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Filialapotheke

Stellschrauben für den Erfolg

Möglichkeiten und Grenzen für die Filialleitung

Filialleiter einer Apotheke sind Angestellte, aber sie können durchaus unternehmerische Aufgaben wahrnehmen. In dieser Zwischenstellung können sie mehr als das sonstige Team zum Erfolg oder Misserfolg der Filiale beitragen. Doch mit welchen Entscheidungen kann eine Filialleitung den Erfolg einer Filiale beeinflussen? Die Antwort auf diese Frage ist so vielfältig wie die Filialen selbst. | Von Thomas Müller-Bohn

Zuallererst hängen die Möglichkeiten der Filialleitung davon ab, welche Zuständigkeiten die Inhaber der Filialleitung gewähren. Manche Inhaber delegieren sehr viele Entscheidungen, im Extremfall bis zur Personalverantwortung einschließlich Einstellungen und Kündigungen. Solche umfassenden Befugnisse gibt es eher in Vierer-Verbünden großer Apotheken, bei denen besondere Aufgaben wie Spezial- oder Heimversorgung hinzukommen. In so großen Unternehmen mit mehr als hundert Beschäftigten an mehreren Standorten kann es sinnvoll sein, unternehmerische Verantwortung auf eine zweite Managementebene abzugeben, die näher am jeweiligen Geschehen ist. Doch das sind bei Apotheken nur Ausnahmen. Die weitaus meisten Verbünde bestehen aus zwei Apotheken. Dann stellen sich viele Fragen größerer Unternehmen gar nicht. Daher soll es hier vorrangig um die Möglichkeiten gehen, die auch in einem Zweierverbund bestehen.

Einsatzplanung für das Personal

Die wirtschaftlich relevanten Entscheidungen in der laufenden Arbeit einer Filialleitung betreffen insbesondere die Personaleinsatzplanung, das Bestellverhalten und die innerbetriebliche Organisation von Abläufen ohne Bezug zu den anderen Apotheken des Verbunds.

Das Personal zeitlich ­angemessen einzusetzen, hat große wirtschaftliche Bedeutung. Denn dabei geht es um den richtigen Umgang mit der teuersten, knappsten und für den Erfolg wichtigsten Ressource des Unternehmens. Zugleich ist dabei das Wissen über die Besonderheiten der Arbeit am Standort bedeutsam. Die Kundenfrequenz zu verschiedenen Zeiten lässt sich mithilfe der IT ermitteln, aber für die Einsatzplanung müssen auch die Arbeitsabläufe berücksichtigt werden. Hinzu kommen die Belange des Teams und der einzelnen Teammitglieder. Solche Entscheidungen sollten in einer Filiale und nicht am grünen Tisch der Hauptapo­theke getroffen werden. Das Ergebnis ist eine grundlegende Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit der Apotheke.

Bestellwesen und Warensortiment

Als weitere Voraussetzung folgen die abzugebenden Arzneimittel und sonstigen Waren. Denn ohne diese ist keine Versorgung möglich und eine Einzelbestellung ist nur eine aufwendige Notlösung, wenn sich der Patient überhaupt darauf einlässt. Darum kann die Filialleitung auch viel zum Apothekenerfolg beitragen, wenn sie für gute Liefer­fähigkeit sorgt. Das übernimmt vielfach die Apotheken-IT recht gut. Doch auch die beste Software ist vom Menschen abhängig. Auch Kundenwünsche und Verordnungen, bei denen der Patient keine Bestellung wünscht, müssen konsequent erfasst werden. Außerdem müssen angemessene Parameter für die Optimierung mithilfe der Software eingegeben werden. Bei weniger leistungsfähigen Programmen bleibt umso mehr Arbeit für die Menschen. Dazu gehört die Nutzung von Sonderkonditionen des Großhandels im Rahmen der vom Inhaber ausgehandelten Möglichkeiten. In jedem Fall ist Intuition für Sonderfälle wie den Notdienst und beim Aufbau neuer Teilsortimente gefragt, die an einem Standort besonderen Erfolg versprechen. Letzteres erfordert aufmerksames Zuhören bei den Kunden vor Ort. Dabei kann die Filialleitung viel erreichen. In diesen Zusammenhang gehört die Präsentation des Sortiments, also die Gestaltung und Bestückung der Frei- und Sichtwahl sowie der Schaufensterdekoration. Abhängig vom Marketingauftritt des Verbunds werden die Inhaber hierzu möglicherweise enge Vorgaben machen. Doch prinzipiell ist auch dies ein mögliches Betätigungsfeld für die Filialleitung mit erheblichen Erfolgschancen.

Innerbetriebliche Organisation

Ein weiteres wichtiges Thema für die Filialleitung ist die innerbetriebliche Organisation. Viel Spielraum bieten dabei Aufgaben, die so nur in dieser Filiale anfallen. Dabei kann das Filialteam das ganze Spektrum der organisatorischen Gestaltung ausschöpfen und kreative Lösungen suchen.

Bei Routineaufgaben, die in allen Apotheken vorkommen, steht die Filialleitung hingegen vor einer Gratwanderung. Es ist verlockend, neue organisatorische Details auszuprobieren. Wenn sie gut funktionieren, kann daraus eine Anregung für den ganzen Verbund entstehen. Doch zugleich muss die reibungslose Vertretungsfähigkeit innerhalb des Verbunds gewährleistet bleiben. Um Arbeitskräfte im Vertretungsfall ohne große Erklärungen zwischen den Verbundapotheken austauschen zu können, sollten die gleichen Aufgaben in allen Apotheken des Verbunds in gleicher Weise bearbeitet werden. Der Gestaltungsspielraum der Filialen sollte im Qualitätsmanagement-Handbuch geregelt sein. Änderungen an grundlegenden Prozessen sollten in einem gemeinsamen Verfahren für den Verbund vorgenommen werden. Dabei sollte festgelegt sein, wie weit die Filialen ihre Abläufe selbst gestalten können.

Ein organisatorischer Bereich, in dem die Zusammenarbeit mit anderen Filialen nicht gestört werden kann, ist die Auswertung von Daten aus der Apotheken-IT. Hier kann die Filialleitung alle Fantasie einsetzen, um aus den vor­handenen Daten neue Erkenntnisse und Ideen abzuleiten. Da keine Abstimmung mit dem restlichen Verbund erfolgen muss, ist dies ein ideales Feld für die Filialleitung.

Der wichtige weiche Teil: Kommunikation und Betriebsklima

Die innerbetriebliche Organisation leitet zum Informationsfluss über. Selbstverständlich muss dieser in einem Filialverbund gut organisiert sein. Doch zur internen Kommunikation gehören außer den unverzichtbaren Instrumenten aus dem Qualitätsmanagement-Handbuch immer auch zusätzliche weiche Faktoren. Die Filialleitung kann diese zwischenmenschlichen Faktoren bewusst einsetzen und sogar prägen. Das betrifft neben dem Informationsfluss das ganze riesige Feld des Betriebsklimas. Da die Filialleitung jeden Tag mit dem Team der Filiale arbeitet, kann sie eher als ein Inhaber, der sich als Leiter der Hauptapotheke primär um diese kümmert, für ein gutes Betriebsklima sorgen. Dies erfordert das Fingerspitzengefühl, mit allen Mitgliedern des Teams angemessen umzugehen, deutlich genug zu führen und zugleich genügend Freiräume zu lassen. Für den Erfolg der Apotheke kann dies sogar die wichtigste Leistung einer Filialleitung sein, weil das Betriebsklima dafür sorgen kann, dass die Mitarbeiter der Apotheke erhalten bleiben. Besonders in Zeiten der Personalknappheit ist das sehr bedeutsam.

Regularien beachten und überblicken

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Filial­leitung gemäß Apothekenbetriebsordnung einen Teil der apothekenrechtlichen Verantwortung für die Filiale trägt. Dass die Filialleitung diese Vorschriften und auch die diesbe­züglichen Regelungen im Qualitätsmanagement-Handbuch beachtet und alle erforderlichen Prüfungen und Dokumen­tationen durchführt oder organisiert, ist selbstverständlich. Doch auch dies bietet eine kreative Option. Denn der regulatorische Rahmen für den Apothekenbetrieb ist immer schwieriger zu überblicken. Neue Vorschriften und andere Anforderungen überhaupt zu erkennen und sie dann zu erfüllen, ist daher auch eine Aufgabe für die Filialleitung. Dies liegt schon wegen der apothekenrechtlichen Verantwortung im eigenen Interesse – und es dient dem Verbund, wenn die Filialleitung auf Neuerungen achtet, die den Inhabern möglicherweise entgehen. Angesichts der Vielzahl der Regelungen kann es nur hilfreich sein, dieses Thema gemeinsam zu verfolgen.

Damit dürften die wichtigsten Einflussmöglichkeiten der Filialleitung umrissen sein, soweit sie für alle Filialen gelten. Dabei ist zu bedenken, dass jede Chance, den Erfolg günstig zu beeinflussen, auch eine Gefahr darstellt, dass Entscheidungen zu Misserfolgen führen. Die Filialleitung trägt dafür zwar keine unternehmerische Haftung, sollte sich aber die betriebswirtschaftlichen Folgen bewusst machen, auch für die Arbeitsplätze aller Teammitglieder.

Viele Optionen im Einzelfall

Neben den erwähnten Entscheidungskompetenzen gibt es in allen Filialen weitere naheliegende Aufgaben für die Filialleitung, die die Inhaber entlasten, aber wohl nicht als Erfolgsfaktoren zu betrachten sind. Beispielsweise erscheint es praktisch, wenn die Filialleitung ein eigenes Budget für Kleinanschaffungen und Verbrauchsgüter hat, die im Alltag erforderlich sind – von der Blumendekoration bis zum neuen Bürostuhl. Um solche Kleinigkeiten soll es hier aber nicht weiter gehen.

Die weiteren Gelegenheiten hängen vom jeweiligen Verbund ab. Je unabhängiger die Apotheken des Verbunds voneinander sind, umso mehr Möglichkeiten gibt es. Wenn sich die Einzugsgebiete kaum oder gar nicht überlappen, können der Botendienst und einige Teilfunktionen des Marketings von der Filiale organisiert werden. Dann liegt es auch nahe, dass die Filialleitung den Kontakt zu den verordnenden Ärzten in der unmittelbaren Umgebung pflegt. Das wird sich ver­mutlich ohnehin aus dem Tagesgeschäft ergeben. Dies alles können Erfolgsfaktoren sein.

Zum Weiterlesen

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Um die Kommunikation auf Filial- und Verbundebene transparent zu gestalten, gibt es verschiedene digitale Tools, die speziell auf die Bedürfnisse von Apotheken und Apothekenverbünden zugeschnitten sind. Was sie leisten können, lesen Sie im Beitrag: Schiffter-Weinle M. „Das perfekte Zusammenspiel: Diese Tools vereinfachen die Arbeit im Filialverbund“ in der DAZ 2022, Nr. 21, S. 54.

Sonderfall: eigene Preise

Eine besondere Konstellation ergibt sich, wenn die Apotheken eines Verbunds unabhängig voneinander mit jeweils eigenem Marketingauftritt betrieben werden. Dann ist für das Publikum kein Zusammenhang zwischen den Apotheken erkennbar. In diesem Fall entfällt das entscheidende Argument, weshalb die Apotheken eines Verbunds einheitliche Verkaufspreise für alle Waren haben sollten. Denn damit soll vermieden werden, dass Kunden der einen Apotheke einen niedrigeren Preis aus der anderen Apotheke des Verbunds vorhalten können. Damit würden unangenehme Streitigkeiten drohen. Doch in einem äußerlich „unsicht­baren“ Verbund können die Apotheken ihre Preise eigenständig bilden. Ob das gewünscht ist oder als zu mühsam verworfen wird, bleibt die Entscheidung der Inhaber. Wenn die Preise in der Filiale gebildet werden, hat die Filialleitung damit ein weites Betätigungsfeld, das zu einem Erfolgs­faktor werden kann. Doch dies dürfte eine Ausnahme sein.

Sonderfall: Groß-Verbund

Ein anderer Sonderfall ergibt sich in großen Verbünden mit vielen Mitarbeitern, wie eingangs erwähnt wurde. Dann liegt es nahe, dass die Inhaber so viel Verantwortung wie möglich delegieren, um selbst genug Freiraum für die grundlegenden Entscheidungen zu haben und um dafür zu sorgen, dass die Entscheidungen nahe am Geschehen getroffen werden. Dies dürfte insbesondere zusätzliche Freiheiten im Bestellwesen und bei der Sortimentsgestaltung sowie die Personalverantwortung betreffen.

Fazit

Auch ohne weitreichende unternehmerische Freiheiten bleiben den Filialleitungen in Apotheken viele Möglich­keiten, um den Erfolg der Filiale erheblich zu beeinflussen und Impulse für den ganzen Verbund zu geben. Die Filialleitung hat damit nicht nur apothekenrechtlich, sondern auch betriebswirtschaftlich große Verantwortung. |

Autor

Dr. Thomas Müller-Bohn, Apotheker und Dipl.-Kaufmann, DAZ-Redakteur

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