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Management
Immer agieren statt reagieren
Wie die Personalgewinnung erfolgreich sein kann
Dabei hilft es, zunächst mit einem Schritt Abstand auf den Arbeitsplatz öffentliche Apotheke zu schauen. Fachlich versierte Unterstützung kann man dabei über ein Coaching erhalten. Spezialisiert auf Apotheken hat sich zum Beispiel Nicole Müller, die als „Apotheken-Coach“ tätig ist und unter anderem ein Mentoring-Programm speziell für weibliche Führungskräfte anbietet. Müller selbst startete ihre Laufbahn als PTA in einer öffentlichen Apotheke, schnupperte dann als Apothekenreferentin einige Außendienst-Luft und arbeitete schließlich als Verkaufs- und Marketingdirektorin eines Pharmaunternehmens. Sie kennt also beide Seiten: Die Arbeit als Angestellte sowie das Dasein als Vorgesetzte mit Personalverantwortung [2]. Und mit diesem Wissen sowie ihrer absolvierten Coaching-Ausbildung versucht sie, diese beiden Gruppen noch näher zueinanderzuführen.
Auf die Chancen fokussieren
Wie man ausreichendes und gutes Personal finden kann, ist ein sehr komplexes Problem, das nicht allein in der eigentlichen Personalbeschaffung besteht. Vielmehr müsse zunächst bei der Apothekenleitung angesetzt werden. Ein erster Tipp von Nicole Müller bei der Suche nach neuem Personal besteht darin, sich als Führungskraft bewusst eine positive innere Haltung anzugewöhnen. Denn eine demotivierte Leitung sorgt auch für eine demotivierte Belegschaft, so Müller. Man ist als Chef oder Chefin in jeglicher Hinsicht ein Vorbild für die Mitarbeitenden. Denn „das Team spürt doch, ob die Führungspersönlichkeit mit Freude in die Zukunft schaut, oder mit Sorge“. Aus diesem Grund solle man sich eher auf Chancen fokussieren, anstatt sich stets die Limitationen der eigenen Arbeit vor Augen zu führen oder sich immer wieder über negative Entwicklungen zu ärgern. Dieses positive Mindset ist gerade auch in Zeiten eines akuten Personalmangels wichtig und hilft, besonnen zu bleiben und statt Hektik eine positive Haltung an das Team weiterzugeben. Der langfristige Erfolg des gesamten Teams geht von der Führungskraft aus. Erst recht bei Betrieben mit überschaubarer Teamgröße, wie es die meisten Apotheken sind. Und ein gutes, zufriedenes Team, das Freude an der gemeinsamen Arbeit hat und harmonisch zusammenarbeitet, trägt dies auch nach außen weiter. Nicht nur bei der Kundschaft kommt das gut an, sondern ebenfalls im eventuell pharmazeutisch ausgebildeten Freundeskreis der Mitarbeitenden. Die beste Werbung für den eigenen Betrieb kann das eigene zufriedene Team sein. Solch ein stimmiges Arbeitsklima sei außerdem ein deutlich größerer und nachhaltigerer Motivator, als ein hohes Gehalt, so Müller.
Man braucht einen Plan und Zeit, um aktiv ein Team zu leiten
Neben der positiven Grundeinstellung sollte auch kritisch auf die eigene Rolle als Führungskraft geschaut werden. Im Pharmaziestudium wird diese Kompetenz leider nicht vermittelt, sodass sich Apothekenleitungen häufig gänzlich ohne Vorerfahrungen der Personalführung widmen. Im hektischen Apothekenalltag komme dieses Thema dann wiederum auch viel zu kurz. Um aktiv ein Team zu leiten brauche es einen Plan, Zeit und einiges an Menschenkenntnis. Führen bedeutet zunächst Arbeit und erfordert auch eine gewisse Lernbereitschaft. Doch Wachstum entsteht laut Müller nur außerhalb der gewohnten Komfortzone. Eine führungslose Truppe verschenkt wertvolle Ressourcen und bietet Raum für Demotivation und Konflikte. Man müsse stattdessen dafür sorgen, möglichst alle Mitarbeitenden abzuholen und gemäß ihres Stärkenprofils einzusetzen. „Wenn wir mit den Ergebnissen von heute nicht zufrieden sind, dann müssen wir etwas ändern“, weiß Müller. Hierzu sei neben des Begreifens der Führungsrolle auch eine ehrliche Reflexion des eigenen Verhaltens hilfreich. Man sollte sich z. B. fragen, wie man kommuniziert, in welcher Weise man Konflikte zu lösen versucht und wie man im Team an gemeinsamen Visionen arbeitet. An dieser Stelle können Coachings und Kommunikationsfortbildungen eine sinnvolle Unterstützung sein, wie Müller aus ihrer eigenen Erfahrung als Chefin weiß. „Schluss mit der Idee, dass es so etwas wie ‚geborene Anführer‘ oder ‚Chefinnen-Naturtalente‘ gibt. Führung kann man mit dem richtigen Leader-Mentoring lernen“, so Nicole Müller.
Den eigenen Arbeitsplatz aktiv mitgestalten
Auch im Umgang mit dem vorhandenen Personal sieht Müller einen wichtigen Grundpfeiler der erfolgreichen Personalgewinnung. Schließlich soll das einmal gewonnene Personal auch langfristig gehalten werden. Hierzu empfiehlt sie unter anderem regelmäßige Teambesprechungen, Einzelgespräche und Workshops. Sie bieten Raum für Ideen und positive Entwicklung. Im besten Fall sollten Meetings außerdem nicht ausschließlich durch die Vorgesetzten geführt werden, sondern auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Den eigenen Arbeitsplatz aktiv mitgestalten zu können, kann die Bindung an und die Identifikation mit dem Betrieb verstärken. Auch die Wirkung eines wertschätzenden Umgangs sowie von aufrichtigem Lob sollten laut Müller nicht unterschätzt werden. Gute Arbeitsleistungen sollten außerdem entsprechend honoriert werden. Dies solle jedoch weniger nach einem „Wenn-Dann“-Prinzip geschehen – also nicht mit der Erfüllung einer Bedingung in Aussicht gestellt werden – sondern als ehrlich dankbare Reaktion. Leistet die unterbesetzte Belegschaft gerade Großes, so könne man sich beispielsweise mit einem spontanen Smoothie-Tag oder einem Überraschungsbonus erkenntlich zeigen. Wie solch ein Bonus ausgezahlt wird, könne man das Team auch selbst entscheiden lassen. Soll der Bonus für Jobräder oder einen gemeinsamen Ausflug eingesetzt werden? Oder stattdessen lieber anteilig ausgezahlt werden? Auch eine tolle Weihnachtsfeier wird in Sachen Teambuilding oftmals verkannt.
Erst recht in Krisenzeiten rät Müller dazu, sensibel auf die Bedürfnisse aller Personen zu achten und aktiv zu fragen: „Wie können wir diese Situation meistern, liebes Team und was brauchen wir dafür?“ Hierdurch wird deutlich, dass die Führungskraft die Belastung wahrnimmt und gleichzeitig an einer konstruktiven Lösung arbeitet. Daher sollten gerade während eines akuten Personalmangels auch weiterhin regelmäßige Teammeetings abgehalten werden. Diese können darüber hinaus wichtige Impulse für die Besetzung einer offenen Stelle geben. Noch vor Veröffentlichung einer Stellenanzeige sollte zunächst einmal gemeinsam überlegt werden, wen man eigentlich genau braucht. Welche persönlichen und fachlichen Eigenschaften sollte die neue Person mitbringen? Wie sieht die zu besetzende Stelle ganz konkret aus? Anhand dieser und anderer Fragen könne man eine auf die jeweilige Situation zurechtgeschnittene Stellenanzeige verfassen. „Wenn der Bereich der Rezeptur schon besetzt ist, müssen wir in der Stellenausschreibung keine ,Rezeptur-Queen‘ suchen“, erklärt Müller. Wer an diesem Punkt auch schon das Team vollständig mit einbezieht, kann sogar von Synergien profitieren: Die Mitarbeitenden merken, dass ihre Meinung gehört und geschätzt wird. Sie entwickeln im konstruktiven Austausch miteinander eine Vorstellung von der perfekten Ergänzung ihres Teams. Und eventuell kommt jemandem spontan eine Person aus dem Bekanntenkreis in den Sinn, die das gesuchte Profil aufweist.
Fachkräftesuche braucht Zeit
Idealerweise solle man die Suche nach neuem Personal nicht erst aus der Not heraus beginnen, sondern bei ausreichender personeller Ausstattung. Doch dieser Zeitpunkt werde nach Müllers Erfahrung in vielen Apotheken schnell verpasst. Wenn die Apothekenleitung selbst den ganzen Tag im Handverkauf beschäftigt ist, herrsche bereits ein eklatanter Mangel. Denn die Suche nach geeigneten Mitarbeitenden brauche eben Zeit. Einfach mal eben eine Stellenanzeige formulieren und auf allen verfügbaren Plattformen veröffentlichen bringt nur selten nachhaltigen Erfolg. Stattdessen müsse man sich vom Rest abheben. Müller warnt auch davor, einfach die erst beste Person einzustellen. Denn wenn der Mensch nicht zum Rest des Teams passt, habe man am Ende durch die vermeintlich erfolgreiche Einstellung wenig gewonnen. Nicht zum Bestandspersonal passende Persönlichkeiten können nämlich für Unruhe und Konflikte im Betrieb sorgen. Im schlimmsten Fall verliert man sogar Teile des ursprünglichen Personals, weil dieses mit der veränderten Arbeitsumgebung nicht zurechtkommt und womöglich krank wird oder sich anderweitig umsieht. Daher rät Müller immer davon ab, einfach irgendjemanden einzustellen, nur damit die vakante Stelle besetzt ist. Besser sei es stattdessen, mit prüfendem Blick auch auf die jeweilige Persönlichkeit der Bewerbenden zu schauen und zu überlegen, wie sich diese in das bestehende Team einfügen könnte. Es sei außerdem ratsam, auch in personellen Krisensituationen Ruhe zu bewahren und gemeinsam mit dem Team nach Lösungen zu schauen. Hierbei hilft eine positive Einstellung enorm weiter. Nur so können laut Müller „alle in der Kraft bleiben“ und gemeinsam erfolgreich durch die Engpasszeit finden.
Quasi täglich klagen Leitungskräfte, dass sie viel zu wenig Zeit hätten, um Tipps anzunehmen und wirklich etwas zu ändern. Der Faktor Zeit sei laut Müller jedoch eines der größten Missverständnisse überhaupt. Wir alle verfügen am Tag über dieselbe Zeit, es komme allerdings darauf an, wie wir diese nutzen. Wer den ganzen Tag nur auf die eintretenden Entwicklungen reagiert, der lässt sich die Zeit vom Alltag verplanen. Daher ist es wichtig, sich wenigstens eine halbe Stunde jeden Tag bewusst für Führungsaufgaben zu nehmen und einen Plan zu entwickeln. Selbst bei einer knappen Personaldecke schaffe ein gut eingespieltes Apothekenteam erstaunlich viel, so Müller, man sollte sich auch mal auf sein Team verlassen. Dies kann sich am Ende für alle lohnen, denn aus ihrer Erfahrung weiß Müller: „Je mehr man seinen Angestellten zutraut, desto motivierter sind sie in der Regel auch. Die Mitarbeiter übernehmen neue Aufgaben und Verantwortung. Dadurch gewinnen die Führungskräfte natürlich auch mehr Zeit, um strategische Aufgaben zu erledigen und natürlich auch für ihre Work-Life-Balance.“
Neben der eigenen positiven Grundhaltung, der bewussten Führung und dem Augenmerk auf das Bestandspersonal rät Müller außerdem zum Aufbau der Apotheke als Marke. Gerade bei einem Markt mit deutlichem Überfluss an Stellenangeboten sei es wichtig, sich von anderen abzuheben und einen Betrieb aufzubauen, für den Menschen gerne arbeiten möchten. |
Literatur
[1] Fachkräfteengpassanalyse 2021. Informationen der Bundesagentur für Arbeit, statistik.arbeitsagentur.de, Mai 2022, https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formular.html?nn=27096&topic_f=fachkraefte-engpassanalyse&dateOfRevision=201912-202212
[2] Müller N. Apotheken-Leaderin der neuen Zeit. 2022, https://apotheken-coach.de/apotheken-leaderin-mentoring-programm/
Zukunft Personal
Im Rahmen der Interpharm war „Zukunft Personal“ einen ganzen Tag das Thema von Vorträgen und Gesprächen:
- Als Apothekenführung motiviert und resilient bleiben
- Mitarbeitergespräche als Feedback-Kultur
- Teambuilding
- Ich finde kein Personal, was tun? pDL, Personal und Motivation hängen zusammen
- Was machen denn andere so? Einblicke und Ideen aus anderen Apotheken
- Was tun, wenn’s knirscht? Konflikte in der Apotheke lösen
- Apps und Tools: Instrumente zur Personalsteuerung und Apothekenorganisation
Sie haben die Vorträge der Online-Veranstaltungen „Apotheke & Wirtschaft“, „Heimversorgung“, „Zukunft Personal“ oder den „ApothekenRechtTag“ verpasst, möchten aber von praxisnahen Vorträgen und Tipps profitieren? Sie konnten nicht live dabei sein oder möchten den einen oder anderen Vortrag noch einmal erleben? Kein Problem – auf interpharm.de können Sie noch Tickets für alle Online-Veranstaltungen der Interpharm erwerben, bis zum 30. Juni stehen die Vorträge für Sie bereit.
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