Aus den Ländern

Baden-Württemberg ruft zum Protest auf

Bericht von der LAK-Vertreterversammlung am 8. November in Stuttgart

STUTTGART (sk) | Auf der Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg hat Präsident Dr. Martin Braun alle Apothekenteams aus Süddeutschland aufgefordert, zur Protestaktion am 22. November nach Stuttgart zu kommen. Braun kündigte gemein­same Aktionen mit der Ärzteschaft an. Als positiv bewertete er den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, in dem sich die Länderchefs für inhabergeführte Apotheken, auskömmliche Honorierung und die Stärkung des Mittelstands aussprachen.
Foto: LAK Baden-Württemberg

Appell für Süddeutschland LAK-Präsident Dr. Martin Braun erwartet einige Tausend Teilnehmer am 22. November auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Kammerpräsident Dr. Martin Braun begrüßte insgesamt 60 Teilnehmer bei der sechsten Sitzung der 17. Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer (LAK) Baden-Württemberg im Stuttgarter Maritim-Hotel, die als Hybridveranstaltung stattfand. In einem kurzen Rückblick auf die vergangenen Monate berichtete Braun als „besonderes Highlight“ vom Deutschen Apothekertag in Düsseldorf, bei dem sich eine „große Geschlossenheit“ gezeigt habe. Insgesamt 21 Mitglieder der LAK Baden-Württemberg waren in Düsseldorf vertreten. Nach dem Auftritt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sei im Saal „eine unglaubliche Einheit zu spüren“ ge­wesen, so Braun. „Diese Geschlossenheit wird auch in der Politik gesehen“, zeigte sich der Kammerpräsident überzeugt – damit würden die Chancen steigen, dort gehört zu werden und mit den Forderungen auch Erfolg zu haben.

Auf eine ähnliche Geschlossenheit setzt Braun auch am Protesttag am 22. November auf dem Stuttgarter Schlossplatz, wo die zentrale Versammlung für alle süddeutsche Apotheken stattfinden wird. „Wir wollen möglichst viele motivieren, gemeinsam mit den Bayern nach Stuttgart zu kommen“, sagte Braun.

Das BSG-Urteil mobilisiert die Ärzteschaft im Land

„Wir brauchen eine Geschlossenheit wie am 14. Juni“, appellierte er und machte klar: „Das ist kein Streik – wir üben das Grundrecht des Protestes aus. Das ist kein Arbeitskampf – das ist unser Recht.“ Der Präsident wolle „nicht nur 500 oder 5000 Menschen dort sehen – wir wollen alle Apothekenteams aus Baden-Württemberg und Bayern dort sehen“. Geplant sei eine Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft, „dann haben wir bessere Chancen, etwas zu erreichen“. Es gebe auch schon Zusagen der Ärzteschaft, sich zu beteiligen. In Baden-Württemberg sei der Unmut besonders groß: Denn das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zur Sozialversicherungspflicht für Poolärzte vom 24. Oktober 2023 führe zu gravierenden Einschränkungen der gesamten Notfallversorgung in Baden-Württemberg. Für die Redebeiträge am Protesttag sei man bereits mit verschiedenen Vertretern aus der Politik im Gespräch – wer am 22. November auf dem Schlossplatz auftrete, stünde zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht fest.

Foto: LAK Baden-Württemberg

Erfolgreiche Vernetzung und Lobbyarbeit Vizepräsidentin Silke Laubscher berichtete von intensiven Gesprächen mit Politikern auf Landes- und Lokalebene.

Viele Gespräche bei Parteitagen und Lobbyarbeit im Land

Dabei verwiesen sowohl Braun als auch LAK-Vizepräsidentin Silke Laubscher auf eine sehr gute Vernetzung mit der Politik. Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg sei bei den Landes-Parteitagen der CDU, der SPD und der Grünen im Land jeweils mit einem Stand vertreten gewesen und habe die Lobbyarbeit erfolgreich vorantreiben können. „Das waren sehr viele, sehr intensive Gespräche, in denen wir klarmachen konnten, was Apotheken alles leisten“, berichtete Silke Laubscher von den Parteitagen. Beim ein oder anderen Politiker habe man durch die Gespräche auch eine bereits vorgefasste Meinung erfolgreich revidieren können.

Allerdings hätte man nicht immer ausreichend Zeit, um mit den Argumenten durchzudringen: So erzählte Dr. Martin Braun von seiner Begegnung mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der ihn aufforderte: „Sagen Sie mir in 30 Sekunden, was Sie auf dem Herzen haben.“ Da werde es dann schwierig, aber da die LAK gute Kontakte zu Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) vor allem mit Blick auf die Honorierung habe, seien die Botschaften letztendlich beim Empfänger angekommen.

Silke Laubscher berichtete auch, wie wichtig Vor-Ort-Termine in der Apotheke seien, zu denen sie Lokalpolitiker regelmäßig einlade. „Die Probleme werden vor Ort viel anschaulicher und nachvollziehbarer“, meinte Laubscher. Schließlich sei das der Alltag der Wähler - das überzeuge die Politiker fast immer. „Vor Ort am HV kann man den täglichen Wahnsinn mit den Lieferengpässen und den Schwachsinn mit den bürokratischen Abläufen konkret zeigen“, sagte Braun, „da fassen sich alle Politiker an den Kopf – egal von welcher Partei.“

Sinkende Apothekenzahl und düstere Aussichten

Mit zahlreichen Tabellen und Diagrammen veranschaulichte Braun anschließend die Entwicklung der Apothekenzahl und die Honorierung der Apotheker. Deutschland sei mit 21,1 Apotheken pro 100.000 Einwohnern inzwischen eines der Schlusslichter in Europa (Schnitt 32). Braun rechnete in der Bilanz für Deutschland vor: „Ein Drittel ist jetzt schon pleite, ein Drittel akut gefährdet. Nur einem sehr geringen Anteil, maximal einem Prozent der Apotheker geht es gut“, so Braun. Seit zehn Jahren habe es für Kostensteigerungen keinen Ausgleich gegeben: Deshalb könne man bei den Forderungen auch nicht von einer Honorarerhöhung sprechen, sondern nur von einer Anpassung. „Wir wollen eine faire Anerkennung für die Kostensteigerungen. Arzneimittelpreiserhöhungen bedeuten nicht gleich Honorar­erhöhungen – diese Botschaft muss raus.“ Das ALBVVG sei eine Mogel­packung, „eine Nebelkerze – und es gibt wenig Wissen über unsere Situation da draußen“. Abschließend stellte Braun fest: „Die nächsten zwei Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl wird eine Neu-Strukturierung der Honorierung nicht möglich sein.“ Deshalb ginge es zunächst um den Ausgleich der Kostensteigerungen.

Zum Abschluss hatte der Präsident noch Positives zu berichten und verwies auf den aktuellen Länderbeschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) von vergangener Woche in Berlin, in dem die Länderchefs sich explizit für wohnortnahe und inhabergeführte Apotheken, eine auskömmliche Honorierung und den Mittelstand aussprachen. „Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen“, zitierte Braun aus dem MPK-Beschluss: die „inhabergeführte Apotheke leistet einen großen Beitrag und der Bund wird aufgefordert, eine auskömmliche Honorierung zu gewährleisten“.

Gute Zusammenarbeit mit Sozialminister Lucha

Hier zahle sich die langwierige und beharrliche Kommunikation auf politischer Ebene aus. Mit Landessozialminister Manfred Lucha (Grüne) sei man in Baden-Württemberg regelmäßig im Gespräch und stoße auf offene Ohren. Aber: „Diese MPK-Formulierung kommt nicht von selbst, da steckt viel Arbeit dahinter“, betonte Braun. „Wir sind der Mittelstand, hier geht es um Arbeitsplätze“ – diese Botschaft sei nun auch in der Politik angekommen und habe Ausfluss im MPK-Papier bekommen. Zufrieden beendete Braun seine Rede mit dem Fazit: „Unser Minister Lucha steht hinter uns!“ |

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