Die Seite 3

Wagnis Gedisa

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Da schritten 16 Apothekerverbände voran und ausgerechnet in Westfalen-Lippe, der Heimat von ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, zeigt man sich noch skeptisch. Die standeseigene Digitalgesellschaft Gedisa erlebt derzeit einen turbulenten Start, weil in Westfalen-Lippe plötzlich Fragen gestellt werden, die man aus dem Rest der Republik bisher nicht vernahm.

Von den Verantwortlichen des Deutschen Apothekerverbands (DAV) wollten die Verbandsmitglieder beispielsweise einen ausführlichen Businessplan und den finalen Gesellschaftervertrag vorgelegt bekommen. Doch diese Unterlagen blieb der DAV bis zur außerordentlichen Mitgliederversammlung in der vorletzten Woche schuldig. Bei der Abstimmung über den Beitritt zu Gedisa fand sich dann keine Mehrheit und somit schert Westfalen-Lippe aus der Reihe der anderen Landesapothekerverbände aus. Endgültig? Wahrscheinlich nicht, denn ­inzwischen sind Einige offenbar eher unglücklicher mit dieser Situation als mit ­einem möglichen „Ja“ für Gedisa.

Dass von den rund 1300 stimmberechtigten Apothekeninhaberinnen und -inhabern überhaupt nur ein Bruchteil an der virtuellen Sitzung teilnahm und 40 Mitglieder mit Ja und 40 mit Nein votierten, ist ohnehin unglaublich. Gedisa soll die Weiterentwicklung des Verbändeportals übernehmen und etwa 35 Millionen Euro in drei Jahren kosten, von denen Westfalen-Lippe rund 2 Millionen Euro beisteuern müsste. Gründe genug, sich als Verbandsmitglied mit dem Für und Wider dieser Investition auseinanderzusetzen und an einer so wichtigen Meinungsbildung teilzunehmen. Die Einwände und Erwartungen sind ja völlig berechtigt. Trotz aller standespolitischen Gründe für Gedisa müssen die Verantwortlichen offenlegen, was sie konkret mit dem Geld der Apotheken vorhaben und welche Perspektive sie den Verbandsmitgliedern eröffnen wollen. Plattformen, Portale und andere digitale Services werden von immer mehr Unternehmen angeboten. Dass man schon heute weiß, welches morgen die Branchenlösung sein wird, gleicht dabei dem Blick in die Glaskugel.

Gedisa steht somit im Wettbewerb und ­allein das Label „standeseigen“ darf nicht ­dafür herhalten, von den Apotheken jegliche Investitionen ohne Wenn und Aber einzufordern. „Man muss sich bewusst machen, dass Plattforminitiativen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht erfolgreich sein können“, sagt beispielsweise Herbert Lang, Vorstandsvorsitzender der Sanacorp, im Interview auf S. 16. Am Ende sei es vielleicht eine von zehn, die durchstarten würde. Und so engagiert sich die Großhandelsgenossenschaft inzwischen nicht nur bei pro AvO/gesund.de, sondern auch im „Zukunftspakt Apotheke“, initiiert von Wettbewerber Noweda.

Lässt sich diese Strategie auch auf Apotheken beziehen? Teilweise ja. Denn auch sie müssen in ihre digitale Zukunft investieren. Doch zu viel Wagnis können und dürfen sie sich nicht leisten. Betriebskosten von Plattformen und Portalen müssen sich zeitnah amortisieren. Im Fall von Gedisa und dem Verbändeportal ist dies über die Ausstellung der Zertifikate bereits geschehen. Doch ein Freifahrtschein für die Zukunft ist das keinesfalls. Gedisa muss liefern und den Apotheken mit ihren Kunden Angebote schaffen, die sich rentieren. Ansonsten könnte sich die Digitalgesellschaft zu einem Millionengrab entwickeln – standeseigen, versteht sich.

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