Retaxfall des Monats

Kinder ja, Erwachsene nein?

Wann OTC-Arzneimittel erstattet werden

Nach § 34 SGB V sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich von der Erstattung durch die gesetzliche Krankenver­sicherung ausgeschlossen. Davon gibt es Ausnahmen, was gilt?

OTC-Arzneimittel werden für Erwachsene bis auf Ausnahmen nicht erstattet. Im vorliegenden Fall hatte der Arzt für einen Erwachsenen „2 × 50 Aplona Pulver“ mit dem Hinweis „Diagnose: Kurzdarmsyndrom mit chronischer Diar­rhoe“ verordnet. Aufgrund der angegebenen Diagnose gab die Apotheke das OTC-Arzneimittel zulasten der Krankenkasse ab und erhielt in der Folge eine Retaxation mit der Begründung „kein verschreibungspflichtiges Arzneimittel“. Aplona ist ein apothekenpflichtiges, nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel, das gemäß Fach­information traditionell zur Besserung der Symptome bei akuten unkomplizierten Durchfallerkrankungen neben einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr und Diätmaßnahmen angewendet wird.

Apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind grundsätzlich von der Verordnungs­fähigkeit zulasten der GKV ausgeschlossen. Daran ändert auch die Angabe einer Diagnose auf dem Rezept nichts. Lediglich für Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, ist eine Verordnung ausnahmsweise zulässig. Diese Ausnahmen sind in Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie (sogenannte OTC-Übersicht) aufgeführt. Für Aplona ist in Anlage I keine Ausnahme definiert, weshalb eine Erstattung ausgeschlossen ist.

Verordnet der Arzt ein OTC-Arzneimittel, für das in Anlage I eine Ausnahme definiert ist, z. B. ein OTC-­Abführmittel, so ist für die Prüfpflicht der Apotheke entscheidend, ob eine Diagnose auf der Verordnung angegeben ist oder nicht. Ist keine Diagnose angegeben, so hat die Apotheke keine Prüfpflicht bezüglich der Einhaltung der in Anlage I genannten Bedingungen. Gibt der Arzt eine Diagnose an, so ist die Apotheke dazu verpflichtet, zu überprüfen, ob diese mit den Ausnahmeregelungen entsprechend der OTC-Übersicht übereinstimmt.

Was gilt für Kinder?

Für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und für Jugendliche mit einer Entwicklungsstörung bis zum vollendeten 18. Lebensjahr werden apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich von der Kasse übernommen.

Im Fall von Aplona kommt aber An­lage III der Arzneimittel-Richtlinie ins Spiel. Hier sind alle bestehenden Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung aufgeführt. Darüber hinaus enthält diese Anlage Hinweise zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugend­liche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Aplona ist dabei sogar von zwei Verordnungseinschränkungen betroffen. Zum einen besteht eine Verordnungseinschränkung für Antidiarrhoika, von der zwar einige Wirkstoffe und Behandlungssituationen ausgenommen sind, die aber nicht auf Aplona zutreffen. Zum anderen besteht ein Verordnungsausschluss für „traditionell angewendete“ bzw. „traditionell pflanzliche“ Arzneimittel, worunter Aplona ebenfalls fällt. In beiden Fällen ist auch bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eine Verordnung für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen unwirtschaftlich. Da aber der behandelnde Arzt die nach Anlage III in der Verordnung eingeschränkten oder ausgeschlossenen Arzneimittel ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit einer Begründung verordnen kann, sollte in einem solchen Fall eine Rücksprache mit dem Arzt er­folgen und das Ergebnis ggf. auf der Ver­ordnung dokumentiert werden.

Fazit

Bei der Verordnung von OTC-Arzneimitteln ist besondere Aufmerksamkeit gefordert, damit es nicht zu einer Re­taxation kommt. OTC-Arzneimittel sind für Erwachsene, bis auf die in Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie genannten Ausnahmen, nicht erstattungsfähig. Ist eine Diagnose auf dem Rezept angegeben, so muss die Apotheke diese mit der OTC-Übersicht abgleichen. Tipp: Achten Sie auf die Hinweise Ihrer Software, sie sollte in der Regel auf mög­liche Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse hinweisen. |

Apothekerin Christina Dunkel, DAP

Apothekerin Nadine Friederich, DAP

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