- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 51/2022
- Dem Juckreiz ein Ende ...
Therapien im Gespräch
Dem Juckreiz ein Ende bereiten
Chronischen Pruritus ursachenorientiert behandeln
Hält Juckreiz über sechs Wochen an, spricht man von chronischem Pruritus. Es handelt sich dabei um ein Leitsymptom, das bei vielen Erkrankungen auftreten kann. Einteilen lässt sich der chronische Pruritus je nach klinischem Bild und Anamnese in drei Kategorien:
- Pruritus auf primär läsionaler Haut, welcher durch dermatologische Erkrankungen, z. B. atopische Dermatitis oder Urtikaria, hervorgerufen wird.
- Pruritus auf primär nichtläsionaler Haut, welcher durch internistische, neurologische oder psychische Erkrankungen, z. B. Diabetes mellitus, Post-Zoster-Neuralgie oder Depression, ausgelöst wird. Auch Juckempfinden durch Medikamente wird hierzu gezählt.
- chronische Kratzläsionen mit Exkoriationen, chronischer Prurigo oder Lichen simplex.
Der Leidensdruck der Patienten ist hoch und die Lebensqualität kann stark eingeschränkt sein. Gerade auch ein nächtlicher Juckreiz kann enorm belastend sein und in der Folge unter anderem zu Müdigkeit, Angstzuständen und Depressionen führen, wie Dr. Ines Winterhagen in der DAZ 34, S. 36, erläutert. Daher sollte im Gespräch mit dem Patienten auch auf psychische Auswirkungen geachtet werden.
Auslöser finden
Da die Ursachen eines Pruritus so vielfältig sein können, kann auch keine allgemeine Therapieempfehlung gegeben werden. Nach der Leitlinie soll symptom- und ursachenorientiert behandelt werden. Das bedeutet, dass nach Möglichkeit auslösende Erkrankungen therapiert und Auslöser wie Allergene oder Arzneimittel gemieden werden sollen. Erosive Kratzläsionen können mit topischen Antiseptika oder topischen Steroiden behandelt werden. In der Leitlinie werden drei Stufen der Therapie beschrieben:
- 1. Stufe: allgemeine Therapiemaßnahmen. Hierzu zählen eine rückfettende, hydratisierende Basispflege (mit Glycerin, Harnstoff oder Milchsäure), Triggerfaktoren zu vermeiden sowie nicht sedierende, systemische H1-Antihistaminika.
- 2. Stufe: symptomatische, ursächlich angepasste Therapie. Zur Therapie eines hepatischen Pruritus kann z. B. Colestyramin eingesetzt werden, bei neuropathischem Pruritus z. B. Pregabalin.
- 3. Stufe: bei unklarer Ursache oder Therapierefraktärität. Hierbei soll die Induktion und Weitervermittlung des Pruritussignals unterbrochen werden. Es kommen symptomatische topische und/oder systemische Therapien, z. B. mit Antidepressiva, zum Einsatz (meist off-label).
Basismaßnahmen empfehlen
Patienten kann allgemein zur Symptomlinderung empfohlen werden, die Haut mit milden Waschsyndets zu reinigen, sie nach Wasserkontakt nur vorsichtig trocken zu tupfen und weiche, luftige Baumwollkleidung zu tragen. Eine rückfettende, hydratisierende Basispflege sollte auch dann angewendet werden, wenn keine Beschwerden bestehen.
Topisch und / oder systemisch
In ihrem Beitrag geht Winterhagen auch auf topische und systemische Therapieoptionen ein. So werden topische Lokalanästhetika wie Polidocanol oder Mentholderivate gegen Juckreiz von Leitlinienexperten empfohlen. Darüber hinaus gibt es auch Rezepturen des Neuen Rezeptur-Formulariums (NRF) für spezielle Anwendungen, z. B. bei lokalisiertem Pruritus.
Bei der systemischen Therapie werden Antihistaminika nicht mehr ausdrücklich bei chronischem Juckreiz empfohlen. Bei der Urtikaria sind sie aber nach wie vor Mittel der ersten Wahl.
Je nach Ursache kommen in der systemischen Therapie z. B. auch Gabapentin, Pregabalin oder Naltrexon infrage. Im Jahr 2022 neu zugelassen wurde der κ-Opioid-Rezeptor-Agonist Difelikefalin (Kapruvia®) zur Behandlung von moderatem bis starkem Juckreiz bei dialysepflichtigen Patienten. |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.