Arzneimittel und Therapie

Mehr Appetit unter Olanzapin

Tumorpatienten unter Chemotherapie können profitieren

Bereits eine niedrig dosierte Olanzapin-Einnahme verbessert den Appetit von Tumorpatienten unter einer Chemotherapie. Im Vergleich mit einer Placebo-Gabe schlägt sich dies auch in einer Gewichtszunahme nieder. Dieser Benefit konnte bei Patienten mit gastralen, hepato-­pankreato-biliären und pulmonalen Tumoren gezeigt werden – einer Gruppe, die besonders anfällig für eine tumorbedingte Anorexie ist.

Fortgeschrittene Krebserkrankungen gehen häufig mit Appetitminderung und Anorexie einher. Dies erschwert nicht nur die orale Nahrungsaufnahme, sondern schlägt sich auch in einer verschlechterten Prognose nieder. Die Anorexie wird zusätzlich durch eine Chemotherapie verstärkt. Besonders betroffen sind Patienten mit malignen Tumoren des Gastrointestinaltrakts und der Lunge. Hier wird die Inzidenz einer Anorexie unter einer Chemotherapie abhängig vom gewählten Therapieregime auf 22 bis 56% geschätzt. Trotz ihrer Häufigkeit und den damit verbundenen negativen Folgen gibt es relativ wenige supportive Therapieansätze zur Prävention oder Linderung einer Anorexie. Die Empfehlungen gängiger Leitlinien fokussieren sich auf diätetische Maßnahmen – pharmakotherapeutische Ansätze sind rar. Das Progesteron-Derivat Megestrol kann zu einer moderaten Appetit­zunahme führen, ist allerdings mit einem erhöhten Risiko für Thrombo­embolien und Tod assoziiert. Gluco­corticoide führen ebenfalls zu einem verbesserten Appetit, sind aber mit unerwünschten Wirkungen behaftet. Was tun? Die appetitsteigernde Wirkung von Olanzapin ist aus der Therapie einer Anorexia nervosa bekannt und wird mit antagonistischen Wirkungen des Neuroleptikums an Dop­amin- und Serotonin-Rezeptoren erklärt. Von dieser Beobachtung ausgehend wurde eine supportive Gabe von Olanzapin bei Tumorpatienten untersucht, die eine Chemotherapie erhalten sollten.

Appetit wird unter Olanzapin vermutlich durch Wirkung an Serotonin- und ­Dopamin-Rezeptoren stimuliert.

Niedrig dosierte Gabe

An der doppelblinden, placebokontrollierten Studie nahmen 124 erwachsene Patienten teil, die aufgrund einer lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Tumorerkrankung des Magens, der Leber, Bauchspeicheldrüse, Gallenblase, Gallenwege oder der Lunge eine Chemotherapie erhalten sollten. Die Verumgruppe erhielt zwölf Wochen lang 2,5 mg Olanzapin (ein Viertel der Dosierung bei psychiatrischen Indikationen) begleitend zur Chemotherapie, die Vergleichsgruppe ein Placebo. Alle Patienten hatten dieselben Diätempfehlungen bekommen. Der primäre Studienendpunkt umfasste u. a. den Anteil der Patienten mit einer Gewichtszunahme von mehr als 5% und die über standardisierte Fragebögen ermittelte Zunahme des Appetits. In sekundären Endpunkten wurden der Ernährungs­status, die Lebensqualität und die Chemotherapie-assoziierte Toxizität festgehalten.

Zunahme des Gewichts, Abnahme der Toxizität

Die Daten von 112 Patienten konnten ausgewertet werden (Olanzapin: n = 58; Placebo: n = 54). Der appetitsteigernde Effekt von Olanzapin zeigte sich eindrücklich: So nahmen mehr Patienten der Verumgruppe über 5% an Gewicht zu als Patienten der Placebogruppe (60% vs. 9%; p < 0,001), und eine Verbesserung des Appetits wurde bei 43% der Probanden unter Olanzapin und nur bei 13% unter Placebo festgestellt (p < 0,001). Weitere Pluspunkte für Olanzapin waren eine verbesserte Lebensqualität, ein besserer Ernährungszustand und weniger Chemotherapie-assoziierte Toxizitäten (≥ Grad-3-Komplikationen bei 12% unter Olanzapin vs. 37% unter Placebo (p = 0,002). Olanzapin wurde allgemein gut vertragen, was vermutlich der geringen Dosierung geschuldet ist.

Aufgrund dieser Ergebnisse sehen die Autoren in Olanzapin ein wirksames, sicheres und kostengünstiges Add-on zur Prävention einer Chemotherapie-assoziierten Anorexie. In ergänzenden Studien sollte dieses Vorgehen weiter verfolgt werden. |

Literatur

Sandhya L et al. Randomized Double-Blind Placebo-Controlled Study of Olanzapine for Chemotherapy-Related Anorexia in Patients With Locally Advanced or Metastatic Gastric, Hepatopancreaticobiliary, and Lung Cancer. J Clin Oncol 2023:JCO2201997, doi: 10.1200/JCO.22.01997

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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