DAZ aktuell

KBV-Rückzug aus der Selbstverwaltung

Streit um Nullrunde beim Ärztehonorar eskaliert / Rückendeckung von Lauterbach

eda | Um die Krankenkassen in den nächsten beiden Jahren finanziell zu entlasten, fordert der GKV-Spitzenverband eine Nullrunde beim ärztlichen Honorar. Das sorgt bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für Empörung: Die Vorstandsspitze will sich nun vorübergehend aus den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung zurückziehen. Rückendeckung erhält die KBV von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

In getrennten Schreiben an den Vorstand des GKV-Spitzenverbands und die unparteiische Spitze des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) teilen die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Thomas Kriedel, mit, sich bis einschließlich 12. Oktober 2022 aus den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung zurückzuziehen. Als Grund wird die Kassenforderung nach einer Nullrunde beim Honorar angegeben.

Reale Mittelkürzung für die Arztpraxen

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung erkenne derzeit keine „gemeinsame Basis“ für Beratungen und Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband, heißt es in den Briefen, aus denen die „Ärzte Zeitung“ zitiert.

Der Krankenkassenverband hatte im Hinblick auf die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung die Forderung aufgestellt, von einem Inflationsausgleich für die Praxen der niedergelassenen Ärzte sowie Psychotherapeuten in den Jahren 2023 und 2024 abzusehen. Dementsprechend sollen der Orientierungswert für das Jahr 2024 auf dem Niveau von 2023 und Punktwertzuschläge für die Jahre 2023 und 2024 auf den Stand 2022 eingefroren werden. Aus Sicht des KBV-Vorstands ist dies nicht nur eine „doppelte Nullrunde“, sondern bedeute durch die Inflation „eine reale Mittelkürzung für die Arztpraxen von acht bis zehn Prozent pro Jahr“. Einen derartigen „Affront“ der Kassenseite gegenüber der Ärzteschaft habe es noch nie gegeben, soll es in den Schreiben heißen.

Das Verhalten des GKV-Spitzenverbands zeige, dass ihm die Versorgung der Menschen im Land vollkommen egal sei: „Dies kann von der KBV, den Kassenärztlichen Vereinigungen und den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen nicht mehr toleriert werden“.

Gremien trotzdem beschlussfähig

Der Unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Professor Josef Hecken, erklärte am vergangenen Freitag gegenüber der „Ärzte Zeitung“, er gehe trotz der Ankündigung der KBV von einer „bestehenden Beschlussfähigkeit unserer Gremien“ aus. Die nächste Sitzung des Plenums ist für kommenden Donnerstag terminiert und soll, laut Hecken, plangemäß stattfinden. „Inwieweit jedoch Beschluss- und Beratungsgegenstände bis zur Rückkehr der KBV vertagt werden können, wird derzeit geprüft.“

Lauterbach: Nullrunde nicht angemessen

Rückendeckung erhält die ärztliche Standesvertretung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker erklärte gegenüber dem „Handelsblatt“, er halte die Forderung nach einer Nullrunde bei den Honoraren der Ärzte für „nicht angemessen“. Auch die Praxen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten seien mit steigenden Energie- und Inflationskosten konfrontiert. Über „Twitter“ stellte Lauterbach zudem klar, dass die von den Kassen verlangte Nullrunde nicht kommen werde. Niedergelassene Ärzte hätten in der Pandemie eine zentrale Aufgabe „erfüllt und tun es noch“. |

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