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Arzneimittel und Therapie
TNF-alpha-Inhibitoren erhöhen Risiko für multiple Sklerose
Neue Assoziationsstudie untermauert Verdacht
Für ihre Studie schlossen kanadische Wissenschaftler alle Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung oder chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) ein, die zwischen Januar 2000 und März 2018 in vier kanadischen Provinzen (British Columbia, Alberta, Saskatchewan und Manitoba) lebten. Dabei wurden die Daten von 296.918 Rheuma-Patienten und 84.458 CED-Patienten erfasst. Jede Abgabe von TNF-alpha-Hemmern in den zwei Jahren vor Ausbruch einer MS-Erkrankung wurde ermittelt. Darunter waren die Wirkstoffe Adalimumab (z. B. Humira®), Certolizumab (Cimzia®), Etanercept (z. B. Enbrel®), Infliximab (z. B. Remicade®) und Golimumab (Simponi®).
Studienauswertung bestätigt Risiko
Während des Beobachtungszeitraumes entwickelten 462 der Rheuma-Patienten eine multiple Sklerose (80% weiblich, Durchschnittsalter 47,4 Jahre). Diesen Fällen wurden 2296 Kontrollpersonen mit ähnlichem Alter und Krankheitsdauer der rheumatischen Erkrankung zugeordnet (60% weiblich, Durchschnittsalter 47,4). 18 Personen der MS-Fälle und 42 Kontrollen waren mit einem TNF-alpha-Hemmer behandelt worden. Nach Adjustierung der Daten der Provinzen British Columbia und Manitoba betrug die gepoolte Incidence Rate Ratio (IRR) 2,05 (95%-Konfidenzintervall [KI] = 1,13 bis 3,72). Die gepoolte, vollständig bereinigte 2-Jahres-Number needed to harm (NNH) lag bei 2268 in der Gruppe der Rheumatiker. Das bedeutet, dass von 2268 mit TNF-alpha-Inhibitoren behandelten Patienten einer wahrscheinlich an multipler Sklerose erkrankt.
Von knapp 85.000 Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung erkrankten 190 Personen an multipler Sklerose (70% weiblich, Durchschnittsalter 44,3 Jahre). Diese wurden mit 943 Kontrollpersonen (54% weiblich, Durchschnittsalter 44,2 Jahre) verglichen.
23 der MS-Fälle und 98 Kontrollen hatten eine Therapie mit TNF-alpha-Inhibitoren erhalten. Die gepoolte, adjustierte IRR lag bei 1,35 (95%-KI = 0,70 bis 2,59).
Praxisrelevanz
Die Einnahme von TNF-alpha-Inhibitoren wurde in der Studie bei Rheumatikern und Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung mit einem erhöhten Risiko, an multipler Sklerose zu erkranken, in Verbindung gebracht. Angesichts des Beobachtungscharakters der Studie und des großen Konfidenzintervalls in der CED-Gruppe sind weitere Studien zur Validierung der Ergebnisse erforderlich. In einer Stellungnahme gegenüber den Medscape Medical News rät Studienleiter Antonio Aviña-Zubieta, MD, PhD, leitender Wissenschaftler bei Arthritis Research Canada in Vancouver, dass Ärzte nicht zögern sollten, Patienten eine Anti-TNF-alpha-Therapie zu verordnen, wenn sie glauben, dass ihre Patienten davon profitieren können. Aviña-Zubieta betonte jedoch, dass es für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen, bei denen multiple Sklerose in der Familie vorkommt, nicht ratsam wäre, Anti-TNF-Wirkstoffe zu verabreichen, da es alternative Arzneimittel gibt, die ebenfalls hilfreich sein könnten. |
Literatur
Bender E. TNF Inhibitors Linked to Increased Multiple Sclerosis Risk. Medscape Medical News, 9. November 2022
Li L et al. Risc of multiple sclerosis among users of antitumor necrosis factor alpha in four Canadian provinces : A Population-Based Study. Neurology 2022, doi: 10.1212/WNL.0000000000201472
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