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Medizinalcannabis first

Cannabis-Verbände zur geplanten Legalisierung von Genuss-Cannabis

ks/ral | Die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken steht nach wie vor auf der Regierungs-Agenda. Wird der Plan Realität, wird sich dies negativ auf die Versorgung mit medizinischem Cannabis auswirken. Davon sind der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken und weitere „Cannabis-Verbände“ überzeugt. In einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und den Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, haben sie daher nun eine Reihe an Forderungen formuliert.

„So wie es ist, kann es nicht bleiben.“ So fassen die acht Verbände, die sich angesichts der politischen Vorarbeiten für die kontrollierte Cannabis-Freigabe zu Genusszwecken für eine bessere Versorgung mit Medizinalcannabis zusammengetan haben, ihre vergangene Woche vorgelegten Forderungen zusammen. Zu diesen Verbänden zählen neben dem VCA die Arbeits­gemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) sowie Patienten- und Wirtschaftsverbände. Parallel zur Ver­öffentlichung ihres Verbändepapiers haben sie offene Briefe an Lauterbach und Blienert verschickt. Die Verbandsvertreter eint die Befürchtung, dass es negative Folgen für Patienten haben wird, wenn parallel zur Legalisierung von Cannabis als Genussmittel nicht auch die Versorgung mit medizinischem Cannabis besonders geschützt und reformiert wird. „Bürger:innen brauchen einen verlässlichen Zugang zu medizinischem Cannabis in pharmazeutischer Qualität und dürfen für die Behandlung medizinischer Symptome nicht in die Eigentherapie mit Produkten des Genussmittelmarktes oder aus eigenem Anbau gedrängt werden“, heißt es in den offenen Briefen. Die aktuellen politischen Bestrebungen sollten daher aus ihrer Sicht genutzt werden, „die nach wie vor bestehenden Hürden im Bereich Medizinalcannabis abzubauen“.

Zwar dürfen Ärzte Cannabisarzneimittel seit März 2017 verschreiben, dennoch liegt die Versorgung aus Sicht der Verbände im Argen. Probleme bereite zum einen die Kostenüber­nahme – noch immer werden laut VCA fast 40 Prozent der Anträge auf Kostenübernahme durch die Krankenkassen abgelehnt – zum anderen seien die Hürden, die Ärzten durch den Genehmigungsvorbehalt ent­stünden, zu hoch.

Die Forderungen im Überblick

  • Genehmigungsvorbehalt abschaffen und Kosten­erstattung für Patienten sichern
  • Therapiehoheit für Ärzte wiederherstellen
  • Soziale Schieflage bei der Versorgung mit Medizinal­cannabis überwinden
  • Bestehenden Rechtsrahmen für medizinisches Cannabis bundesweit einheitlich gestalten
  • Qualität und Sicherheit für Medizinalcannabis sicher­stellen
  • Versorgung von Patienten mit qualitätsgesicherten cannabisbasierten Arzneimitteln vorrangig sichern
  • Klinische Forschung durch bessere Rahmenbedingungen sowie finanzielle Unterstützung fördern
  • Grundlagen des Endocannabinoidsystems und des therapeutischen Potenzials von Cannabinoiden in der medizinischen und pharmazeutischen Lehre verankern

Legalen Cannabismarkt nicht gefährden

Der Bedarf von Cannabis als Genussmittel wird dem Verbändepapier zu­folge konservativ auf etwa 400 Tonnen pro Jahr geschätzt. Maximilian Schmitt, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen (BPC), fordert deshalb: „Der legale Markt darf auf keinen Fall die Versorgung mit Produkten für den medizinischen Bereich gefährden. Um die therapeutischen Bedürfnisse von Patient:innen sicherzustellen, sollte deshalb der Bedarf an Medizinalcannabis vorrangig gedeckt werden.“ Auch wenn der therapeutische Nutzen cannabisbasierter Arzneimittel bei einer Vielzahl unterschiedlicher Indikationen unbestritten sei, sehen die Verbände darüber hinaus die Notwendigkeit, hier weiter zu forschen – und dafür sollte es auch Forschungsgelder geben.

Verstoß gegen das EU-Recht?

Ob die Sorge der Cannabis-Verbände berechtigt ist, hängt vor allem davon ab, ob die Legalisierung von Genuss-Cannabis tatsächlich kommt. Gesichert ist das nicht. Aktuell hat der Wissenschaftliche Dienst in einer für den CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger erstellten Analyse das Vorhaben der Koalition infrage gestellt. Aufgrund von europäischen Verträgen, an die Deutschland gebunden sei, verstoße die Legalisierung gegen EU-Recht, äußerte sich Pilsinger gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte dazu: „Wir prüfen die Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes und beziehen sie selbstverständlich in unsere Über­legung mit ein. Die neuen Cannabis-Regeln müssen natürlich rechtssicher sein. Für die Legalisierung suchen wir derzeit eine Lösung, die auch mit internationalem Recht vereinbar ist.“ |

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