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DAZ aktuell

Rechtliche Fragen zu COVID-19-Impfungen

Anmietung externer Räumlichkeiten, Einstellung von Ärzten, Impfpflicht – was ist erlaubt?

Bundesweit bereiten sich Approbierte auf COVID-19-Impfungen in der Apotheke vor. Die Schulungen laufen in vielen Regionen bereits auf Hochtouren. Bei der konkreten Ausgestaltung des Impfvorhabens treten jedoch einige rechtliche Fragen auf, die von den Apothekerkammern und den Medien aktuell nicht immer nachvollziehbar beantwortet werden. Wir schauen auf die Rechtslage. | Von Dennis Effertz

Eine nötige Voraussetzung zur Teilnahme an der COVID-19-­Impfkampagne sind geeignete Räumlichkeiten mit Ausstattung. Diese werden sowohl für die Impfbefugnis für Apothekerinnen und Apotheker (§ 20b Abs. 1 Nr. 2 Infektionsschutzgesetz, IfSG) als auch für die Bezugs- und Vergütungs­berechtigung (§ 3 Abs. 4a Coronavirus-Impfverordnung, CoronaImpfV) gefordert. Was geeignete Räumlichkeiten sind, wird auf Gesetzes- bzw. Verordnungsebene nicht weiter ausgeführt. Die Gesetzesmaterialien führen in diesem Zusammenhang beispielhaft die eigene Praxis, angemietete Räumlichkeiten und Impfzentren an. Konkreter wird allerdings die Begründung zur Zweite(n) Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung und der Coronavirus-Testverordnung. Hier heißt es, dass die Räumlichkeit die Privatsphäre des Patienten schützen, erforderliche Hygienestandards erfüllen und die Möglichkeit zur Durchführung von Maßnahmen bei Sofortreaktionen gegeben sein muss, wozu insbesondere eine Liege gehöre. Zudem müssen die Impfstoffe dort fachgemäß gelagert und vorbereitet werden können [1].

Räumliche Anforderungen können sich grundsätzlich auch aus dem haftungsbegründenden Sorgfaltsmaßstab ergeben. Dieser wird regelmäßig durch die berufseigenen Leitlinien mitgeprägt. Der inhaltlich vergleichbaren Leitlinie der Bundesapothekerkammer (BAK) zur Grippeschutzimpfung in Apotheken ist in Bezug auf die Räumlichkeiten allerdings lediglich zu entnehmen, dass Sitzmöglichkeiten und eine Liege vorhanden sein müssen, sowie die Tatsache, dass es sich um einen von der Offizin abgetrennten und sichtgeschützten Raum handeln muss, der die Vertraulichkeit und Privatsphäre des Patienten schützt [2]. Während in Bezug auf die Räumlichkeiten an sich somit ein gewisser Gestaltungsfreiraum für die Apotheke existiert, finden sich im Kommentar zur Leitlinie der BAK (Grippeschutzimpfung) konkrete Mindestanforderungen an die Ausstattung der Räumlichkeiten:

  • medizinische Einmalhandschuhe,
  • Händedesinfektionsmittel,
  • Hautdesinfektionsmittel,
  • Flächendesinfektionsmittel,
  • ggf. (Sicherheits-)Kanülen (empfohlen: 25G 1 0,50 × 25 mm),
  • Zellstofftupfer, Wundschnellverband,
  • spezielle Entsorgungsbehälter für Spritzen/Kanülen, Tupfer,
  • Aufklärungsmerkblätter,
  • Formular für die Einverständniserklärung,
  • Formular für Impfbescheinigungen,
  • Dokumentationsbögen,
  • Notfallausrüstung,
  • aktuelle Fachinformation des/der Impfstoffe(s),
  • ggf. weiteres Informationsmaterial zum Thema Impfen.

Mit Blick auf diese Anforderungen in ihrer Gesamtheit ist kaum ersichtlich, warum für Corona-Schutzimpfungen grob Abweichendes gelten sollte. Allenfalls kann weitere Ausrüstung aufgrund der fachlichen Notwendigkeiten erforderlich werden. Mit einer eigenen Leitlinie der BAK zu Corona-Schutzimpfungen in Apotheken ist zu rechnen. Diese sollte mit Erscheinen beachtet werden, denn die Einhaltung der räumlichen und sächlichen Voraussetzungen ist geboten, um die Impfung lege artis durchführen zu können.

Externe Räumlichkeiten

Bei der Frage „wo“ die Räume eingerichtet werden können, besteht eine gewisse Auslegungsbedürftigkeit. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 CoronaImpfV ist der Leistungserbringer die öffentliche Apotheke und nicht der Apotheker. Insofern haben wir es mit einer Institutionsbindung zu tun, die zum Impfstoffbezug und zur Abrechnung der Impfung berechtigt, solange die Corona-Impfungen rechtlich-wirtschaftlich aus der Apotheke heraus angeboten werden sollen.

Die Apotheke als Wirtschaftseinheit ist an den Ort der Betriebsräume gebunden, da die erforderliche Betriebserlaubnis lediglich für die in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Räume gilt (§ 1 Abs. 3 Apothekengesetz). Diese Räume dienen dem ausschließlich dort durchzuführenden Apothekenbetrieb [3]. Es gilt die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) samt dem Grundsatz der Raumeinheit gemäß § 4 ApBetrO. Grundsätzlich kann die eigenverantwortliche Durchführung der Impfungen damit lediglich in nicht anderen Tätigkeiten vorbehaltenen Räumen der Apotheke stattfinden. Auch die gemäß § 3 Abs. 4a Nr. 3 CoronaImpfV nachzuweisende Betriebshaftpflichtversicherung deckt regelmäßig lediglich die in der Betriebserlaubnis benannten Räume ab. Insofern muss es als konsequent angesehen werden, dass der Gesetzgeber die Apotheke zum Leistungserbringer der Corona-Impfungen macht. Denn erst dadurch wird diese Leistung zu einer solchen, die eine Apotheke in ihren Räumlichkeiten erbringen darf. Ausnahmetatbestände für die Möglichkeit, externe Betriebsräume „in angemessener Nähe“ für apothekenübliche Tätigkeiten zu nutzen (§ 4 ApBetrO), liegen für die Durchführung von Impfungen hingegen nicht vor. Als „Handreichung“ zur Ausdehnung des Ermessens der zuständigen Behörden enthält die amtliche Begründung zur CoronaImpfV jedoch eine Anmerkung, wonach die gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 2 CoronaImpfV geforderten „geeigneten Räumlichkeiten“ nicht dem Grundsatz der Raumeinheit in Apotheken unterliegen [4]. Die Apotheke ist dennoch gemäß § 4 Abs. 6 ApBetrO zur Anzeige externer Räumlichkeiten zur Nutzung für die Durchführung von Impfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 verpflichtet, wobei beste Aussichten bestehen, dass die Behörde das Ansinnen nicht behindert – jedenfalls solange die SARS-CoV-2 Arzneimittelversorgungsverordnung noch in Kraft ist. Nicht zu verwechseln ist diese apothekenrechtliche Anzeigepflicht gemäß § 4 Abs. 6 ApBetrO im Übrigen mit der Selbsterklärung gemäß § 3 Abs. 4a CoronaImpfV gegenüber der Kammer. Zwar kann die Zuständigkeit bundeslandabhängig bei der Kammer zusammenfallen, doch handelt es sich verwaltungsrechtlich um zwei völlig unterschiedliche Dinge. Während die Anzeige zur Nutzung der Räumlichkeiten berechtigt, bestätigen Sie mit der Selbsterklärung, dass Ihnen solche Räumlichkeiten sodann zur Verfügung stehen, um den Impfstoff zur dortigen Verwendung zu beschaffen.

Sonderfall: Auswärts impfen

Wer plant, auswärts, zum Beispiel in Pflegeheimen, zu impfen, muss einige rechtliche Hindernisse überwinden. Die Erfolgsaussicht ist unklar. Hausbesuche unterscheiden sich deutlich von einer möglichen Ausnahme für externe Betriebsräume. Vielmehr scheinen diese nicht möglich, da Impfungen im Umherziehen, selbst unter organisatorischer Gewährleistung der Präsenzpflicht in der Apotheke, vermutlich nur schwer in eine Betriebshaftpflichtversicherung „hineinverhandelt“ werden können und die Vorschrift des Nachweises geeigneter Räumlichkeiten gemäß CoronaImpfV, als Voraussetzung Impfstoff beziehen zu können, ad absurdum geführt würde. Auch inhaltlich wäre dies kaum zu rechtfertigen, da diese Patienten regelmäßig bereits unter ärztlicher Versorgung stehen, sodass das Angebot der Apotheke nicht auf das Ziel der Ausweitung des Impfangebotes einzahlen würde. Weiterhin spricht das Haftungsrisiko gegen ein solches Vorhaben. Denn die Impfung durch den Apotheker im Hausbesuch dürfte abermals im Schadensfall keiner Überprüfung des Fachstandards der Berufsgruppe standhalten und damit einen Behandlungsfehler darstellen. Die höhere Vergütung gemäß § 3 Abs. 1 CoronaImpfV sowie der Hinweis in der amtlichen Begründung [5] leiten in dieser Hinsicht in eine falsche Sicherheit.

Auch die Alternative des Betreibens von externen Räumlichkeiten in einer Pflegeeinrichtung scheint wenig mit gängigen apothekenrechtlichen Grundsätzen vereinbar, da deren Betrieb in zu versorgenden Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 4 S. 2 ApBetrO explizit untersagt ist. Insofern scheidet eine Einrichtung eines fachlich adäquaten Impfraums vor Ort aller Voraussicht nach aus.

In normalen Zeiten stünden die Chancen für ein solches Vorhaben demnach denkbar schlecht. Aber Pandemiezeiten sind eben keine normalen Zeiten, insofern lautet die Empfehlung, das Vorhaben möglichst genau zu beschreiben und sowohl von der Versicherung als auch von der Aufsicht im Sinne einer Einzelfallentscheidung genehmigen zu lassen. Erst dann sollten Sie loslegen.

Impfung durch apothekenfremdes Personal

Der Impfvorgang kann innerhalb der Apotheke ausschließlich an hierfür geschultes approbiertes Personal delegiert werden. Eine Delegationsmöglichkeit auf Hilfspersonal, wie sie bei den Ärzten besteht [6], gibt es in den Apotheken nicht [7]. Die amtliche Begründung zur CoronaImpfV weist jedoch ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, dass auch Ärzte zwecks Durchführung von Impfungen in der Apotheke herangezogen werden können [8]. Doch auch ein solches Vorhaben ist risikobehaftet. Das Apothekenrecht regelt genau, wer in einer Apotheke was darf und teilt das Personal im Kern in zwei Kategorien ein: pharmazeutisches und nicht-pharmazeutisches Personal. Ärzte sind unzweifelhaft nicht-pharmazeutisch und dürfen damit faktisch kaum etwas in der Apotheke tun, insbesondere ist es ihnen verboten, pharmazeutische Tätigkeiten durchzuführen. Namentlich problematisch wäre in diesem Zusammenhang, dass das eingesetzte medizinische Personal in den Räumlichkeiten nicht zu den eingesetzten Vakzinen als Arzneimittel informieren oder beraten dürfte (vgl. § 1a Abs. 3 Nr. 4 ApBetrO). Dieses Phänomen, dass an sich hierfür qualifiziertes Personal entsprechende Tätigkeiten zwar außerhalb der Apotheke, aber nicht innerhalb dieser Struktur durchführen darf, wäre keineswegs neu. Bekanntermaßen dürfen PKA im Einzelhandel (vgl. § 50 AMG) über Arzneimittel informieren und diese Abgeben, nicht jedoch in der Apotheke.

Vorliegend würde dieses Verbot für den Arzt zu einer Kollision mit den behandlungsrechtlichen Informations- und Aufklärungspflichten des Impfenden führen. Man könnte sich damit die Frage stellen, ob der Gesetzgeber mit der Ausnahmeregelung in § 20b IfSG die Impfung gegen SARS-CoV-2 somit zu einer dem Apotheker vorbehaltenen pharmazeutischen Tätigkeit gemacht hat. Dann wäre die Durchführung als Ganzes durch einen Arzt in der räumlichen Struktur der Apotheke in jedem Fall unzulässig.

Auch wenn man Corona-Impfungen in der Apotheke in Ermangelung eines Warencharakters den apothekenüblichen Dienstleistungen i. S. d. § 1a Abs. 11 ApBetrO zuordnet, müssten andere Berufsgruppen aus der Perspektive der Apothekenaufsicht ausgeschlossen sein. Denn ein Arzt, der Dienstleistungen in einem arbeitsrechtlichen Über-Unterordnungs-Verhältnis zum Apotheker erbringt, ist zunächst einmal alles andere als üblich. Ganz im Gegenteil: Dies würde die seit den Konstitutionen von Melfi geschaffene Trennung der Berufsbilder samt der seither etablierten strickten (wirtschaftlichen) Kooperationsverbote aufheben. Insbesondere relevant sind hier das Apothekenrecht sowie das ärztliche Berufsrecht. Gemäß § 11 Abs. 1 Apothekengesetz (ApoG) ist es dem Erlaubnisinhaber der Apotheke untersagt, Rechtsgeschäfte mit anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, vorzunehmen, welche auf die Zuführung von Patienten abzielen. Doch eben dies wäre offenkundig der Zweck der einzugehenden Zusammenarbeit. Der angestellte Arzt würde die Impfkapazität des Inhabers darstellen oder diese vergrößern, sodass mehr Impflinge die vergütungsauslösende Impfung in der Apotheke erhalten könnten. Auch findet denknotwendig eine Zuführung innerhalb der apothekerlichen Struktur in Richtung des Arztes statt, da der Zuführungsbegriff auch vertragliche Kooperationen erfasst [9]. Verwoben damit kommen zudem wettbewerbsrechtliche Fragen auf, da die wahrgenommene Qualität der Leistung mit Anstellung eines Arztes im Empfängerhorizont des Patienten ansteigen könnte. Eine Ausnahme von den strengen apothekenrechtlichen Kooperationsverboten obläge der Verantwortung des Gesetzgebers (vgl. § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG). Doch nicht einmal die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung beinhaltet eine entsprechende Abweichung. Insofern dürften die Aufsichten jedenfalls argwöhnisch reagieren, da es nur schwer zu überwachen wäre, ob nicht auch andere Behandlungsleistungen durch den Arzt vor Ort erbracht würden – gegebenenfalls inklusive einer unzulässigen Rezeptzuweisung. Spätestens an diesem Punkt droht nicht nur ein Verstoß gegen das ­Apothekengesetz, sondern zudem gegen die Strafnormen §§ 299a/b StGB.

Von der ärztlichen Seite aus betrachtet, wäre eine Zusammenarbeit gemäß § 29a Abs. 2 der Musterberufsordnung für Ärzte allenfalls gestattet, sofern die Zuständigkeiten klar voneinander getrennt wären. Die Leistung der Apotheke bestünde insofern darin, eine überwiegend eigenständige ärztliche Leistung anzubieten. Dies scheint möglich, wäre allerdings nachzuweisen, und abermals wenig apothekenüblich, da die Überwachung und Unterweisung in Bezug auf die erforderliche Sorgfalt gemäß § 3 Abs. 1 ApBetrO dem Inhaber obliegen. Einer solchen Kontrollfunktion könnte er in Bezug auf den Arzt (fachlich) kaum gerecht werden.

Auch im Wege der teleologischen Auslegung erhält man kein abweichendes Ergebnis. Denn das Ziel, die Apotheken in die Impfkampagne einzubeziehen, ist die zahlenmäßige Vergrößerung des Impfangebotes. Ärzte – auch bereits pensionierte – konnten und sollten bereits zuvor in Impfzentren, Impfteams etc. aushelfen. Diese Ärzte nun in der Apotheke anzustellen, würde das Angebot insofern kaum positiv beeinflussen.

Auch wenn die amtliche Begründung dennoch ausdrücklich auf diese Möglichkeit hinweist [10], so ist zu bedenken, dass eine solche Gestaltung der Versorgungsstrukturen kaum von der Verordnungsermächtigung getragen scheint und dass die Umsetzung dessen sodann lediglich zu einem Vergütungsanspruch gegenüber dem Bund führt. Nicht garantiert ist damit hingegen, dass die apothekenrechtliche Aufsicht oder die Ärztekammern das Vorhaben (dauerhaft) tolerieren. Eine amtliche Begründung wirkt äußerst schwach gegenüber den zuvor benannten Gesetzes- und Verordnungsnormen sowie deren etablierter Auslegung.

Impfpflicht für das gesamte Apothekenteam

Einige Kammern fordern von Apotheken, die Corona-Impfungen durchführen möchten, einen Nachweis über eine ausreichende Immunität aller in der Apotheke tätigen Personen gegen Masern und SARS-CoV-2. Was medizinisch wohl durchaus Sinn ergibt, hat derzeit scheinbar keinen nachvollziehbaren rechtlichen Hintergrund.

Weder die mit dem Masernschutzgesetz eingeführte Nachweispflicht gemäß § 20 Abs. 8 IfSG der Immunität gegen Masern erstreckt sich bisweilen auf öffentliche Apotheken, noch gilt dies für Corona-Schutzimpfungen. An einer Masernnachweisflicht fehlt es, da § 20 Abs. 8 IfSG (Masernschutz) abschließend auf in Einrichtungen gemäß §§ 23 Abs. 3 S. 1, 33 Nr. 1 – 4 sowie 36 Abs. 1 Nr. 4 tätige Personen verweist. Apotheken sind in dieser Liste jedoch nicht explizit aufgeführt, sondern könnten allenfalls unter dem Begriff der Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens subsumiert werden. Der bisherigen Rechtsauffassung der Behörden ist allerdings zuzustimmen, dass dies nicht der Fall ist. Denn an eine analoge Anwendung der Verpflichtung auf Apothekenpersonal wären aufgrund des damit verbundenen Grundrechtseingriffs in die körperliche Unversehrtheit (vgl. § 20 Abs. 14 IfSG) sowie weiterer Grundrechte hohe Anforderungen zu stellen. Diese scheinen jedoch kaum erfüllt. Bereits die präzise Auflistung derjenigen Einrichtungen, in welchen die Masernimpfpflicht gelten soll, sowie die Ablehnung eines Änderungsantrages der FDP [11] zu deren Erweiterung um die öffentlichen Apotheken spricht gegen eine planwidrige Regelungslücke als mögliche Voraussetzung für eine Analogie. Hieran vermag auch die „neue“ Tätigkeit des Impfens in der Apotheke nichts zu ändern. Denn es mangelte zu diesem Zeitpunkt keineswegs an einer Antizipierbarkeit durch den Gesetzgeber, da zugleich zur Nachweispflicht der Masernimpfung die Modellvorhaben zu den Grippeschutzimpfungen in Apotheken mit eben jenem Masernschutzgesetz auf den Weg gebracht wurden. Insofern muss von einem bewussten Schweigen des Gesetzgebers ausgegangen werden.

Im Übrigen muss darauf hingewiesen werden, dass selbst bei abweichender Rechtsauffassung die Angemessenheit der Analogie ernsthaft infrage stehen muss, das gesamte Apothekenpersonal der indirekten Masernimpflicht (Nachweispflicht) zu unterwerfen. Denn der Gesetzesbegründung ist in Bezug auf die Normierung der Positivliste ein ausdrücklicher Blick auf den „engen Kontakt“ zum Patienten zu entnehmen. Ein solcher kommt auch beim Impfen in der Apotheke allenfalls mit dem impfenden Apotheker zustande, da alle körpernahen Tätigkeiten hier nicht delegierbar sind.

Eine ähnliche Argumentation gilt gegen die einrichtungsbezogene Immunitätsnachweispflicht gegen COVID-19 gemäß § 20a IfSG. Auch hier normiert der Gesetzgeber eine abschließende Positivliste (vgl. § 20a Abs. 1 IfSG), welche Apotheken nicht erwähnt. Abermals könnte man diese allenfalls unter öffentliche Gesundheitseinrichtungen einordnen. Hiergegen sprechen dieselben zuvor aufgeführten Gründe. Denn auch hier erfolgte die gesetzgeberische Umsetzung im Gleichschritt mit der Einbindung der Apothekerschaft in die Impfkampagne.

Was aber tun, wenn die zuständige Kammer/Behörde entsprechende Nachweise fordert? Trotz aller rechtlichen Argumente, haben Sie in der Regel nur zwei Optionen: Entweder Sie schaffen die geforderten Voraussetzungen oder aber Sie suchen die Konfrontation über die üblichen Verwaltungsverfahren. Was Sie allerdings bei der ganzen Diskussion um eine Nachweispflicht bitte nicht aus den Augen verlieren sollten, ist, dass die Verweigerung der Mitarbeitenden gegenüber den Schutzimpfungen (oder deren Nachweis) zur Folge haben kann, dass diese nicht für die Durchführung der Schutzimpfungen eingesetzt werden dürfen, sofern die Impflinge hierdurch gefährdet würden. Das Haftungsrisiko würde anderenfalls auf den Arbeitgeber übergehen (Stichwort: Organisationsverschulden). Eine Gefährdungsbeurteilung ist insofern ebenso erforderlich wie die Erfüllung der betriebsinternen Schulungspflicht gemäß § 14 Biostoffverordnung (BioStoffV) (z. B. mithilfe der Pflichtschulung „Blutuntersuchungen nach § 14 BiostoffV“). |

Literatur:

 [1] Zweite Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung und der Coronavirus-Testverordnung

 [2] BAK, Kommentar zur Leitlinie: Durchführung von Grippeschutzimpfungen in öffentlichen Apotheken, S. 3.

 [3] Vgl. Cyran/Rotta ApBetrO, Stand: Januar 2020, § 4 Rn. 5.

 [4] Zweite Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung und der Coronavirus-Testverordnung, S.15.

 [5] Zweite Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung und der Coronavirus-Testverordnung, S.17.

 [6] Bundesärztekammer, Persönliche Leistungserbringung – Möglichkeiten und Grenzen der Delegation ärztlicher Leistungen, S. 8.

 [7] Pfeil/Pieck, ApBetrO, 15. EL 2021, § 1a, Rn. 182j für Grippeschutzimpfungen.

 [8] Zweite Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung und der Coronavirus-Testverordnung, S.15.

 [9] Rieger/Dahm/Katzenmeier/Stellpult/Ziegler, Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht, 85. Update 3/2021, cc) Bevorzugung bei der Abgabe oder der Verordnung…,Rn. 42.

[10] Zweite Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung und der Coronavirus-Testverordnung, S.15.

[11] BT-Drucksache 19/15164 S. 46 ff.

Autor

Dr. Dennis A. Effertz, LL. M., Studium der Pharmazie, Approbation als Apotheker, Promotion in Medizinwissenschaften, Masterstudium Medizinrecht und Health Business Administration, www.dr-effertz.de

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