Aus der Hochschule

Drug Lifecycle Control in Subsahara-Afrika

Von der Produktion über die Qualitätskontrolle und Logistik bis zur Entsorgung eines Arzneimittels

Im September organisierte Prof. Dr. Peter Imming vom Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit einem Kollegen der School of Pharmacy in Dar-es-Salaam, Tansania, sowie einer Kollegin vom Umweltforschungszentrum einen Workshop über „Drug Lifecycle Management in Subsaharan Africa“. Gut 30 überwiegend afrikanische Kollegen verschiedener Staaten aus Behörden, Industrie und Akademie wirkten mit. Der Workshop wurde von der VW-Stiftung gefördert.

Wer an Arzneimittel denkt, hat primär ihren therapeutischen Einsatz vor ­Augen. Der steht sicherlich im Zentrum, ist aber nur ein kleiner Teil des „Lebensweges“ (Lifecycle). Sie bzw. die Wirkstoffe müssen entwickelt, produziert und mit Hilfsstoffen formuliert werden und dabei den Maßgaben der Zulassungsbehörden genügen.

Nach der therapeutischen Verwendung hört der Lebenszyklus der Arznei aber nicht auf: Arzneistoff und Metabolite werden ausgeschieden, und in manchen Fällen haben sie Effekte auf die ­Umwelt – auf Mikroorganismen, Tiere und Menschen. Verfallene Arznei­mittel müssen daher sachgerecht entsorgt werden.

Foto: Dr. Lucie Moeller

Die Gruppe nach einem Praxisseminar im staatlichen Arzneimittel-Kontrolllabor Tansanias (TMDA) in Arusha.

Dieses ganzheitliche Bild des Arzneimittels mit Fokus auf Subsahara-Afrika stand im Mittelpunkt eines Workshops, der im ­September 2022 in ­Arusha (Tansania) stattfand. Er wurde von der Volks­wagen-Stiftung finanziell ermöglicht und führte mehr als 30 junge und ältere Fachleute zusammen, die in Universitäten, Behörden, Kontrolllabors, Krankenhausapotheken und in produzierenden Pharmafirmen arbeiten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammten ganz überwiegend aus Afrika: Äthiopien, ­Botsuana, Kenia, Nigeria, Ruanda und Tansania; ein kleinerer Teil kam aus Deutschland. Fünf Tage lang wurden folgende Themenkomplexe intensiv diskutiert: die Phasen der Herstellung pharmazeutischer Wirkstoffe und Hilfsstoffe, Arzneimittelproduktion, Qualitätskontrolle, Arzneimittelbeschaffung/-lagerung/-verteilung, die sichere Entsorgung abgelaufener ­Arzneimittel sowie die Abwasserbehandlung zur Entfernung von Arzneistoffen und Arzneistoffmetaboliten. Eine manche vielleicht über­raschende Einsicht des Workshops: Mindestens bei der Arzneistoff- und Arzneimittelherstellung stehen Subsahara-Afrika und Europa vor derselben Situation, auf Importe aus anderen Wirtschaftsräumen angewiesen zu sein und dies auch nur langfristig ändern zu können. All diese Länder stehen in den oben genannten Themen vor großen Heraus­forderungen, und daraus resultierend besteht ein großer zusätzlicher Forschungsbedarf, sowohl im Interesse der Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit von Arzneimitteln guter Qualität für therapeutische Zwecke als auch im Interesse der ­Umwelt und der Gesundheit von Mensch und Tier. Ein großer Teil des Workshops war Planungen ­gewidmet, welche Forschungsprojekte aus dem Teilnehmerkreis konkret angegangen werden können. Ein solches Projekt wird zum Beispiel die verbesserte Formulierung von Arzneimitteln beinhalten, die gegen Infektionskrankheiten in warmen Klimazonen eingesetzt werden. Ein anderes wird die Verbesserung der Logistik der Arzneimittellieferketten betreffen. Forschungs­bedarf gibt es auch aus der Umweltperspektive – es gibt Lücken im Monitoring von Arzneimittelrückständen in Gewässern auf dem afrikanischen Kontinent, um den Handlungsbedarf einzuschätzen.

Der Workshop beinhaltete nicht nur Fachvorträge und -planungen. In zwei Seminareinheiten wurde die Verwendung von Dünnschichtchromatografie, gepaart mit einer quantitativen Auswertung ­mittels Smartphone-App zur Bestimmung der Wirkstoffe in Arzneimitteln gezeigt – ein material- und kostensparendes Verfahren zur schnellen Qualitätskontrolle. Ein weiteres Seminar zeigte den Einsatz kleiner NIR-Spektrometer (Nahes ­Infrarot), um Wirkstoffe in Tabletten zu identifizieren. Beide Verfahren ergänzen das Global Pharma Health Fund (GPHF) Minilab, dessen ­Einsatz im zentralen Arzneimittelkontroll­labor Nord-Tansanias vor Ort gezeigt wurde. Solche recht einfachen Verfahren sind durchaus auch für bestimmte Aspekte einer zeit- und kostensparenden Qualitätsprüfung in Europa geeignet, was eine weitere Erkenntnis des Workshops war.

Der Workshop in Tansania stellt aus afrikanischer und europäischer Sicht zusammen, was zu tun ist. Seine Vorträge und Ergebnisse sind hier zu finden: www.ufz.de/med4africa.

Peter Imming, Lucie Moeller und Eliangiringa Kaale, Arusha (Tansania)

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