DAZ aktuell

Overwiening sucht den Schulterschluss

Ärzteverbände attackieren Präventionspläne des BMG für Apotheken / ABDA beschwichtigt

ks/mik | Die Pläne des Bundesgesundheitsministers, Apotheken stärker in die Vorsorge und Früherkennung einzubeziehen, kommen in der Ärzteschaft gar nicht gut an: „Absurd“ und „unausgegoren“ seien die Ideen – und Apotheken keine „Arztpraxen-to-go“. Die ABDA-Präsidentin stellte angesichts der Kritik klar, dass die Apothekerschaft präventive Leistungen nur im Schulterschluss mit Ärztinnen und Ärzte anbieten wolle.

Karl Lauterbach will Apothekerinnen und Apothekern, eine aktivere Rolle in der Vorbeugemedizin einräumen – schließlich sind sie fachlich hoch qualifiziert. Das erklärte der SPD-­Politiker Ende September beim Deutschen Apothekertag. Kurz darauf wurde ein Impulspapier zur Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) publik, das diese Idee aufgreift. Demnach könnten Apotheken zur verbesserten Früherkennung bei Erwachsenen „Vorfeld-Untersuchungen“ zu den ärztlichen Check-ups anbieten, z. B. eine niedrigschwellige Beratung, Cholesterinwert-Bestimmungen, Blutdruckmessungen etc. (siehe auch AZ 2023, Nr. 42, S. 8).

BÄK: teure Parallelangebote

Die Ärzteschaft reagierte hierauf wenig begeistert. Als erstes meldete sich der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, am vergangenen Sonntag zu Wort: „Die Politik will seit Jahren systematisch medizinische Leistungen aus der ärztlichen Versorgung in die Apotheken verlagern. Impfungen in Apotheken, sogenannte pharmazeutische Dienstleistungen durch Apotheker, assistierte Telemedizin und jetzt ärztliche Vorsorgeuntersuchungen in Apotheken sind nichts anderes als teure Parallelangebote, die einen Besuch beim Arzt und die ärztliche Präventionsberatung niemals ersetzen können.“ Zumindest räumt Reinhardt ein, dass Apotheken von großer Bedeutung für die qualifizierte Versorgung mit Arzneimitteln seien. „Sie sind aber keine Arztpraxen-to-go“, betont er. Das müsse die Politik „endlich verinnerlichen“. Mehr Vorsorge sollte aus Sicht des BÄK-Präsidenten durch gezielte Aufklärung und Information erfolgen: „Hier sollten Politik und Kostenträger ansetzen, statt Geld für Apothekenleistungen aufzuwenden, die keinen Ersatz für die ärztliche Tätigkeit bieten können.“ Zudem könnten die Apotheken auch zahlenmäßig nur einen geringen Beitrag zum Vorsorgegeschehen leisten, gibt Reinhardt zu bedenken. Konzepte, so der BÄK-Chef weiter, sollten Ärzteschaft und Politik gemeinsam entwickeln.

„Light-Anlaufstelle draufzusetzen ist zu kurz gesprungen“

Der Bundesvorsitzende des Haus­ärztinnen und Hausärzteverbandes, Markus Beier, nannte die Pläne Lauterbachs am Montag „vollkommen absurd“, das Vorgehen „sprunghaft und undurchdacht“. Es sei zwar richtig, dass die Politik Herz-Kreislauf-­Erkrankungen den Kampf ansage, aber „der Gedanke, einfach noch eine Light-Anlaufstelle draufzusetzen“ sei „viel zu kurz gesprungen“. Apotheken seien „ebenfalls völlig überlaufen“, außerdem würden viele Apothekerinnen und Apotheker diese Aufgaben gar nicht übernehmen, „denn sie wissen, dass ihre unverzichtbaren Kompetenzen ganz woanders liegen und da auch dringend benötigt sind“. Die Pläne würden zu einer höheren Belastung des Gesundheitssystems führen ohne Mehrwert für Patientinnen und Patienten.

Overwiening: Genau schauen, was sinnvoll ist

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening reagierte besonnen und ruhig auf diese Äußerungen. Vermutlich auch deshalb, weil sie diesen Donnerstag zusammen mit den Vorsitzenden der Kassenärztlichen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KBV und KZBV) einen Auftritt in der Bundespressekonferenz hat. Hier will man gemeinsam die aktuelle Situation der freiberuflichen Heilberufe in Deutschland erläutern. Das könnte auch der Grund sein, warum die KBV sich zu Lauterbachs Vorsorge-Plänen noch gar nicht äußerte; die KZBV thematisierte zwar – aber nicht wegen der Apotheken, sondern weil ihr darin die Berücksichtigung der neuen, präventionsorientierten Parodontitistherapie fehlt.

Overwiening erklärte gegenüber der DAZ, dass die Apotheke vor Ort für viele Menschen die niedrigschwellige Pforte ins Gesundheitssystem sei. „Die pharmazeutische Expertise der Apothekerinnen und Apotheker kann und sollte stärker genutzt werden, um die Gesundheit der Menschen zu verbessern.“ Die Heilberufler und -beruflerinnen stünden Patientinnen und Patienten bei Gesundheitsfragen flächendeckend – auch nachts und am Wochenende – wohnortnah zur Ver­fügung. Nichtsdestotrotz müsse man sich genau anschauen, welche Präventionsleistungen in Apotheken sinnvollerweise angeboten werden könnten. Für Overwiening steht dabei aber fest, „dass die Apothekerschaft präventive Leistungen nur im Schulterschluss mit Ärztinnen und Ärzte zum Wohle der Menschen anbieten will“. Die ABDA erwarte, dass das BMG alle weiteren Schritte und Abstimmungen bei diesem Vorhaben nur gemeinsam mit der Apotheker- und Ärzteschaft vornehmen werde. |

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