetenz – und manchmal auch das Geld. Und das ist für Deutschland richtig teuer: Auf bis zu 17 Milliarden Euro bezifferte Gesundheitsökonom Uwe May kürzlich beim OTC- Gipfel des Apothekerverbandes Nordrhein die Kosten, die dem Staat durch mangelnde Gesundheitskompetenz seiner Bürgerinnen und Bürger entstehen (siehe Seite 89). May sieht die Apotheken hier in einer wichtigen Rolle als niedrigschwellige Anlaufstellen.

Dass die Apotheken im Bereich der Prävention viel tun können und das teils sogar mit nachweislichem Nutzen, hat das Wissenschaftliche Institut für Prävention im Gesundheitswesen (WIPiG) schon mehrfach unter Beweis gestellt. Die Liste der Bereiche, in denen sich die Apotheken engagieren können, ist lang. Sie reicht von ADHS bis Zecken (siehe Seite 28). Auskömmlich ist das allerdings bislang alles nicht, sondern dient vor allem der Kundenbindung und dem guten Image. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will das bekanntermaßen ändern. Zum einen möchte er grundsätzlich die Prävention stärken und dafür ein eigenes Institut aufbauen. Zum anderen plant er, die Kompetenzen der Apotheken im Bereich Prävention künftig besser zu nutzen. Grundsätzlich eine gute Idee. Sie sollte allerdings nicht als Ablenkmanöver für die berechtigten Honorarforderungen dienen. Das ist aber aktuell der Fall. Zudem wären viele Apotheken momentan gar nicht in der Lage, zusätzliche Leistungen zu etablieren, weil das Personal fehlt und/oder aus finanziellen Gründen. Und wenn das Apothekensterben so weitergeht, sind auch vielerorts bald gar keine Apotheken mehr da, um Präventionsleistungen zu erbringen.

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