Arzneimittel und Therapie

Wen womit gegen Influenza impfen?

Eine Übersicht der Impfstoffe in der Grippesaison 2023/24

Efluelda®, Flucelvax® tetra, Vaxigrip Tetra® und Co.: Angesichts der Vielzahl an Influenzavakzinen stellt sich die Frage, welche es in der Saison 2023/24 gibt, worin ihre Vorteile liegen und für wen sich welche Impfstoffe eignen.

Hühnereibasiert, aus Zellkulturen, konventionell oder hoch dosiert, mit oder ohne Adjuvans, rekombinant, als Tot- oder Lebendimpfstoff – das sind die Merkmale der diesjährigen Grippeimpfstoffe. Und auch wenn die Welt­gesundheitsorganisation (WHO) die Zusammensetzung der Grippeimpfstoffe alljährlich vorgibt, unterscheiden sich die Vakzinen. Womit soll man sich also im Herbst 2023 gegen Grippe impfen lassen?

Hühnereibasierte Standardimpfstoffe

Die meisten Grippeimpfstoffe werden in Hühnereiern hergestellt [1]. Insgesamt stehen mit Afluria® Tetra (Seqirus), Influsplit Tetra® (GlaxoSmith­Kline), Influvac® Tetra (Viatris), Vaxigrip Tetra® (Sanofi Pasteur) und Xanaflu® Tetra (Viatris) fünf dieser Impfstoffklassiker für die Grippesaison 2023/24 bereit. Unterschiede gibt es dennoch, wenn es um das zugelassene Impfalter, Grippeimpfung in der Schwangerschaft oder den passiven Schutz von Neugeborenen geht. So dürfen Influsplit Tetra®, Influvac® Tetra, Vaxigrip Tetra® sowie Xanaflu® Tetra bereits Babys ab einem Alter von sechs Monaten zum Grippeschutz erhalten. Afluria® eignet sich laut Zulassung erst bei ab 18-Jährigen.

Grippeimpfung von Schwangeren

Explizit zugelassen zur Grippeimpfung von schwangeren Frauen ist lediglich eine Vakzine: Vaxigrip Tetra® [2]. Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät zur Influenzaimpfung in der Schwangerschaft ab dem zweiten Trimenon und bei Frauen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung durch eine Grunderkrankung bereits ab dem ersten Trimenon [3]. Vaxigrip Tetra® hat zudem eine Zulassung zum passiven Grippeschutz von Säuglingen bis zum Alter von sechs Monaten durch maternale Impfung in der Schwangerschaft. Säuglinge können ab einem Alter von sechs Monaten aktiv gegen Influenza geimpft werden.

Foto: Anna/AdobeStock

Gesunden Schwangeren wird von der Ständigen Impfkommission eine Influenzaimpfung ab dem zweiten Trimenon empfohlen, obwohl die für Erwachsene zugelassenen Totimpfstoffe gegen Grippe in jedem Stadium der Schwangerschaft als unbedenklich gelten. Durch diese Empfehlung soll verhindert werden, dass mögliche Spontanaborte im ersten Trimenon fälschlicherweise mit der Impfung in Verbindung gebracht werden.

Zellkulturbasierte Grippeimpfstoffe

Europaweit derzeit der einzige Grippeimpfstoff, der in Säugetierzellen hergestellt wird, ist Flucelvax® Tetra (Seqirus). Der Verzicht auf Hühnereier bei der Herstellung der Vakzine soll die Wirksamkeit erhöhen [4], denn das Huhn ist als Nicht-Säugetier auch nicht das natürliche Habitat human­pathogener Grippeviren. Um sich in Hühnereiern vermehren zu können, müssen sich Grippeviren zunächst an den fremden Wirt adaptieren, was die Wirksamkeit der Vakzine gegen menschliche Grippeviren wiederum verschlechtern kann. Geimpft werden dürfen mit Flucelvax® Tetra Erwachsene und Kinder ab zwei Jahren.

Die zweite in Deutschland zugelassene – jedoch bislang nicht vertriebene – Grippevakzine ist Supemtek® [5]. Sanofi Pasteur nutzt für die Herstellung dieser Vakzine Insektenzell­linien, zudem ist das Impfantigen Häm­agglutinin rekombinant hergestellt. Auf Nachfrage der Deutschen Apotheker Zeitung erklärt Sanofi Pasteur, dass das Unternehmen Supemtek® auch in der aktuellen Grippesaison in Deutschland nicht vermarkten wird.

Grippeimpfstoffe für ältere Menschen

Wie auch Schwangere zählen ältere Menschen bezüglich Grippe als Risikogruppe. Sie erkranken häufiger schwer an Influenza und versterben häufiger an den Folgen der Erkrankung als jüngere Menschen. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade das Immunsystem älterer Menschen oft träge auf eine Grippeschutzimpfung reagiert. Die Lösung sind spezielle Grippeimpfstoffe, die das Immun­system von Senioren besonders stimulieren. Seit Januar 2021 rät die STIKO deswegen zu einer hoch dosierten Grippeimpfung für alle Menschen ab 60 Jahren [6]. Als einzige Hochdosisgrippevakzine zugelassen ist Efluelda® (Sanofi Pasteur), sie enthält die vier­fache Antigenmenge (60 µg) im Vergleich zu konventionellen Grippeimpfstoffen (15 µg). Die Ständige Impfkommission begründete ihre Impfstoffempfehlung damals damit, dass der hoch dosierte Impfstoff mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ den konventionellen Influenzaimpfstoffen überlegen sei, ab 60-Jährige besser schütze und dadurch die grippebedingte Morbidität und Mortalität senke. Wichtig ist auch, dass die Krankenkassen die Hochdosisgrippeimpfung erstatten [7]. Zudem räumt die Schutzimpfungs-Richtlinie seit 1. April 2023 die Möglichkeit ein, dass im Falle der Nichtverfügbarkeit von Efluelda® ältere Menschen auch alternative inaktivierte, quadrivalente Influenzaimpfstoffe (zellkulturbasierte, Splitvirus-, Subunit-, rekombinante und adjuvantierte Grippeimpfstoffe) zulasten der GKV erhalten dürfen [8].

Neben Sanofi Pasteur bietet auch Seqirus einen speziellen Grippeimpfstoff für ältere Menschen an: Fluad® Tetra [9]. Hier soll ein Adjuvans die Wirksamkeit bei der Zielgruppe der ab 65-Jährigen verbessern. Derzeit sieht die STIKO allerdings nur für Efluelda® einen Wirkvorteil bei älteren Personen.

Diesen Menschen empfiehlt die STIKO eine Grippeimpfung

Wer sollte sich gegen Grippe impfen lassen? Die STIKO empfiehlt die Grippe­impfung für:

  • alle Personen ab 60 Jahren,
  • alle Schwangeren ab dem zweiten Trimenon; bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens ab dem ersten Tri­menon,
  • Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens (wie chronische Erkrankungen der Atmungsorgane, Herz- oder Kreislaufkrankheiten, Leber- oder Nierenkrankheiten, Diabetes oder andere Stoffwechselkrankheiten, neurologische Grundkrankheiten wie multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben, angeborene oder erworbene Immundefizienz),
  • Bewohner von Alten- oder Pflegeheimen,
  • Personen, die als mögliche Infektionsquelle im selben Haushalt lebende oder von ihnen betreute Risikopersonen (siehe oben) gefährden können.

Geimpft werden sollten im Rahmen eines erhöhten beruflichen Risikos außerdem

  • Personen mit erhöhter Gefährdung (z. B. medizinisches Personal),
  • Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr,
  • Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute Risikopersonen fungieren können.

Ebenso sollten Personen mit direktem Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln eine Grippeschutzimpfung erhalten. Die Impfung schützt zwar nicht vor der Vogelgrippe, aber es werden damit problematische Doppelinfektionen vermieden.

Grippeimpfstoff als Nasenspray für Kinder

Mit Fluenz® Tetra bietet AstraZeneca als einziger Hersteller einen nasalen Lebendgrippeimpfstoff für Kinder zwischen zwei und 17 Jahren an. Die STIKO spricht sich derzeit nicht prioritär für eine Impfstrategie, also einen Lebend- oder Totimpfstoff, bei Kindern aus. Beide Impfstoffe könnten „unter Berücksichtigung möglicher Kontraindikationen gleichermaßen angewendet werden“, erklärt die Ständige Impfkommission. Ausnahme sei eine Spritzenphobie bei Kindern. Bei diesen Kindern rät die STIKO zum nasalen Lebendimpfstoff [10]. So einfach die Verabreichung als Nasenspray anmutet, so problematisch ist das Konzept des Lebendimpfstoffs zum Grippeschutz bei Kindern, denn diese Art von Vakzinen ist bei immunsupprimierten Kindern, sei es durch eine Erkrankung oder Therapie, kontra­indiziert. Jedoch sollen aktuell laut STIKO nur Kinder ab sechs Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens jährlich eine Grippeimpfung erhalten, da die Influenzaimpfung derzeit keine Standardimpfung für Kinder ist [10].

Impfungen bei Personen mit Long-COVID

dab | Sollen sich Personen mit Long-COVID gegen Grippe, das Respiratorische Synzytialvirus (RSV) und COVID-19 impfen lassen? Diese Frage stellte die DAZ dem Robert Koch-Institut (RKI). Pressesprecherin Susanne Glasmacher wies auf eine Meldung des RKI zu drei systematischen Reviews hin, in denen ein möglicher positiver Effekt einer COVID-19-­Impfung auf bereits vorhandene Long-COVID-Symptome berichtet wurde [13]. Jedoch seien die eingeschlossenen Primärstudien „sehr heterogen“. Die Symptome von Long-COVID könnten zudem unterschiedlich stark ausgeprägt sein, weswegen eine COVID-19­-Impfung bei diesem Patientenkollektiv mit dem behandelnden Arzt abgewogen werden müsse. Gleiches gelte für Influenza- oder RSV-Impfungen, zu denen keine Daten bekannt seien.

Grippeimpfung in Apotheken

Mittlerweile impfen einige Apotheken gegen Grippe. Manche Krankenkassen, wie Barmer, DAK, TK, KKH, IKK Südwest und seit Kurzem auch die Mobil Krankenkasse, übernehmen die Kosten der Influenzaimpfung in der Apotheke für alle ihre Versicherten ab 18 Jahren, unabhängig davon, ob sie in die Zielgruppe der STIKO fallen [11]. Bei allen anderen gesetzlichen Krankenkassen gilt, dass Versicherte sich nur in der Apotheke gegen Grippe impfen lassen können, wenn bei ihnen eine entsprechende Indikation besteht. |

Literatur

[1] Müller C. Engpässe in der Influenzasaison 2018/19: Wie wird ein Grippeimpfstoff produziert? Meldung DAZ.online, 22. November 2018

[2] Müller C. Influenzasaison 2019/20: Grippeimpfung für Schwangere: nur noch mit Vaxigrip Tetra? Meldung DAZ.online, 18. September 2019

[3] Müller C. Influenza-Impfung: Warum sollen sich Schwangere erst im zweiten Trimenon gegen Grippe impfen? Meldung DAZ.online, 27. September 2018

[4] Müller C. Flucelvax Tetra: Warum Grippeimpfstoffe aus Zellkulturen besser schützen könnten. Meldung DAZ.online, 6. Februar 2019

[5] Müller C. CHMP-Zulassungsempfehlung: Neuer Grippeimpfstoff Supemtek. Meldung DAZ.online, 22. September 2020

[6] Michaelis K et al. Beschluss und Wissenschaftliche Begründung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die Aktualisierung der Influenza-Impfempfehlung für Personen im Alter von ≥ 60 Jahren. Epid Bull 2021;1:3 -25, doi: 10.25646/7655

[7] Müller C. G-BA ändert Schutzimpfungs-Richtlinie: Krankenkassen erstatten Hochdosisgrippeimpfung ab 60 Jahren. Meldung DAZ.online, 11. Februar 2021

[8] Grippeimpfung ab 60 Jahren: Bei Lieferengpässen gelten ab dem 1. April die Regelungen der Schutzimpfungs-Richtlinie des G-BA. Fachnews des Gemeinsamen Bundesausschusses, 30. März 2023

[9] Müller C. Adjuvantierte Grippeimpfung für ältere Menschen: Fluad Tetra erhält Zulassung in Europa. Meldung DAZ.online, 10. Juni 2020

[10] Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Schutzimpfung gegen Influenza. Informationen des Robert Koch-Instituts, Stand: 28. September 2023, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ_Uebersicht.html

[11] Köhler M. Vereinbarung zwischen DAV und fünf Krankenkassen: Kostenlose Grippeimpfung für alle Erwachsenen in Apotheken. Meldung DAZ.online, 4. September 2023

[12] Borsch J. In den Apotheken: Grippeimpfung: Bei diesen Kassen nur mit Indikation! Meldung DAZ.online, 18. September 2023

[13] Long COVID. Informationen des Robert Koch-Instituts, Stand: 22. August 2023

[14] Fachinformationen der genannten Impf­stoffe

Apothekerin Celine Bichay

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.