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Kongresse
Vom Säugling bis zum Senior: Infektionsschutz für alle
Ein Überblick über Impfungen in verschiedenen Lebensphasen
In seinem Vortrag erläuterte der Leiter der Abteilung Geburtsmedizin der Universitätsfrauenklinik Leipzig, Prof. Dr. Holger Stepan, zunächst die anfängliche Skepsis bei der COVID-19-Impfung für Schwangere. Zu Beginn der Pandemie wurde aufgrund fehlender Langzeitdaten für Schwangere und Frauen im Wochenbett keine Impfempfehlung ausgesprochen. Im Verlauf der Corona-Pandemie und durch Daten aus dem Ausland zeigte sich, dass alle für Nichtschwangere zugelassenen Impfstoffe auch für Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere, Wöchnerinnen und Stillende kein erhöhtes, über die üblichen Impfnebenwirkungen hinausgehendes Risiko, aufweisen. Das Gegenteil ist der Fall: Die internationalen Daten zeigen, dass bei einer Schwangerschaft mit einem klinisch deutlich schwereren Verlauf einer Corona-Infektion gerechnet werden muss. So wurden Schwangere als Risikogruppe identifiziert und auch für diese vulnerable Personengruppe eine Impfempfehlung ausgesprochen. Stepan stellte klar: „Seit der Zulassung der ersten COVID-19-Impfstoffe erfolgt eine sehr intensive und detaillierte klinische Beobachtung von geimpften Schwangeren“. In der Registerstudie CRONOS (COVID-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study) sind mittlerweile Daten von über 8000 Corona-positiven Schwangeren mit und ohne Impfung enthalten. Durch diese Daten zeige sich deutlich, dass die Impfung gegen COVID-19 katastrophale Krankheitsverläufe bei Schwangeren verhindern kann, so Stepan.
Immunkompetenz von jung und alt
Prof. Dr. Thomas Weinke, der von 2014 bis 2018 Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut war, erklärte, dass sich die Immunkompetenz im Laufe des Lebens verändert und im Alter abnimmt. Während bei kleinen Kindern viele naive T-Zellen zu finden sind, kommen bei betagten Menschen viele gealterte Effektor-T-Zellen vor. Durch diese Immunseneszenz nehmen im Alter die Infektanfälligkeit und das Erkrankungsrisiko zu. Grunderkrankungen erhöhen das Risiko zusätzlich. Daher sind Impfungen essenziell wichtig, insbesondere bei Älteren, aber auch bei jungen Kindern, deren Immunkompetenz sich noch entwickeln muss.
Schutz vor einer Pneumonie
Impfen schützt, und zwar nicht nur den, der geimpft wird, sondern auch sein Umfeld. Dieser Herdeneffekt lässt sich beispielsweise anhand von Pneumokokken-Konjugat-Impfstoffen erklären, die neben der Invasion in die Blutbahn die Kolonisation von Pneumokokken im Nasopharynx verringern. Letztere ist ohne Impfung im Kleinkindalter sehr hoch, was ein Ansteckungsrisiko für Kontaktpersonen birgt. Pneumokokken-Konjugat-Impfstoffe werden nach Empfehlung der STIKO bei Säuglingen im Alter von zwei, vier und elf Monaten eingesetzt und schützen dadurch nicht nur den Säugling, sondern eben auch vulnerable Kontaktpersonen des Kindes.
Weinke betonte die Wichtigkeit einer Pneumokokken-Impfung auch für Personen ab 60 Jahren und Personen jeden Alters mit Grunderkrankungen, wie einem angeborenen oder erworbenen Immundefekt, Asthma oder Diabetes mellitus, die ein höheres bzw. gering erhöhtes Pneumokokken-Risiko haben. Denn Pneumonie ist die häufigste, zum Tode führende Infektionskrankheit in Industrieländern, wie Weinke erklärte. In Deutschland gibt es jährlich etwa 500.000 ambulant erworbene Pneumonie-Fälle. Eine Pneumokokken-Pneumonie kann auch sekundär infolge einer Influenza-Infektion auftreten, wie der Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Infektiologie und Tropenmedizin berichtete. Damit unterstrich er auch die Bedeutung der Influenza-Impfung, die bislang in Deutschland zu wenig in Anspruch genommen wird (in der EU beträgt der Zielwert für die Impfquote 75%, Deutschland liegt bei etwa 50%). Weinke sprach sich dafür aus, dass alle gegen Influenza geimpft werden sollten. Neben dem Schutz vor einer Grippe und einer sekundären Pneumokokken-Pneumonie bietet die Influenza-Impfung weitere Benefits. So präsentierte der Mediziner Studiendaten, die darauf hindeuten, dass die Influenza-Impfung ähnlich wirksam vor einem Myokardinfarkt schützt wie die Einnahme von Statinen.
RSV-Impfstoffe in der Pipeline
Infektionen mit dem respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) kommen in allen Altersklassen vor. Bis zum zweiten Lebensjahr hatten bereits 90% der Kinder eine RSV-Infektion. Jährlich kommt es in der EU zudem zu über zwei Millionen RSV-Fällen bei älteren Menschen, davon versterben ca. 17.000. Auch Erwachsene mit chronischen Herz- oder Lungen-Erkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem können stark von einer RSV-Infektion betroffen sein. Daher wird intensiv an neuen Impfstoffen für Kinder, Schwangere (zum Schutz des Neugeborenen) und Erwachsene geforscht. Noch in diesem Jahr könnte ein proteinbasierter RSV-Impfstoff für Erwachsene zugelassen werden, stellte Weinke in Aussicht. |
Bereits über 13 Milliarden COVID-19-Impfungen weltweit
Prof. Dr. Theo Dingermann informierte in seinem Vortrag über die Impfung gegen eine COVID-19-Erkrankung. In den letzten zwei Jahren wurden über 13 Milliarden Impfdosen von COVID-19-Vakzinen verabreicht, eine beachtliche Zahl. Bereits etwa ein Jahr nach Pandemiebeginn, im Dezember 2020, standen mRNA-Vakzine zur Verfügung. Die „traditionell“ hergestellten Impfstoffe auf Hühnerei-Basis benötigten ein Jahr länger bis zur Marktreife. Durch die mRNA-Technologie konnte das Pandemie-Geschehen frühzeitig unterbrochen werden und gerade vulnerable Gruppen wie vorerkrankte oder ältere Menschen profitierten davon.
Dingermann betonte, dass eine Impfung nicht vor einer Infektion, sondern vor einem schweren Krankheitsverlauf schütze. Eine schwer verlaufende COVID-19-Erkrankung gelte als Risikofaktor für das Long-COVID-Syndrom. Ungefähr 10% der Infizierten leiden auch noch drei Monate nach dem letzten positiven Corona-Test an Symptomen wie Kopfschmerzen, eingeschränkter Leistungsfähigkeit oder Arrhythmien. Eine Impfung könne die Wahrscheinlichkeit für Langzeitfolgen minimieren, so Dingermann. Die neueren Omikron-Virus-Varianten sind virulenter als der ursprüngliche Wildtyp, da durch evolutionär-selektive Prozesse die Bindung der Virus-Oberfläche an den humanen Angiotensin-Converting-Enzyme(ACE)-2-Rezeptor affiner wurde. Die Omikron-Sublinien sind ungefähr viermal ansteckender als das Wildtyp-Virus. Auf die Gesamtpopulation bezogen, finden Infektionen mit Omikron also häufiger statt, aber mit milderem Verlauf.
Dingermann empfiehlt eine Impfung mit einem angepassten Vakzin gegen Omikron erst vorzunehmen, wenn die Grundimmunisierung und ein Booster mit einem Impfstoff der ersten Generation, also vormals gegen den Wildtyp, bereits erfolgt sind. Die Zeit des permanenten Impfens sei vorbei. Außerdem ist zu beachten, dass nach einer COVID-19-Erkrankung vier bis sechs Monate bis zur COVID-19-Impfung vergehen sollten.
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