DAZ aktuell

Apotheken machen sich bereit zum Streik

Protestaktionen im Saarland, Hamburg, Schleswig-Holstein und Brandenburg geplant

ks | Am Mittwoch, dem 19. Oktober sind im Saarland, Schleswig-Holstein, Hamburg und Brandenburg, die Apotheken zum Streik aufgerufen. Ab 12 Uhr sollen sie ihre Türen schließen – und damit das Signal nach Berlin senden, dass die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz geplanten Kürzungen den Apotheken an die Substanz gehen. Die ABDA unterstützt die Protestaktion.

Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz befindet sich im Endspurt: Die abschließende Lesung im Bundestag wird bereits nächste Woche Donnerstag (20. Oktober) erwartet – bis dahin muss der Gesundheitsausschuss des Bundestages etwaige Änderungsanträge beschlussfähig zusammengetragen haben. Zu Redaktionsschluss dieser DAZ gab es auch schon erste Entwürfe für Änderungsanträge aus den Ampelfraktionen. Sie betreffen allerdings insbesondere das Pflegebudget und sehen zudem rechtsförmliche und rechtssystematische Anpassungen sowie sprachliche Präzisierungen vor. Anzeichen, dass die geplante Erhöhung des Kassenabschlags von 1,77 Euro auf 2 Euro in den kommenden beiden Jahren aus dem Gesetzentwurf fallen wird, gibt es bisher nicht.

Foto: imago images/imagebroker

Schon 2012 haben Apotheken gestreikt. Nun ist es wieder so weit.

Initiative aus dem Saarland

Doch nicht überall in der Republik wollen die Apotheken dies hinnehmen. Und dort rüstet man sich jetzt zum Protest am Tag vor der Bundestagsentscheidung. Den Anfang machte das Saarland: Der dortige Apothekerverein kündigte am vergangenen Montag per Mail einen Aufruf zu landesweiten Apothekenschließungen an. Die geplanten Einsparungen seien nicht hinnehmbar, heißt es in dem Schreiben an die Mitglieder – gerade „im Hinblick auf die galoppierende Inflation, die extremen Steigerungen im Energiesektor sowie die drastisch gestiegenen Lohnkosten“. Das Gegenteil sei der Fall: Nach zehn Jahren ohne Honorarerhöhung sei eine sub­stanzielle Erhöhung des Honorars erforderlich. Die vorgesehenen Kürzungen trieben viele Kolleginnen und Kollegen „regelrecht in den wirtschaftlichen Ruin“.

Mit der Protestaktion wolle man „sowohl der Bevölkerung, aber vor allem der Politik klar vor Augen führen, dass Apotheken die nunmehr geforderten Belastungen nicht mehr (er-)tragen können“. Alle Apothekeninhaber im Saarland sind daher aufgerufen, am 19. Oktober 2022 ab 12:00 Uhr ihre Apotheken zu schließen, um sich dem Protest anzuschließen. „Damit wollen wir ein deutliches Signal nach Berlin senden.“

Dienstbereite Apotheken bleiben offen

Die Patientenversorgung soll dabei ausdrücklich nicht gefährdet werden. Daher sind diejenigen Apotheken vom Aufruf ausgenommen, die zur apothekerlichen Dienstbereitschaft eingeteilt sind. Der Verein weist darauf hin, dass eine Schließung an einem Nachmittag im Übrigen rechtlich zulässig ist. Nun setzten die Vereinsvorsitzende Susanne Koch und Geschäftsführer Carsten Wohlfeil auf eine rege Teilnahme. „Wir wissen natürlich, dass die komplette Schließung der Apotheken nicht unerhebliche wirtschaftliche Folgen für jede Apotheke hat. Die aktuelle politische Situation mit dem derzeitigen Gesundheitsminister lässt aber keine andere Wahl“, schreiben sie in ihrer Mail. Soweit es für Center-Apotheken Probleme wegen miet­rechtlicher Vorgaben gebe, raten sie be­troffenen Kolleginnen und Kollegen Rücksprache mit ihren Vermietern zu halten und um Erlaubnis zur Protestteilnahme zu bitten. Alternativ könnten sie lediglich Klappendienst vorsehen.

SAV-Vorsitzende Kochim Interview

Die Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins (SAV) Susanne Koch erklärt die Hintergründe und den geplanten Ablauf des Streiks der Apotheken am 19. Oktober 2022.

Brandenburg sieht sich durch Landesregierung bestärkt

Die Initiative fand prompt Zuspruch: In Schleswig- Holstein, Hamburg und Brandenburg haben sich Verbände und Kammern ebenfalls abgestimmt und wollen kommenden Mittwochnachmittag protestieren. In Brandenburg sieht man sich auch durch die ausdrückliche Rückendeckung des Landesgesundheitsministeriums beflügelt, wie der dortige Verbandsvorsitzende Olaf Behrendt gegenüber der DAZ erklärte. Brandenburg war es, das im Bundesrat den Antrag eingebracht hatte, im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz den erhöhten Kassen­abschlag zu streichen. Ende Oktober steht der Gesetzentwurf erneut auf der Tagesordnung der Länderkammer – doch die Ampel braucht deren Zustimmung nicht.

ABDA unterstützt mit Kampagnenmaterialien

Die ABDA unterstützt die regionalen Protestaktionen übrigens tatkräftig. Und zwar mit begleitender Presse­arbeit und verschiedenem Material. Schon diese Woche gibt es neue digi­tale Materialien auf apothekenkampagne.de. Zudem werden Handzettel und Plakate vorbereitet, die möglichst bis diese Woche Freitag an die Geschäftsstellen der Landesverbände geschickt und von dort weiterverteilt werden. Alle Apotheken in den vier Bundesländern sollen je zwei Exemplare eines Streikplakates und 100 Handzettel zur Information der Patienten erhalten.

Geplant ist überdies regionale Pressearbeit. Zudem wird in der Saarbrücker Zeitung an drei Tagen (15., 17. und 19. Oktober) mit Werbeanzeigen auf die Gründe der Protestaktion hingewiesen. |

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