Qualitätssicherung

Welche Gefahr in schimmligen Blüten steckt

Mikrobiologische Qualität von Cannabis-Blüten gewährleisten

Von Markus Veit | In letzter Zeit kommt es in Apotheken vermehrt zu Reklamationen wegen verschimmelter Cannabis-Blüten. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass Bakterien und Pilze in inhalierten Aerosolen vorkommen, aber Pilzsporen können ein Risiko für Patienten darstellen. Daher stellt sich die Frage, welche Anforderungen an die mikrobiologische Qualität von Cannabis-Blüten gestellt werden und wie sie in der Apotheke gewährleistet werden kann. Derzeit wird in einem Entwurf der Monographie für Cannabis-Blüten im Europäischen Arzneibuch diskutiert, welche Anforderungen an die mikrobiologische Qualität gestellt werden sollten.

Die europäischen Monographien zu medizinischen Cannabis-Blüten enthalten keine spezifischen Anforderungen an deren mikrobiologische Qualität. Das gilt auch für den zwischenzeitlich vorliegenden Entwurf einer Monographie für das Europäische Arzneibuch

[Pharmeuropa 34.4]. In der Dänischen Monographie [1] ist ausgeführt, dass je nach Verabreichungsweg die Vorgaben der Ph.-Eur.-Kapitel 5.1.4 oder 5.1.8 erfüllt sein müssen (s. Tab.).

Tab.: Anforderungen zur mikrobiologischen Qualität, die das Europäische Arzneibuch stellt. KBE: Koloniebildende Einheiten
mikrobiologische Reinheit
Ph. Eur.
Plantae medicinales
Ph. Eur. 5.1.4
Ph. Eur.
Plantae medicinales
Ph. Eur. 5.1.8 Kat. B (oral)
Ph. Eur.
Plantae medicinales
Ph. Eur. 5.1.8 Kat. A (oral)
Vorschlag des Autors
Anwendung durch Inhalation
mit Hygiene-Maßnahmen
mit keimreduzierenden Maßnahmen
(Dekokt)
Verabreichung mittels Verdampfung
Gesamtzahl aerober Mikroorganismen (TAMC)
≤ 102 KBE/g
≤ 104 KBE/g
≤ 107 KBE/g
≤ 104 KBE/g
Gesamtzahl an Hefen und Schimmelpilzen (TYMC)
≤ 101 KBE/g
≤ 102 KBE/g
≤ 105 KBE/g
≤ 101 KBE/g falls keine Spezifikation für die Abwesenheit von Aspergillus spp. erfolgt
Staphylococcus aureus
Abwesenheit (1 g)
Pseudomonas aeruginosa
Abwesenheit (1 g)
Gallensalze-tolerier­ende, gramnegative Bakterien
Abwesenheit (1 g)
≤ 102 KBE/g
≤ 102 KBE/g
Escherichia coli
Abwesenheit (1 g)
≤ 103 KBE/g
Abwesenheit (1 g)
Salmonellen
Abwesenheit (1 g)
Abwesenheit (25 g)
Abwesenheit (1 g)
Aspergillus spp.
Abwesenheit

Aus Cannabis-Blüten, die in der Apotheke zur oralen Anwendung abgegeben werden, wird ein Dekokt hergestellt. Durch diese Behandlung wird die Keimzahl reduziert und es ist möglich, die mikrobiologische Qualität solcher Blüten basierend auf der Kategorie A des Kapitels 5.1.8 der Ph. Eur. zu spezifizieren. Die mikrobiologischen Grenzwerte dieser Kategorie können ohne Probleme mit angemessenen Hygienemaßnahmen bei einer Kultivierung im Gewächshaus und einer sachgerechten Trocknung eingehalten werden. Die Anforderungen des Kapitels 5.1.8. gelten allerdings nur für oral anzuwendende pflanzliche Arzneimittel. Cannabis-Blüten werden jedoch häufiger zur Verdampfung verordnet als oral verabreicht. Auch das Verdampfen ist mit einer gewissen Keimzahlreduktion verbunden: neuere Daten zeigen jedoch, dass diese ungenügend ist. Durch das Erhitzen unter Standardverdampfungsparametern von 70 Sekunden bei 190 °C wird die vorhandene mikrobielle Belastung möglicherweise nur bedingt reduziert, einschließlich etwaiger opportunistischer Krankheitserreger [2]. Bei der Identifizierung der kultivierten Organismen durch DNA-Sequenzanalysen wurden in verschiedenen Proben von Cannabis-Blüten mehrere Pilz- und Bakterientaxa nachgewiesen, die mit opportunistischen Infektionen oder allergischen Reaktionen in Verbindung gebracht werden können, darunter Enterobacteriaceae, Staphylococcus, Pseudomonas und auch Aspergillus. In dieser Arbeit wurde jedoch nur der Einfluss des Verdampfungsvorgangs auf die Keimbelastung der in den Verdampfer eingebrachten Cannabis-Blüten untersucht. Daten, inwieweit diese Keime dann auch in den inhalierten Aerosolen enthalten sind, liegen nicht vor. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Bakterien und Pilze in den inhalierten Aerosolen vorkommen, da diese einerseits an der Pflanzenoberfläche adhäriert sind und andererseits nicht an sich „flüchtig“ sind, sondern höchstens mitgerissen werden können. Für Pilzsporen ist das anders. Deshalb besteht insbesondere für Sporen von Aspergillus-Arten ein Risiko für Patienten. Die Inhalation von Cannabis, das mit Aspergillus spp. kontaminiert ist, kann zu Aspergillosen führen und damit schwerwiegende Auswirkungen haben, insbesondere bei immungeschwächten Patienten [3]. Problematisch ist, dass Schimmelnester meist im Inneren der Blütenstände bestehen und diese nicht in der Apotheke sondern erst beim Patienten erkannt werden. Möglicherweise fällt bei einigen Kultivaren ein Schimmelbefall nicht auf, weil dieser durch die zahlreichen Drüsenhaare an und in den Blütenständen maskiert wird.

Foto: Markus Veit

Verschimmelte Cannabis-Blüten Sporen in inhalierten Aerosolen können gefährlich für immungeschwächte Patienten werden. Viele keimreduzierende Verfahren beeinflussen aber die Qualität und Stabilität der Cannabis-Blüten.

Mikrobiologische Qualität gewährleisten ohne die Inhaltsstoffe zu zerstören

Behördlicherseits wird in der Regel verlangt, die Anforderungen der Kategorie „Anwendung durch Inhalation (spezielle Anforderungen für flüssige Zubereitungen zur Vernebelung)“ gemäß Ph.-Eur.-Kapitel 5.1.4 einzuhalten. Das sind die striktesten Anforderungen, die es – neben den steril zu verabreichenden Parenteralia – für Arzneimittel gibt, weil die von dieser Kategorie abgebildeten Arzneimittel bzw. Verabreichungswege auf zerstäubten Flüssigkeiten bzw. mikronisierten Pulvern beruhen. Durch deren direkten Eintrag in die Atemwege und die Lunge ist eine solche Verabreichung mit einem hohen Risiko verbunden.

Ein gleiches Risiko besteht beim Verdampfen von Cannabis-Blüten nicht, da nicht diese direkt in die Lunge gelangen, sondern die durch das Verdampfen gebildeten Aerosole. Deshalb erscheinen für diese Anwendung die Anforderungen überzogen, die im Kapitel 5.1.4. definiert werden. Das gilt nicht nur für die Anforderungen an die Koloniebildenden Einheiten, sondern auch für die dort spezifizierten Keime Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa. Letztere stellen nach den zwischenzeitlich vorliegenden Chargendaten bei Cannabis-Blüten kein Risiko dar. Das gilt im Übrigen auch für Escherichia coli und Salmonellen [4].

Diese Anforderungen für inhalativ zu verabreichende Arzneimittel können bei der Gewinnung der Cannabis-Blüten meist nur durch eine Keimreduktion mittels Behandlung mit ionisierenden Strahlen eingehalten werden. Nach § 7 Arzneimittelgesetz (AMG) sowie § 1 der Verordnung über radioaktive oder mit ionisierenden Strahlen behandelte Arzneimittel (AMRadV) sind in Deutschland Cannabis-Blüten, die mit ionisierenden Strahlen behandelt wurden, nur mit einer entsprechenden Zulassung verkehrsfähig. Mit einer Bestrahlung ist ein hoher administrativer Aufwand verbunden und man nimmt das Risiko in Kauf, dass es durch die Bestrahlung der Blüten zu Veränderungen kommen kann, die das Nutzen-Risiko-Verhältnis negativ beeinflussen. In einem Vielstoffgemisch wie Cannabis kann unmöglich ausgeschlossen werden, dass Radiolyseprodukte Wirksamkeit und/oder Unbedenklichkeit beeinflussen und es ist nicht möglich zu beurteilen, ob die im Rahmen einer Zulassung zu generierenden Daten tatsächlich repräsentativ sind.

In zunehmendem Maße werden von Importeuren in Deutschland auch andere keimreduzierende Verfahren eingesetzt, die jedoch nicht in jedem Fall für Cannabis-Blüten geeignet sind. Zumindest ist es für solche Verfahren erforderlich, den Einfluss auf die Qualität und Stabilität der Cannabis-Blüten qualitativ zu erfassen. So kann die Dekontamination mit Sattdampf zu einer Zerstörung der Drüsenhaare führen und damit der Akkumulationsstrukturen für die Cannabinoide: Diese sind dem Luftsauerstoff ausgesetzt, was den oxidativen Abbau der Cannabinoide begünstigt. Gleichzeitig ergibt sich durch eine solche Behandlung auch ein Risiko der Veränderung von sensorischen Eigenschaften unmittelbar und während der Lagerung, da es zum Verlust von flüchtigen Terpenen kommt. Das gilt insbesondere für Verfahren, die unter Vakuum arbeiten. Es besteht auch ein erhebliches Risiko, dass – zumindest bei bestimmten Kultivaren mit sehr kompakten Blütenständen –, der Dampf nicht in den inneren Teil der Blütenstände gelangt und dass gerade dort Keime persistieren. Fatal ist das im Falle von Sporen humanpathogener Pilze wie Aspergillus spp., da so Schimmelpilznester im inneren der Blütenstände entstehen, die – wenn überhaupt – meist erst vom Patienten entdeckt werden. Teil der Qualifizierung solcher Verfahren sollte daher eine (kultivarspezifische) Validierung mit Bioindikatoren sein.

In der Monographie „Pharmazeutische Zubereitungen“ des Europäischen Arzneibuchs ist ausgeführt: „Während der Herstellung/Zubereitung nicht steriler pharmazeutischer Zubereitungen werden geeignete Maßnahmen getroffen, um die mikrobiologische Qualität der Zubereitung zu gewährleisten.“ Empfehlungen dazu werden in den Allgemeinen Texten 5.1.4 „Mikrobiologische Qualität von nicht sterilen pharmazeutischen Zubereitungen und von Substanzen zur pharmazeutischen Verwendung“ und 5.1.8 „Mikrobiologische Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln zum Einnehmen und von Extrakten zu deren Herstellung“ gegeben. Damit sind es keinesfalls verbindliche Vorgaben, sondern Empfehlungen. Im Kapitel 5.1.4 wird zudem ausgeführt:

„Zusätzlich zu den in Tab. 5.1.4-1 aufgelisteten Mikroorganismen wird die Anwesenheit weiterer nachgewiesener Mikroorganismen nach folgenden Gesichtspunkten beurteilt:

  • Verwendung des Produkts: das Risiko ändert sich je nach Applikationsort (Auge, Nase, Respirationstrakt)
  • Art des Produkts: kann es mikrobielles Wachstum fördern? Hat es angemessene antimikrobielle Eigenschaften?
  • Art der Verabreichung: vorgesehene Empfängergruppe? Neugeborene, Kleinkinder und Geschwächte haben ein besonderes Risiko
  • Anwendung von Immunsuppressiva, Corticosteroiden
  • Vorliegen von Krankheiten, Wunden, Organschäden“

Falls begründet, findet unter Abwägung des Risikos eine Bewertung der Faktoren statt. Diese Bewertung muss von Personal durchgeführt werden, das über eine entsprechende Qualifikation für mikrobiologische Analytik und die Auswertung mikrobiologischer Daten verfügt.

Hersteller und abgebende Apotheke in der Pflicht

Es ist also die Aufgabe des Herstellers bzw. Inverkehrbringers, eine angemessene Spezifikation für Cannabis-Blüten zu setzen, die gegebenenfalls keine Bestrahlung der Blüten erfordert. Insbesondere sollte das Risiko einer Kontamination mit Aspergillus spp. in die Betrachtung einbezogen werden. Auch wenn es im vorliegenden Entwurf einer Monographie nicht vorgesehen ist, bleibt zu hoffen, dass mit der finalen Fassung der Monographie für Cannabis-Blüten im Europäischen Arzneibuch auch die Anforderungen an die mikrobiologische Qualität angemessen definiert werden. Bis dahin obliegt es der Verantwortung der abgebenden Apotheke, dass Patienten Blüten mit angemessener Qualität erhalten. Dabei erscheint eine Spezifikation entsprechend Kategorie B des Kapitels 5.1.8 der Ph. Eur. angemessen. Das gilt insbesondere in Ermangelung spezifischer Anforderungen an pflanzliche Drogen zum Verdampfen. Abgebende Apotheken sollten ihre Lieferanten auffordern, die Gesamtzahl an Hefen und Schimmelpilzen (TYMC) auf ≤ 101 Koloniebildenden Einheiten (KBE)/g zu begrenzen, was den Anforderungen des Kapitels 5.1.5 für inhalativ verabreichte Arzneimittel entspricht, oder auf die Abwesenheit von Aspergillus spp. zu prüfen. Dabei sollten die vier humanpathogenen Arten Aspergillus niger, A. flavus, A. fumigatus und A. terreus erfasst werden. Allerdings gibt es dafür noch kein offiziell anerkanntes oder in einem Arzneibuch enthaltenes Prüfverfahren, weshalb für die Gesamtzahl an Hefen und Schimmelpilzen gegebenenfalls strengere Kriterien angelegt werden sollten – zumindest bei Verabreichung an lungenkranke und/oder immunkompromittierte Patienten. Seit Kurzem ist ein validierter pPCR-basierter Assay der Association of Official Agricultural Chemists (AOAC) erhältlich [5].

Durch geeignete Maßnahmen sollte beim Anbau, der Verarbeitung und Lagerung sowie durch die Auswahl geeigneter Packmaterialien und Transportbedingungen die mikrobiologische Qualität optimiert werden. Das entspricht auch den Vorgaben des „Reflection paper on microbiological aspects of herbal medicinal products and traditional herbal medicinal products“ (EMA/HMPC/95714/2013) [6]. In diesem wird ausgeführt: „Die Minimierung der Kontamination mit Mikroorganismen und mikrobiellen Toxinen sollte idealerweise durch die Überwachung und Begrenzung sowohl der Primär- als auch der Sekundärkontamination sichergestellt werden, das heißt durch Vorbeugung und nicht durch den Einsatz von Dekontaminationsmethoden“.

Cannabis – 6 Jahre „danach“: ein Update

Seit dem Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes am 10. März 2017 gehören Cannabisblüten und -extrakte sowie Dronabinol in vielen Apotheken zum Alltag. Manches hat sich mittlerweile eingespielt, in anderen Fragen besteht nach wie vor große Unsicherheit: Unter welchen Bedingungen können CBD-Produkte in Apotheken abgegeben werden? Dürfen Vaporisatoren ohne CE-Kennzeichen verwendet werden? Welche Ausgangsstoffe können mithilfe von Schnelltests geprüft werden und welche nicht? Wie werden Cannabis-Produkte richtig taxiert und wann können Herstellsets abgerechnet werden? Diese und viele weitere spannende Fragen rund um Cannabis werden in diesem Vortrag behandelt, damit Sie trotz der dynamischen Entwicklung dieses komplexen Themas up to date bleiben.

Dr. Andreas Ziegler: „Cannabis – 6 Jahre ,danach‘: ein Update“, 6. Mai 2023 auf der Interpharm in Göttingen.

Informationen und Tickets unter www.interpharm.de

Danach sind Hygienemaßnahmen beim Anbau eine wesentliche Maßnahme. Doch es kann bezweifelt werden, ob bei einer Kultur im Gewächshaus oder gar im Freiland die Risiken mikrobiologischer Kontaminationen angemessen kontrolliert werden können. Das gilt zumindest für inhalativ verabreichte Cannabis-Blüten. Bei der Gewinnung von medizinischen Cannabis-Blüten stellt in diesem Kontext sicher die Trocknung einen sehr kritischen Herstellschritt dar. Das gewählte Trocknungsverfahren, die Bedingungen der Trocknung und der Restwassergehalt bzw. die Wasseraktivität der getrockneten Blüten haben einen wesentlichen Einfluss auf mikrobiologische Sekundärkontaminationen und Keimwachstum auf den getrockneten Drogen und damit auch auf die mögliche (sekundäre) Kontamination mit Mykotoxinen. Es erscheint daher in jedem Fall sachgerecht, die Grenze zwischen Good Agricultural and Collection Practice (GACP) und Good Manufacturing Practice (GMP) vor der Trocknung zu etablieren.

Da die Cannabis-Blüten nicht homogenisiert werden (können), kann keine für die gesamte Charge repräsentative Probe gewonnen werden. Die Untersuchung einzelner Proben auf Keimbelastung ist daher möglicherweise nicht für die gesamte Charge repräsentativ. Daher sind vorbeugende Maßnahmen entscheidend, um das Kontaminationsrisiko zu mindern. Aus diesem Grund sollte die Trocknung unter GMP-Bedingungen und unter strengen Qualitätssicherungsmaßnahmen durchgeführt werden. Die Art und Durchführung der Trocknung hat auch erhebliche Auswirkungen auf die (Stabilität der) akkumulierten Cannabinoide und Terpenoide und die Integrität der Akkumulationsstrukturen. Praktiken, die versuchen, diese Anforderungen zu umgehen, sind nicht nur unangemessen, sondern illegal und stellen ein Risiko für die Patienten dar. Dies gilt insbesondere für die um sich greifende Praxis, nicht unter GMP sachgerecht getrocknete Ware zu transportieren und/oder zu importieren und lediglich den letzten Schritt des Trocknungsprozesses in Europa unter GMP-Regeln durchzuführen. Die Cannabis-Blüten werden dabei vermutlich als pflanzliches Ausgangsmaterial und nicht als GMP-Ware

importiert. Es ist anzunehmen, dass die importierten Blüten dabei von Erzeugern in Drittländern stammen, die nicht GMP-zertifiziert sind und vom Importeur gegebenenfalls auch nicht hinsichtlich der Einhaltung von GACP-Vorgaben überwacht werden. Zumindest die GMP-Zertifizierung lässt sich überprüfen, da für den Anbauer ein Eintrag in der EUDRAGMP-Datenbank der EMA vorhanden sein muss. Diesen Eintrag findet man nicht, wenn die Blüten aus einem Drittland stammen, das nicht zu den sogenannten MRA-Staaten zählt, für die die Herstellung pflanzlicher Wirkstoffe und Arzneimittel Teil des Abkommens mit der EU zur gegenseitigen Anerkennung von GMP-Standards ist. Das gilt zurzeit nur für Neuseeland, Australien und die Schweiz. In Kanada unterliegt die Gewinnung von medizinischem Cannabis nicht der GMP-Überwachung.

Was können Apotheken tun?

Alle Lieferanten sollten dahingehend qualifiziert werden, dass sie nur Cannabis-Blüten liefern, die aus GACP- bzw. GMP-konformen Lieferketten stammen. Eine solche Qualifizierung könnte dadurch erreicht werden, dass man für die Erzeuger in den Drittländern die entsprechenden GMP-Zertifikate und GACP-Erklärungen zur Verfügung stellt. Seriöse Lieferanten sollten diese Dokumente zukünftig als Download auf ihrer Homepage verfügbar machen. Apotheken sollten ihre Lieferanten nach der Anwendung von Dekontaminationsverfahren und deren Qualifizierung und Validierung fragen. Auf den Zertifikaten sollten solche Verfahren ausgewiesen sein. Die Freigabe darf grundsätzlich erst nach solchen Behandlungen erfolgen.

  • Es sollten von Lieferanten sortenspezifische Stabilitäts­daten zur Verfügung gestellt werden (gegebenenfalls auch als Download), die auch Daten zur Anbruchstabilität von Gebinden in der Apotheke enthalten. Besonderes Augenmerk sollte man hier auf die mikrobiologischen Qualitätsattribute legen. Außerdem ist wichtig, dass diese Daten im Falle einer keimvermindernden Behandlung auch mit derart behandelten Mustern erhalten wurden.
  • Die mikrobiologischen Qualitätsattribute sollten nach den im vorstehenden Text erläuterten Gesichtspunkten bewertet werden. Bei Abgabe an lungenkranke und/oder immunsupprimierte Patienten sollte auf niedrige Werte für Hefen und Schimmelpilze geachtet oder eine Prüfung auf pathogene Aspergillus spp. erwogen werden.
  • Ware mit auffälligen mikrobiologischen Prüfbefunden sollte abgelehnt werden. |

Literatur

[1] Danish Medicines Agency. Dansk monografi – Cannabisblomst: Danske Lægemiddelstandarder 2020.3, København 2020

[2] Sopovski DS, Han J, Stevens-Riley M, Wang Q et al. Investigation of microorganisms in cannabis after heating in a commercial vaporizer. Frontiers in Cellular and Infection Microbiology 2023;12

[3] Szyper-Kravitz M, Lang R, Manor Y, Lahav M. Early invasive pulmonary aspergillosis in a leukemia patient linked to Aspergillus contaminated marijuana smoking. Leuk Lymphoma 2002;42:1433–1437

[4] McPartland JM, McKernan KJ. Contaminants of Concern in Cannabis: Microbes, Heavy Metals and Pesticides. In: Chandra S, Lata H, ElSohly M (eds). Cannabis sativa L. – Botany and Biotechnology. Springer 2017

[5] Katchman BA, Tomchaney M, Rueda A, Stice S, Hogan M. PathogenDx DetectX Combined Demonstrates Equivalent Performance in Comparison to Four AOAC Certified Methods for the Detection of Aspergillus Species, Salmonella Species, and STEC in Dried Hemp Flower. J AOAC Int 2023, doi: 10.1093/jaoacint/qsad027, online ahead of print

[6] Reflection paper on microbiological aspects of herbal medicinal products and traditional herbal medicinal products. Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 4. Juni 2015, EMA/HMPC/95714/2013

Autor

Prof. Dr. Markus Veit, Fachapotheker für Pharmazeutische Analytik und Mitglied im Ausschuss Pharmazeutische Chemie des Arzneibuchs beim BfArM, Geschäftsführer in Dienstleistungs­unternehmen für die Pharmazeutische Industrie mit den Schwerpunkten Arzneimittelentwicklung, -prüfung und -zulassung, zurzeit Geschäftsführer der Alphatopics GmbH

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