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Diagnostik

Digitale Blutdruckkontrolle

Hintergrundwissen zu neuen Methoden ohne Manschette

Viele Menschen empfinden die herkömmliche Methode der Blutdruckbestimmung per Manschette vor allem bei der Langzeit-Messung als umständlich und störend. Zunehmend werden jedoch Systeme angeboten, die ohne Manschette auskommen und dennoch genaue Messwerte liefern sollen. Welche Methoden gibt es hier bereits und welche sind in der Entwicklung? Wie funktionieren diese Messungen und wie zuverlässig sind die Ergebnisse tatsächlich? Dies sind nur einige Fragen, mit denen Sie in Ihrer Apotheke konfrontiert sein können. | Von Stefan Oetzel

Bluthochdruck verursacht zunächst meist keine Beschwerden, kann aber auf Dauer zu schweren Schädigungen an lebenswichtigen Organen wie Herz und Blutgefäßen, Gehirn, Nieren und Augen führen. Mögliche Folgen sind z. B. Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, Nierenschwäche oder Einbußen des Sehvermögens. Knapp die Hälfte aller Todesfälle in Deutschland lässt sich auf kardiovaskuläre Erkrankungen zurückführen, wobei Hypertonie in den meisten Fällen als einer der wichtigsten Risikofaktoren daran beteiligt ist [1]. Wird ein zu hoher Blutdruck rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt, können solche Folgeerkrankungen vermieden oder zumindest hinausgezögert werden. Eine regelmäßige Messung des Blutdrucks ist daher sowohl für die frühzeitige Diagnose einer Hypertonie als auch gegebenenfalls für die Beurteilung des Krankheitsverlaufs von großer Bedeutung. Dabei werden in der Regel zwei Werte ermittelt [2]:

  • der systolische Druck (oberer Messwert), der dem Maximaldruck während der Anspannungs- und Auswurfphase der linken Herzkammer entspricht.
  • der diastolische Druck (unterer Messwert), der den Minimaldruck während der Entspannungs- und Erweiterungsphase des Herzmuskels widerspiegelt.

In Tabelle 1 ist die Klassifizierung des Blutdrucks gemäß den europäischen Leitlinien dargestellt. Darüber hinaus kann eine Hypertonie auch dann diagnostiziert werden, wenn eine Langzeitbestimmung des Blutdrucks über 24 Stunden folgende Mittelwerte ergibt:

  • tagsüber ≥ 135 mmHg (systolischer Blutdruck) und/oder ≥ 85 mmHg (diastolischer Blutdruck) oder
  • nachts ≥ 120 mmHg (systolischer Blutdruck) und/oder ≥ 70 mmHg (diastolischer Blutdruck) oder
  • über 24 Stunden ≥ 130 mmHg (systolischer Blutdruck) und/oder ≥ 80 mmHg (diastolischer Blutdruck)

Dabei ist das Messgerät so eingestellt, dass es den Blutdruck automatisch in Abständen von 15 bis 30 Minuten bestimmt, wobei eine valide Langzeitmessung mindestens 70% verwertbare Einzelmessungen erfordert [3].

Tab. 1: Klassifikation des Blutdrucks und Definition der Hypertonie-Grade. Die Blutdruck-Kategorie ist definiert auf Basis des klinischen Blutdrucks im Sitzen und durch den jeweils höchsten Blutdruckwert, sei er systolisch oder diastolisch. Die isolierte systolische Hypertonie wird in Grad 1, 2 oder 3 eingestuft, gemäß den systolischen Blutdruckwerten in den angegebenen Bereichen. Für alle Altersstufen ab 16 Jahren wird dieselbe Klassifikation genutzt (nach [3]).
Blutdruck-Kategorie
systolisch (mmHg)
diastolisch (mmHg)
optimal
< 120
und
< 80
normal
120 – 129
und/oder
80 – 84
hochnormal
130 – 139
und/oder
85 – 89
Hypertonie Grad 1
140 – 159
und/oder
90 – 99
Hypertonie Grad 2
160 – 179
und/oder
100 – 109
Hypertonie Grad 3
≥ 180
und/oder
≥ 110
isolierte systolische Hypertonie
≥ 140
und
< 90

Messgeräte mit Manschette

Auskultatorische Messung
Der Blutdruck wird in der ärztlichen Praxis in der Regel nach der Methode von Riva-Rocci und Korotkow mithilfe einer aufblasbaren Manschette auskultatorisch gemessen. Hierzu wird dem sitzenden Patienten, nach einer Ruhepause von drei bis fünf Minuten, die Manschette um den unbekleideten Oberarm etwa zwei Finger über der Armbeuge angelegt und aufgepumpt bis kein Blut mehr durch die Adern fließt. Dabei sollte sich die Manschette in Herzhöhe befinden. Anschließend wird der Druck langsam abgelassen. Wenn der Arzt mithilfe eines Stethoskops, das er an der Innenseite der Armbeuge anlegt, das erste Strömungs­geräusch (Korotkow-Geräusch) in Form eines Klopfens hört, dann ist der Manschettendruck ebenso hoch wie der systolische Blutdruck, liegt aber noch über dem diastolischen Blutdruck. Dieser Wert kann über ein Manometer bestimmt werden (oberer Messwert). Wenn (nahezu) keine Strömungsgeräusche mehr hörbar sind, entspricht der Manschettendruck dem diastolischen Blutdruck im Gefäß, der dann als unterer Messwert ebenfalls manometrisch bestimmt wird (siehe Abb. 1) [2].

Abb. 1: Blutdruckmessung nach Riva-Rocciund Korotkow mittels auskultatorischer Bestimmung der Korotkow-Geräusche (nach [26])

Oszillometrische Messung
Die Patienten können ihren Blutdruck auch selbst zu Hause mithilfe eines automatischen Blutdruckmessgerätes bestimmen, das mit einer Oberarm- oder Handgelenksmanschette ausgestattet ist. Die meisten dieser Geräte nutzen statt der auskultatorischen eine oszillometrische Messmethode. Dabei wird die Manschette, wie oben beschrieben, um den Oberarm bzw. das Handgelenk gelegt und automatisch aufgepumpt. Wird dann der Manschettendruck langsam wieder reduziert, entstehen Druckschwankungen im Blutfluss (Oszillationen), die vom Blutdruck abhängig sind. Diese werden über einen Sensor in der Manschette registriert und mittels Algorithmen in systolische bzw. diastolische Blutdruckwerte umgerechnet [4].

Smartwatches mit integrierter Manschette
Mittlerweile werden auch Smartwatches angeboten, deren Armband aufblasbar ist und somit als Blutdruckmanschette fungieren kann. Über entsprechende Sensoren lässt sich der Blutdruck dann wie bei einem herkömmlichen Messgerät oszillometrisch bestimmen [5]. Die Messergebnisse erscheinen direkt auf dem Display der Uhr bzw. können über eine entsprechende App auf dem Smartphone eingesehen werden. Bei der Blutdruckmessung mit diesen Smartwatches ist es – ebenso wie bei herkömmlichen Messgeräten – wichtig, dass die Manschette in Herzhöhe gehalten wird. Modelle mit integrierter Manschette sind beispielsweise BP Doctor Pro bzw. das Nachfolgemodell BP Doctor Med (YHE), BPW 300 (Medisana), Heartguide (Omron) und Watch D (Huawei). Die Messmethode ermöglicht eine relativ präzise Bestimmung des systolischen und diastolischen Blutdrucks [5, 6]. Die Smartwatch Heartguide der Firma Omron ist sogar klinisch validiert [7] und wurde von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA als medizinisches Gerät zugelassen.

Manschettenfreie Blutdruckmessung

Vor allem bei einer Langzeit-Messung des Blutdrucks können das regelmäßige Pumpgeräusch und der Manschettendruck den betroffenen Patienten stören, was unter Umständen auch die Messergebnisse beeinträchtigt. Mittlerweile werden jedoch manschettenfreie Messsysteme angeboten, die auf verschiedenen Messprinzipien basieren können.

Bestimmung der Puls-Transit-Zeit
Die Puls-Transit-Zeit (PTT) beschreibt die Zeit, die eine Pulswelle benötigt, um die Strecke zwischen zwei Punkten im Blutgefäß zurückzulegen. Hierzu wird die Zeitspanne bestimmt, die vergeht, bis sich die Pulswelle vom linken Ventrikel des Herzens (definiert durch die R-Zacke des EKGs) bis zur Fingerspitze oder zum Handgelenk bewegt hat. Dabei kann die „Ankunft“ der Pulswelle z. B. über einen Fingerclip gemessen werden, der mit einem Photoplethysmographie(PPG)-Sensor ausgestattet ist. Dieser misst mithilfe von Infra­rotlicht die Blutfüllung in den oberflächlichen Haut­venen und Kapillaren und detektiert so die ankommende Pulswelle (siehe Abb. 2). Da die Puls-Transit-Zeit mit dem Blutdruck korreliert, lässt sich mit ihrer Hilfe der Blutdruck über einen Algorithmus bestimmen. Die Puls-Transit-Zeit hängt jedoch noch von weiteren patientenindividuellen Faktoren wie z. B. der Gefäßsteifigkeit ab. Daher ist vor der ersten Messung eine Kalibrierung des Gerätes mithilfe einer herkömmlichen Blutdruckmanschette erforderlich, um möglichst exakte Werte zu erhalten. Diese Kalibrierung muss dann gegebenenfalls in regelmäßigen Abständen wiederholt werden [8, 9].

Abb. 2: Manschettenfreie Blutdruckmessung über die Bestimmung der Puls-Transit-Zeit am Beispiel von Somnotouch™ NIBP (nach [9])


Pulswellenanalyse
Dieses Messprinzip nutzt ebenfalls die Photoplethysmo­graphie (PPG). Adaptierte optische PPG-Sensoren erfassen die Pulswelle und setzen diese in ein optisches Signal um. Auf Basis des Pulswellenverlaufs lassen sich dann mithilfe eines speziellen Algorithmus die Blutdruckwerte errechnen (siehe Abb. 3). Hier ist – wie bei der Bestimmung über die Puls-Transit-Zeit – vor der Messung eine Kalibrierung mit einem Manschetten-basierten Blutdruckmessgerät erforderlich [10].

Abb. 3: Prinzip der Blutdruckbestimmung per Pulswellenanalyse am Beispiel des Aktiia-Armbandes (nach [16]). Über einen Photoplethysmographie(PPG)-Sensor lässt sich die Pulswelle erfassen. Die Messung wird in ein optisches Signal umgesetzt. Die Form der Pulswelle enthält Informationen, aus denen sich mithilfe eines Algorithmus der Blutdruck abschätzen lässt. Die systolischen und diastolischen Werte können kontinuierlich ermittelt werden.


Volume-Clamp-Methode nach Peñáz
Auch dieses Verfahren nutzt die Photoplethysmographie, um den Blutfluss im Finger durch Infrarot-Lichtsensoren zu erfassen. Gleichzeitig ist ein pneumatisch gesteuertes Druckpolster um den Finger aufgebaut, das automatisch kontinuierlich so angepasst wird, dass die Blutpulsation „neutralisiert“ wird und der Blutfluss somit konstant bleibt. In diesem Fall entspricht der von außen angelegte Druck dem arteriellen Blutdruck. Daraus kann dann der systolische und diastolische arterielle Blutdruck mittels spezifischer Algorithmen errechnet werden (siehe Abb. 4) [11, 12].

Abb. 4: Prinzip der Blutdruckbestimmung nach der Volume-Clamp-Methode am Beispiel des CNAP® Monitors. Der Blutfluss im Finger wird durch Infrarot-Lichtsensoren erfasst. Durch Aufblasen oder Entleeren der integrierten Druckkammern wird Druck auf die Arterie ausgeübt, um die Blutpulsation zu „neutralisieren“ und den Blutfluss konstant zu halten. Dieser „Gegendruck“, der hierzu notwendig ist, entspricht dem realen arteriellen Druck. Mehrere digitale Rückkopplungsschleifen in Kombination mit einem spezifischen Algorithmus für eine genaue Signalverarbeitung ermöglichen die exakte Steuerung des Drucksystems und damit die Bestimmung des systolischen/diastolischen Blutdrucks (nach [12]).

Messgeräte ohne Manschette

Ambulante Langzeit-Blutdruckmessgeräte
Mit dem ambulanten Langzeit-Blutdruckmessgerät Somnotouch™ NIBP lässt sich der systolische und diastolische Blutdruck kontinuierlich über die Puls-Transit-Zeit bestimmen. Neben dem Langzeitblutdruck kann das Gerät auch das Langzeit-Elektrokardiogramm(-EKG), die Sauerstoffsättigung des Blutes, die motorische Aktivität und die Puls­wellengeschwindigkeit als Maß für die Gefäßsteifigkeit ermitteln [13]. Eine Studie an 13 Kindern verglich die Blutdruckmessung mit Somnotouch™ NIBP mit der eines Manschetten-basierten Standardmessgeräts (Omron 907) [14]. Dabei konnte gezeigt werden, dass Somnotouch™ NIBP im Mittel einen höheren systolischen und diastolischen Blutdruck anzeigte als das Referenzgerät (127,48 ± 15,98 mmHg vs. 123,47 ± 14,91 mmHg; p < 0,001 bzw. 68,52 ± 12,36 mmHg vs. 66,88 ± 11,86 mmHg; p < 0,001). Ein p-Wert < 0,001 bedeutet, dass sich die mit beiden Messgeräten bestimmten Blutdruckwerte bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 0,1% tatsächlich voneinander unterscheiden, d. h., es wurden statistisch gesehen signifikant unterschiedliche Werte gemessen. Allerdings wurde eine signifikante Korrelation zwischen beiden Methoden sowohl beim systolischen als auch diastolischen Blutdruck festgestellt (Korrelationskoeffizient r = 0,85; p < 0,001 bzw. r = 0,64; p < 0,01). Erkannte also das Standardmessgerät einen stark erhöhten Blutdruck, dann konnte der auch durch Somnotouch™ NIBP dementsprechend detektiert werden. Das Gerät ist gemäß dem internationalen Protokoll der European Society of Hypertension 2010 validiert [15].

Smartwatches
Zunehmend kommen Smartwatches bzw. Fitness-Tracker auf den Markt, die neben ihren anderen Funktionen auch den Blutdruck bestimmen können. Die Blutdruckmessung erfolgt dabei in der Regel ebenfalls über die Analyse der Puls-Transit-Zeit (mit Ausnahme der Blutdruckuhren, in deren Armband eine Messmanschette integriert ist, siehe Abschnitt Messgeräte mit Manschette). Dazu sind auf der Rückseite der Uhr EKG-Elektroden sowie optisch-elektrische Photoplethysmographie-Sensoren inklusive grüner LEDs integriert, mit denen sich der Blutfluss messen lässt. Eine Blutdruckmessung ist auf diese Weise unter anderem bei den Smartwatches Galaxy Watch 3 und 4 sowie Active 2 (Samsung), Vivowatch BP bzw. HC-A04 (Asus) und der Fitness-Uhr SW-450 (Newgen Medicals) möglich [4–6].

Blutdruckarmband
Das Blutdruckarmband von Aktiia arbeitet nach dem Prinzip der Pulswellenanalyse und ermöglicht so kontinuierlich eine manschettenlose optische Überwachung des Blutdrucks [16]. Die Messdaten werden vom Armband auf ein Smartphone übertragen und lassen sich dann über eine entsprechende App anzeigen. In einer Studie mit 86 Probanden konnte gezeigt werden, dass das Armband über einen Monat den systolischen Blutdruck mit einer Genauigkeit von 0,46 ± 7,75 mmHg und den diastolischen Blutdruck mit einer Genauigkeit von 0,39 ± 6,86 mmHg ermittelt im Vergleich zur auskultatorischen Messung mit einem Manschetten-Blutdruckgerät [17]. Die Standardabweichungen, die jeweils für die Differenzbeträge zwischen beiden Messmethoden errechnet wurden, betrugen im Mittel 3,9 mmHg für den systolischen Blutdruck und 3,6 mmHg für den diastolischen Blutdruck. Damit erfüllte die Gesamtgenauigkeit des Aktiia-Armbandes die Validierungskriterien 1 und 2 der Norm ISO 81060-2. Das Aktiia-Armband ist gemäß der Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745 als Medizinprodukt der Klasse IIa mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet [16].

Stationäre Blutdruckmonitore
Die Geräte Cnap® Monitor 500, und Task Force® Monitor der Firma CNSystems Medizintechnik GmbH aus Österreich arbeiten nach der Volume-Clamp-Methode und wurden für die nichtinvasive Messung und kontinuierliche Überwachung des Blutdrucks und anderer hämodynamischer Parameter entwickelt. Die Werte werden über einen Doppelfinger­sensor alternierend an zwei Fingern im Rhythmus von 30 oder 60 Minuten abgeleitet. Die Monitore kommen in vielen klinischen Bereichen zum Einsatz, z. B. in der Anästhesie, intermediären Pflege, Notfallmedizin und Elektrophysiologie. Finapres® Nova von der niederländischen Firma Finapres Medical Systems B.V. ist ebenfalls ein hämodynamisches Monitoring-System, das nach der Volume-Clamp-Methode arbeitet [18, 19].

Tabelle 2 gibt einen Überblick zu allen genannten Blutdruckmessmethoden mit Beispielen verschiedener Messgeräte.

Tab. 2: Methoden der Blutdruckmessung im Überblick (nach [4–19]). EKG: Elektrokardiogramm
Messgerät
Messprinzip
Charakteristika, Einsatz
Manschetten-basierte Geräte
Blutdruckmessgeräte mit Oberarmmanschette, Manometer und Stethoskop
z. B. Boso Clinicus II (Boso) & Stethoskop
  • auskultatorische Methode nach Riva-Rocci und Korotkoff
  • nichtinvasive Messung des Blutdrucks
  • Einsatz meist im ambulanten Bereich/Klinik
digitale Blutdruckmessgeräte mit Oberarm- oder Handgelenksmanschette
z. B. SC 8100 (Scala)
  • automatisierte, oszillometrische Messung
  • nichtinvasive Messung des Blutdrucks bzw. Langzeitblutdrucks
  • Einsatz im ambulanten Bereich/Klinik und im privaten Bereich
Smartwatches mit integrierter Manschette
z. B. BP Doctor Pro/Me (YHE), Heartguide (Omron), Watch D (Huawei), BPW 300 (Medisana)
  • oszillometrische Bestimmung der Blutdruckwerte
  • nichtinvasive Messung von Blutdruck und anderen Vitalparametern
  • Einsatz im Privatbereich
Manschettenlose Geräte
Somnotouch™ NIBP (Somnomedics)
  • Bestimmung der Puls-Transit-Zeit (PTT)
  • Errechnen der Blutdruckwerte per Algorithmus
  • kontinuierliche, nichtinvasive Messung von Blutdruck, EKG, Sauerstoffsättigung, motorischer Aktivität, Pulswellengeschwindigkeit
  • Kalibrierung durch integrierte Manschette
  • Einsatz im ambulanten Bereich
Smartwatches
z. B. Galaxy Watch 3, 4, Active 2 (Samsung), ­Vivowatch BP (Asus), Fitness-Uhr SW-450 ­(Newgen Medicals)
  • Bestimmung der Puls-Transit-Zeit (PTT)
  • Errechnen der Blutdruckwerte per Algorithmus
  • nichtinvasive Messung von Blutdruck und anderen Vitalparametern
  • Kalibrierung erforderlich/empfohlen
  • Einsatz im Privatbereich
Aktiia-Armband
  • Pulswellenanalyse
  • Errechnen der Blutdruckwerte per Algorithmus
  • automatische, stündliche nichtinvasive Messung des Blutdrucks und Speicherung der Daten auf einem Cloud-Server
  • Kalibrierung per mitgelieferter Manschette erforderlich
  • Einsatz im Privatbereich
Stationäre Blutdruckmonitore
z. B CNAP® Monitor 500, Task Force® (CNSystems) Monitor, Finapres® NOVA (Finapres Medical ­Systems)
  • Volume-Clamp-Methode
  • kontinuierliche nichtinvasive Messung des Blutdrucks und anderer hämodynamischer Parameter
  • Kalibrierung durch integrierte Manschette
  • Einsatz in Kliniken

Neue Messmethoden in der Entwicklung

Derzeit wird in einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt, an dem die Deutsche Hochdruckliga und der Hörgerätehersteller Kind als assoziierte Partner beteiligt sind, ein neues Verfahren zur manschettenlosen Bestimmung des Blutdrucks entwickelt. Die Messung soll dabei kontinuierlich über einen Sensor erfolgen, der in einem Hörgerät oder einem In-Ear-Kopfhörer integriert ist. Das Messprinzip beruht darauf, dass im äußeren Gehörgang die Wandgefäße durch einen kleinen Schlauch, der zum Implantat gehört, komprimiert werden. In Kombination mit einer Pulswellenanalyse kann das Gerät dann die absolute Blutdruckhöhe bestimmen. Die von dem Gerät ermittelten Werte lassen sich über eine App auf dem Smartphone ablesen und archivieren. „Im Vergleich zur Blutdrucküber­wachung mit einer Smartwatch, die den Blutdruck anhand von Pulswellen oder Änderungen der Blutfülle von Hautarealen mehr oder weniger abschätzt und nur relative Blutdruckänderungen misst, handelt es sich bei dem neuen System um eine medizinisch genaue kontinuierliche Messung in Echtzeit mit absoluten Blutdruckwerten“, betonte Dr. Siegfried Eckert im Rahmen des 45. Kongresses der Deutschen Hochdruckliga 2021, der das Projekt seitens der Gesellschaft betreut. Das System soll binnen der nächsten zwei Jahre Produktreife erlangen [20, 21].

Ein weiterer Ansatz zur manschettenlosen Blutdrucküberwachung, der aktuell erforscht wird, basiert auf der Gesichtserkennung per Smartphone [22]. Hierzu wird das Gesicht einer Person mithilfe eines zweiminütigen Videos erfasst. Anschließend können über ein neues Bildgebungsverfahren namens Transdermal Optical Imaging Veränderungen im Blutfluss erkannt werden. Dies ist möglich, weil Umgebungslicht in die äußere Hautschicht eindringt und die digitalen optischen Sensoren im Smartphone somit ein Blutflussmuster erfassen und extrahieren können. Über die bildgebende Software wird dieses Muster dann in Blutdruckwerte umgewandelt. In einer Studie wurde das Verfahren an 1328 gesunden Probanden untersucht und mit einem klassischen Manschetten-Messgerät als Referenz verglichen [23]. Dabei konnten der systolische Blutdruck des Referenzmessgeräts mit einer Genauigkeit von fast 95%, der diastolische Blutdruck und der Puls mit einer Genauigkeit von beinahe 96% vorhergesagt werden. Damit erfüllt die Messung per Gesichtserkennung nach Aussage der Forscher die internationalen Standards für Geräte zur Blutdruckmessung. Ob dieses Verfahren auch zu Hause unter weniger kontrollierten Bedingungen und wechselnden Lichtverhältnissen, bei Menschen mit extrem dunkler oder heller Hautfarbe bzw. bei Patienten mit Bluthochdruck ebenso gut funktioniert, muss noch geklärt werden.

Wie genau sind die verschiedenen ­Messgeräte?

Wie zuverlässig die Messwerte von Blutdruckgeräten mit und ohne Manschette in der Praxis sind, wurde in einer Untersuchung exemplarisch ermittelt [24]. Dabei wurden jeweils der Mittelwert, die Standardabweichung, das Minimum und Maximum sowie der Korrelationskoeffizient des systolischen und diastolischen Blutdrucks bestimmt. Verglichen wurden das oszillometrische Oberarmmessgerät SBM 21 (Sanitas), das oszillometrische Handgelenkmessgerät SC 8100 (Scala), das mittlerweile nicht mehr erhältliche Puls-Blutdruckmessgerät Freescan™ (Maisense) und die Smartwatch HC-A04 (Asus) mit dem auskultatorischen Oberarmessgerät BS 90 (Boso), das als Referenz diente. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 dargestellt. Gemäß dem Fazit des Autors ist die oszillometrische Oberarm-Messung mit Manschette in der Praxis – nach der auskultatorischen Messung – die zweitbeste nicht-invasive Methode mit geringfügigen Abweichungen zum Referenzwert und einer hohen Korrelation. Die oszillometrische Messung am Handgelenk ist wegen des hydrostatischen Drucks und teilweise zu schwachen Messsignals deutlich unzuverlässiger. Die beiden manschettenlosen Geräte zeigten starke Abweichungen vor allem im Hinblick auf die Korrelation. Eine Ursache hierfür ist vermutlich die Tatsache, dass die systolischen und diastolischen Blutdruckwerte nicht direkt gemessen werden, sondern per Algorithmus anhand der Puls-Transit-Zeit errechnet werden müssen.

Tab. 3: Genauigkeit verschiedener Blutdruckmessgeräte im Vergleich zur auskultatorischen Oberarmmessung (nach [24])SYS: Systole, DIA: Diastole
BS 90auskultatorisch
SBM 21 oszillometrisch,Oberarm
SC 8100 oszillometrisch,Handgelenk
FreescanPuls-Transit-Zeit
HC-A04Puls-Transit-Zeit
SYS
DIA
SYS
DIA
SYS
DIA
SYS
DIA
SYS
DIA
Mittelwert
119,00
66,25
114,00
70,38
122,25
70,00
116,38
71,00
134,88
77,00
Std. Abw.
6,23
1,98
6,05
4,53
12,37
5,29
3,62
1,20
4,79
4,99
Minimum
112
64
105
64
112
66
111
69
128
69
Maximum
128
70
123
79
140
82
121
72
144
85
Korrelation
1,0000
1,0000
0,9019
0,6876
0,4260
0,2724
0,6136
-0,1206
-0,4446
-0,0578

Diese Ergebnisse sind sicherlich differenziert zu betrachten, zumal zwischen den einzelnen angebotenen Blutdruckmessgeräten bzw. Smartwatches nicht nur Unterschiede hinsichtlich der Messmethodik, sondern auch im Hinblick auf die eingesetzten Algorithmen sowie die Fertigungsqualität bestehen. So liefern validierte und als Medizinprodukte zugelassene Produkte vermutlich meist genauere Messwerte als günstigere, unzertifizierte Geräte [4]. Die Deutsche Hochdruckliga prüft auf Antrag der Gerätehersteller Blutdruckmessgeräte durch unabhängige Institute und verleiht ein Prüfsiegel für deren Messgenauigkeit [25]. Eine Liste der zertifizierten Blutdruckmessgeräte mit Prüfsiegel bietet die Gesellschaft als PDF-Datei. Sie gelangen direkt zu dem Dokument, wenn Sie den Webcode H5EL2 auf DAZ.online unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de eingeben. |

Auf einen Blick

  • Bluthochdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für eine Reihe von zum Teil tödlich verlaufender Erkrankungen. Eine regelmäßige Messung ist daher für die frühzeitige Diagnose bzw. die Beurteilung des Krankheitsverlaufs von großer Bedeutung.
  • Die auskultatorische Blutdruckmessung nach Riva-Rocci und Korotkow mittels Oberarmmanschette, Manometer und Stethoskop ist nach wie vor die nicht invasive Standardmethode.
  • Automatische Blutdruckmessgeräte mit einer Manschette für Oberarm oder Handgelenk bestimmen den Blutdruck meist über die oszillometrische Methode. Nach demselben Prinzip funktionieren auch einige, kürzlich auf dem Markt erschienene Smartwatches, bei denen eine Manschette im Armband integriert ist.
  • Vor allem bei einer Langzeitmessung über 24 Stunden sind Pumpgeräusche und Manschettendruck oft störend. Manschettenfreie Blutdruckmessgeräte können hier Abhilfe schaffen.
  • Der Blutdruck lässt sich manschettenfrei über die Bestimmung der Puls-Transit-Zeit (PTT) oder über eine Pulswellenanalyse mittels Algorithmus errechnen. Ein weiteres Verfahren ist die Volume-Clamp-Methode nach Peñáz.
  • Nach dem Prinzip der PTT arbeiten z. B. das ambulante Langzeit-Blutdruckmessgerät Somnotouch™ NIBP sowie einige Smartwatches. Das Blutdruckarmband von Aktiia ermittelt die Blutdruckwerte über eine Pulswellenanalyse. Einige stationäre Blutdruckmonitore für die klinische Anwendung arbeiten nach der Volume-Clamp-Methode.
  • Derzeit befindet sich eine neue Methode für die kontinuierliche Blutdruckmessung im Ohr in der Entwicklungsphase. Es gibt auch einen Ansatz, den Blutdruck über die Gesichtserkennung per Smartphone zu bestimmen.
  • Die Messgenauigkeit der einzelnen Geräte muss differenziert betrachtet werden. Generell scheinen jedoch die Systeme mit Oberarmmanschette in der Praxis Vorteile gegenüber z. B. den manschettenlosen Smartwatches zu besitzen.

Literatur

 [1] Delius W. Was ist Bluthochdruck? Information des Bundesverbandes Deutscher Internistinnen und Internisten e. V. Stand August 2017 www.internisten-im-netz.de/krankheiten/bluthochdruck/was-ist-bluthochdruck.html

 [2] Blutdruckmessung. Information des Bundesverbandes Deutscher Internistinnen und Internisten e. V. www.internisten-im-netz.de/untersuchungen/blutdruckmessung.html

 [3] Williams B, Mancia G, Spiering W et al. 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension: The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Society of Hypertension (ESH). Eur Heart J 2018;39:3021–3104

 [4] Croci S. Blutdruckgeräte und Technisches. Information von BlutdruckDaten. Stand Juni 2021 www.blutdruckdaten.de/lexikon/blutdruckgeraete-und-technisches.html

 [5] Geisler C. Die besten Smartwatches mit Blutdruckmessung im Test [2021]. Testbericht von Ideal Watches. www.idealwatch.de/smartwatches/smartwatches-mit-blutdruckmessung/

 [6] Die besten Smartwatches mit EKG und Blutdruckmessung. Testbericht von SportuhrenGuru. sportuhrenguru.net/smartwatch-ekg-blutdruckmessung/#wie-genau-messen-smartwatches-den-blutdruck

 [7] Kuwabara M, Harada K, Hishiki Y, Kario K. Validation of two watch-type wearable blood pressure monitors according to the ANSI/AAMI/ISO81060-2:2013 guidelines: Omron HEM-6410T-ZM and HEM-6410T-ZL. J Clin Hypertens 2019;21:853–858.

 [8] Pandit JA, Lores E, Batlle D. Cuffless Blood Pressure Monitoring: Promises and Challenges. Clin J Am Soc Nephrol 2020;15:1531–1538.

 [9] PTT-Validierungen. Information der Somnomedics GmbH. Stand 2019 somnomedics.de/wp-content/uploads/2020/02/Broschüre_PTT-Validierung_4-Seiten_DE_Rev_0_2020_01_web.pdf

[10] Sola J, Bertschi M, Krauss J. Measuring Pressure: Introducing oBPM, the Optical Revolution for Blood Pressure Monitoring. IEEE Pulse 2018;9:31–33.

[11] Glos M, Grote L. Kontinuierliche nichtinvasive Blutdruckmessung. www.springermedizin.de/emedpedia/enzyklopaedie-der-schlafmedizin/kontinuierliche-nichtinvasive-blutdruckmessung?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-54672-3_260

[12] CNAP® Blutdruck: Der Brückenschlag zwischen intermittierendem NBP und kontinuierlicher invasiver Blutdruckmessung Herstellerinformation der CNSystems Medizintechnik GmbH www.cnsystems.com/de/technologie/cnap-blutdruck/

[13] SomnotouchTM NIBP: Kontinuierliche Langzeit Blutdruckbestimmung ohne Manschette. Produktinformation der Somnomedics GmbH. somnomedics.de/de/produkte/kardiologie/24h-blutdruck-24h-ekg/somnotouch-nibp/

[14] Zachwieja J, Neyman-Bartkowiak A, Rabiega A et al. Comparison of cuff-based and cuffless continuous blood pressure measurements in children and adolescents. Clin Exp Hypertens 2020;42:512–518.

[15] Bilo G, Zorzi C, Ochoa Munera JE et al. Validation of the Somnotouch-NIBP noninvasive continuous blood pressure monitor according to the European Society of Hypertension International Protocol revision 2010. Blood Press Monit 2015;20:291–294.

[16] Aktiia: Blutdrucküberwachung leicht gemacht – 24-Stunden- rund um die Uhr. Produktinformation der Aktiia SA aktiia.com/de/

[17] Vybornova A, Polychronopoulou E, Wurzner-Ghajarzadeh A, et al. Blood pressure from the optical Aktiia Bracelet: a 1-month validation study using an extended ISO81060-2 protocol adapted for a cuffless wrist device. Blood Press Monit 2021;26:305–311.

[18] Für uns zählt jeder Herzschlag: Nicht-invasive Hämodynamik aus einem Fingersensor. Herstellerinformation der CNSystems Medizintechnik GmbH www.cnsystems.com/de/

[19] Finapres® NOVA. Herstellerinformation von Finapres Medical Systems. www.finapres.com/finapres-nova-hardware-software/?categories=hardware

[20] Albers B. Die Zukunft der Blutdruckmessung: Kontinuierlich. In Echtzeit. In-Ear. Pressemitteilung der Deutschen Hochdruckliga November 2021 www.hochdruckliga.de/fileadmin/downloads/presse/pressemappen/Pressemappe-DHL-WK-2021.zip

[21] Meißner T. Bald Blutdruck messen im Ohr? Beitrag der ÄrzteZeitung. November 2021; www.aerztezeitung.de/Medizin/Bald-Blutdruck-messen-im-Ohr-424824.html?utm_term=2021-11-26&utm_source=2021-11-26-AEZ_NL_NEWSLETTER&utm_medium=email&tid=TIDP1085160X7C92850759444E5B82DB902BF79BD0C1YI4&utm_campaign=AEZ_NL_NEWSLETTER&utm_content=Ihr%20Ärzte%20Zeitung-Newsletter%20vom%20%5brundate

[22] Schmidt J. Smartphone statt Manschette: Blutdruck messen durch Gesichtserkennung. Nachricht der Springer Medizin Verlag GmbH. August 2019; www.kardiologie.org/hypertonie/praevention---rehabilitation/smartphone-statt-manschette--blutdruck-messen-durch-gesichtserkennung/17042348

[23] Luo H, Yang D, Barszczyk A et al. Smartphone-Based Blood Pressure Measurement Using Transdermal Optical Imaging Technology. Circ Cardiovasc Imaging 2019;12:e008857

[24] Burger H. Die nicht-invasive Blutdruckmessung: Eine Messung der besonderen Art – Messmethoden Vergleich und Kalibrierung von Messgeräten für Out-of-Office-Selbstmessung // Non-invasive BP Estimation: a Peculiar Kind of Measurement. Austrian J Hypertens 2021;25:31–37.

[25] Zuverlässige Blutdruckmessgeräte finden. Information der Deutschen Hochdruckliga 2022. www.hochdruckliga.de/betroffene/blutdruckmessgeraete

[26] Blutdruckmessung. Information des Gefäßzentrums Bremen am Rotes Kreuz Krankenhaus. gefaesszentrum-bremen.de/lexikon/blutdruckmessung

Autor

Stefan Oetzel hat Biologie (Diplom) an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken sowie an der Eberhard Karls Universität in Tübingen studiert. Im Anschluss absolvierte er eine Weiterbildung zum Fachzeitschriftenredakteur beim Ernst Klett Verlag in Stuttgart. Seit 1998 arbeitet er als freiberuflicher Medizinjournalist.

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