Die Seite 3

Ein erster guter Schritt

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Redakteur

Alle rufen nach mehr Geld – überall. Das ist logisch in einer Inflation. Niemand kann sich wundern, wenn auch die Apotheken zusätzliches Geld brauchen und fordern. Dagegen sind Kürzungen in einem so wichtigen Versorgungssystem aus der Zeit gefallen. Der Bundesrat spricht das auch aus. Gesundheitsminister Lauterbach will es aber (noch) nicht wissen. Was der Bundestag von der geplanten Erhöhung des Apothekenabschlags hält, wird sich zeigen. Am Freitag voriger Woche wurde der Gesetzentwurf dort erstmals beraten. Nun ist der Gesundheits­ausschuss am Zug.

Da der Gesetzentwurf gerade jetzt aktuell ist, ging es beim Apothekertag vorrangig darum, die geplanten Kürzungen abzuwenden. Der Antrag mit der Forderung nach mehr Honorar blieb dagegen weich. Schade um die verpasste Gelegenheit! Das taktische Kalkül den Antrag offen für alle möglichen Ideen zu formulieren, ist zwar nachvollziehbar, lässt ihn aber inhaltsleer wirken. Das bringt keine Diskussion in Gang. In den vielen Jahren mit guter Kassenlage, in denen die ABDA höchstens vage Honorarwünsche angemeldet hatte, ist bei den Zuschlägen für die Rx-Arzneimittelpreise nichts passiert. Denn auf vage Fragen gibt es nur vage Antworten.

Doch nun haben die Apothekerverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein einen ersten Schritt gemacht. Sie fordern eine Erhöhung der Zuschläge für Rx-Arznei­mittel um mindestens zehn Prozent und eine Anpassungsklausel. Das ist endlich eine konkrete Forderung, mit der sich die Politik beschäftigen kann. Zugleich bleibt Spielraum für die Gestaltung. Auf die Summe kommt es an. Beim Kerngeschäft mit Rx-Arzneimitteln soll das Volumen der Zuschläge um mindestens zehn Prozent steigen. Ob das über den Festzuschlag, den prozentualen Zuschlag oder einen neuen zusätzlichen Mechanismus geschieht, bleibt der Diskussion überlassen, die nun hoffentlich beginnt. Selbstverständlich sind zehn Prozent viel zu wenig, um die zusätzlichen Belastungen seit dem Basisjahr 2002 oder seit der unzureichenden Anpassung von 2013 auszugleichen. Es gibt gute Daten, die sehr viel höhere Forderungen begründen. Als Hintergrund bleibt das wichtig. Doch derzeit zählen die gegenwärtigen Probleme mit der Inflation mehr als die Versäumnisse der Vergangenheit. Darum geht es jetzt vor allem um eine vermittelbare und realistische Zahl für das aktuelle politische Geschehen. Außerdem müssen die Weichen für künftige Anpassungen gestellt werden. Jetzt zehn Prozent mehr, die in den Apotheken ankommen, sind darum besser als ein Traum von fünfzig Prozent mehr.

Dafür muss zugleich der nächste Schritt vorbereitet werden. Die Apothekerorganisationen sollten selbst einen Vorschlag für die praktische Umsetzung machen. Wenn das 2004 eingeführte Kombimodell eine Zukunft haben soll, ist ein höherer Fest­zuschlag mit einer Anpassungsklausel unverzichtbar. Ein höherer Prozentaufschlag verspricht mehr wirtschaftliche Teilhabe, würde aber langfristig als alleiniger Inflationsausgleich nicht ausreichen. Wer das alles nicht will, muss einen anderen Weg vorschlagen. Doch das alles erfordert, die Diskussion zu beginnen. Dafür wurde ein erster guter Schritt getan.

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