Prisma

Tierischer Energiesparer

Kälte lässt Gehirn von Maulwürfen schrumpfen

Foto: Laua Keicher/MPI f. Verhaltensforschung

Die Schädelgröße des Europäischen Maulwurfs variiert je nach Jahreszeit.

jr | In den 1950er-Jahren wurde das Dehnel-Phänomen erstmals beschrieben: Der Schädel der Rotzahnspitzmaus verkleinert sich im Winter. Steigen die Temperaturen an, nimmt auch die Knochen- und Hirnmasse wieder zu. Die jahreszeitliche Größenveränderung des Kopfes wurde seither auch bei Hermelinen und Wieseln beschrieben. Seit Kurzem kann noch eine Tierart zu dieser Liste hinzugefügt werden: ­Anhand von Schädeln in Museumssammlungen konnte ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie in Konstanz zeigen, dass der Europäische Maulwurf im Winter einen kleineren und im Sommer einen größeren Schädel hat. Bis zu elf Prozent nimmt das Schädelvolumen im Winter ab, um dann im Sommer wieder um vier Prozent zuzunehmen. Beim ­Iberischen Maulwurf, der im warmen Süden beheimatet ist, konnte keine Größen­veränderung gemessen werden. Die Autoren schlussfolgern, dass Nahrungsknappheit im Winter nicht allein die Ursache für das Dehnel-Phänomen sein kann. Hungerzustände kennt schließlich auch der Iberische Maulwurf, wenn im Sommer Hitzewellen und Dürren das Nahrungsangebot schmälern. Wahrscheinlich erhöhen kalte Temperaturen den selektiven Evolutionsdruck und lassen das energie­aufwendige Hirngewebe schrumpfen. Die Erkenntnisse der Schädelvermessungen gehen über die Beantwortung evolutionsbiologischer Fragen hinaus. So bietet das Dehnel-Phänomen Ansätze zur Erforschung der Geweberegeneration. Neue ­Therapiemöglichkeiten für Osteo­porose oder Alzheimer könnten sich daraus ergeben. |

Literatur

Nováková L et al. Winter conditions, not ­resource availability alone, may drive rever­sible seasonal skull size changes in moles. The Royal Society, 7. September 2022, doi: 10.1098/rsos.220652

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