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Was soll das?

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Erst kam Corona, dann folgten die Kürzungen. Aus Sicht der meisten Heilberufler und damit Leistungserbringer im GKV-System herrschen aktuell alles andere als rosige Zeiten. Den Apotheken hält die Politik beispielsweise vor, dass sie während der Pandemie durch Mehrarbeit auch Mehrumsätze getätigt hätten. Somit könne und müsse die Branche die beschlossenen mehr als 200 Millionen Euro Mindereinnahmen in den nächsten beiden Jahren doch irgendwie verkraften.

Das vom Bundestag verabschiedete und von den Ländern abgenickte GKV-Finanzstabilisierungsgesetz soll Löcher stopfen, doch in Wirklichkeit reißt es noch viel tiefere Schneisen in das Solidarsystem. Ungelöst bleiben Bürokratie, Personalmangel, Honorarkürzungen durch Retaxationen bzw. Regresse sowie die seit vielen Jahren unzu­reichende Vergütung. Unangetastet bleiben grundlegende Reformen der GKV und eine Perspektive darauf, wie die massiven Finanzprobleme lang­fristig gelöst werden können. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz dagegen ist ein radikaler Rundumschlag und es trifft viele Sparten und Professionen im System.

Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und andere Leistungserbringer haben zunehmend die Nase voll davon, gegängelt und für ihre Leistungen bestraft zu werden. Christian Thieme aus einer Chemnitzer Physiotherapiepraxis hat seinem Ärger nun Luft gemacht: Unter #druckaufGKV will er alle Heilberufler zusammenführen, die Proteste koordinieren und ihnen eine Stimme verleihen. Rund 6000 Unterstützerinnen und Unterstützer konnte Thieme innerhalb von drei Wochen gewinnen. Eine Apothekerin ist mit einem beeindruckenden Video-Clip bereits mit von der Partie. Sie hat einen Grönemeyer-Hit ausgewählt und auf die Situation der Apothekerschaft umgeschrieben: „Was soll das?“, fragt sie und prangert Präquali­fizierung, Rabattverträge, Kassen­abschlag und noch viele weitere Ärger­nisse aus dem Arbeitsalltag an (s. S. 14).

„Was soll das?“ Diese Frage bringt den ganzen Frust und die Wut über die unkreative Sparpolitik hervorragend auf den Punkt. Der Initiative #druckaufGKV und dem sehenswerten Video-Clip bleibt zu wünschen, dass sich möglichst viele Heilberufler der Protestbewegung anschließen und sich wehren. Die Zeit drängt. Nicht nur die Apothekenzahl schrumpft seit Langem, auch andere Gesundheitsleistungen gehen nach und nach verloren, weil Ärzte beispielsweise keine Nachfolge mehr finden. Physiotherapeut Thieme sieht alle nicht nur im selben Boot sitzen, sondern auf einem sinkenden Schiff. Mit dieser Einschätzung hat er absolut Recht und treffender lässt sich die Misere wohl nicht beschreiben.

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