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Deutscher Apothekertag 2023
Entscheidungen für eine digitale und nachhaltige Zukunft
Verlässliche Rahmenbedingungen in Sachen Digitalisierung gefordert
Die ersten beiden Anträge zum Themenkomplex Digitalisierung wurden vom geschäftsführenden Vorstand der ABDA gestellt. Darin wurde der Gesetzgeber unter anderem aufgefordert, verantwortlich mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen umzugehen und verlässliche Rahmenbedingungen für apothekenrelevante Prozesse zu gewährleisten. Das erklärte Ziel dabei: Inhabergeführte öffentliche Apotheken in Deutschland und die wohnortnahe flächendeckende Versorgung zu schützen. Der Gesetzgeber solle auch zum Verbraucherschutz den Fernabsatz von Arzneimitteln im Blick behalten, insbesondere auf Plattformen, auf denen telemedizinische Verschreibungen mit dem Versand von Arzneimitteln verbunden sind. Weiterhin sollen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung von Versorgungsprozessen und Dienstleistungen praxisorientiert angepasst werden. Zudem wurde befürwortet, die Telematikinfrastruktur auszubauen (Stichwort TI 2.0) sowie die elektronische Patientenakte flächendeckend einzusetzen, wozu auch künstliche Intelligenz in ethisch-moralisch vertretbarem Rahmen genutzt werden könnte. Datenschutz und -sicherheit sollen dabei großgeschrieben werden. Ein weiteres wichtiges Anliegen wurde in einer Änderung des Antrags eingefügt: Die vollständige Refinanzierung der Aufwendungen von Apotheken innerhalb der Digitalisierungsstrategie. Beide Anträge wurden von der Hauptversammlung angenommen.
Keine Einmischung in apothekerliche Kompetenzen
Die Apothekerkammer Berlin adressierte in einem Antrag die im Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) vorgesehene Möglichkeit einer Arzneimitteltherapiesicherheits(AMTS)-Prüfung durch Krankenkassen. Die Kompetenzen von Apothekern und Aufgaben von Krankenkassen müssten weiterhin klar abgegrenzt bleiben. Statt Beratungsdienstleistungen durch Krankenkassen solle die interprofessionelle Zusammenarbeit nach Vorbild des Modellprojekts Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN) gefördert werden. Auch dieser Antrag wurde angenommen.
Ein weiterer Antrag der Apothekerkammer Berlin, in dem Rahmenbedingungen für die Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Apotheke gefordert wurden, wurde von der Geschäftsführerin Ökonomie der ABDA, Claudia Korf, bemängelt. Es sei nicht klar, an wen sich der Antrag richte. Sie empfahl den Antragstellern, den Antrag zu überarbeiten oder zurückzuziehen. Letztlich wurde der Antrag in einen Ausschuss verwiesen.
Weniger Papier
Ohne Diskussion wurde ein Antrag aus dem Saarland angenommen, in dem gefordert wurde, dass für Apotheken maßgebliche Rechtsvorschriften zukünftig elektronisch und nicht mehr zwingend physisch vorgehalten werden müssten.
Kontrovers wurde dagegen über einen weiteren Antrag der Apothekerkammer Berlin debattiert, der sich um die Einführung der elektronischen Packungsbeilage drehte. Einer der Antragsteller, Dr. Karl Sydow, erklärte, dass man die elektronische Packungsbeilage stufenweise pilotiert einführen könne, zunächst im stationären Sektor, wo man die Packungsbeilage ohnehin nicht bräuchte. Sollte ein Papierausdruck in der Apotheke nötig werden, müsste dies entsprechend vergütet werden. ABDA-Justiziar Lutz Tisch wies darauf hin, dass die Packungsbeilage dem Patienten jederzeit vorliegen müsse. Zudem würde man sich mit Ausdrucken der Packungsbeilage eine „ganze Reihe von Problemen aufhalsen“. Dr. Michael Ermisch, ebenfalls Delegierter der Apothekerkammer Berlin, wies darauf hin, dass in der EU die schrittweise Einführung der elektronischen Packungsbeilage geplant sei und man sich im Vorfeld Gedanken machen müsse, dass Papierausdrucke in der Apotheke bezahlt werden müssten. Dr. Kerstin Kemmritz, Präsidentin der Apothekerkammer Berlin, ergänzte, dass man den Antrag bewusst weit gefasst hätte, um darauf reagieren zu können, was auf europäischer Ebene notwendig werde. Korf bemerkte, dass Kemmritz (Anm. d. Red.: somit die Apothekerkammer Berlin) die richtigen Themen finde, diese aber „grausig“ formuliere. Letztendlich wurde der Antrag abgelehnt.
Beratung zu nachhaltigen OTC-Arzneimitteln
Im letzten Antrag des Blocks, ebenfalls gestellt von der Apothekerkammer Berlin, wurde der Wunsch nach transparenten Nachhaltigkeitszertifikaten zu OTC-Arzneimitteln geäußert. Zertifikate, wie das ECO-Management-and-Audit-Scheme(EMAS)-Zertifikat, sollten freiwillig von den Herstellern zur Verfügung gestellt und in der Apothekensoftware hinterlegt werden. Zum einen biete das einen Wettbewerbsvorteil für die Hersteller und ihre Produkte, zum anderen aber auch für die Apotheke durch eine erweiterte Beratungskompetenz. Denn Kunden würden sich vermehrt eine Beratung zu nachhaltigen Produkten wünschen, wie es in der Begründung des Antrags heißt. Dr. Reinhard Giese vom Thüringer Apothekerverband verwies auf einen Antrag der Landesapothekerkammer Thüringen aus dem vergangenen Jahr, in dem gefordert wurde, umweltrelevante und ökotoxikologische Daten in die ABDA-Datenbank aufzunehmen. Der Antrag wurde damals in den Ausschuss verwiesen. „Im Endeffekt läuft die Sache schon im Ausschuss der ABDA“, resümierte er. Der aktuelle Antrag wurde nach Abstimmung ebenfalls in den Ausschuss verwiesen, wo er zusammen mit dem genannten Antrag aus dem Vorjahr bearbeitet werden kann. Weil vonseiten einer der Antragsteller Unmut darüber geäußert wurde, den Antrag in den Ausschuss zu verweisen, schaltete sich die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening nach der Abstimmung dazu ein. Nicht weil ein Antrag im Ausschuss landet, dauert es lange, bis er bearbeitet ist, sondern weil das Thema komplex ist, so Overwiening. Von daher kann es auch lange dauern, bis ein angenommener Antrag bearbeitet ist, wenn das Thema komplex ist. |
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