DAZ aktuell

Schiedsspruch zur Hilfstaxe – und nun?

Neue Abschläge gelten seit 1. September / DAV prüft Klage

Einmal wieder musste die Schiedsstelle ran, weil sich Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband nicht einig wurden – diesmal geht es um Anlage 3 der Hilfstaxe. Am 29. August 2022 hat sie nun Beschlüsse gefasst und neue Abschläge für diverse Wirkstoffe festgelegt. In Kraft getreten sind diese bereits zum 1. September 2022. Ist jetzt Schicht im Schacht? Das fragt sich DAZ-Gastautor Dr. Franz Stadler:

Die Schiedsstelle trennte die Verfahren zur Festsetzung neuer Arbeitspreise (eine mögliche Anhebung soll in sechs Wochen verhandelt werden) und zur Festlegung neuer, erhöhter Rabatte auf verschiedene Wirkstoffe, die nun seit Monatsbeginn gilt.

Es wurden folgende Rabattveränderungen beschlossen, wobei in diesem Zusammenhang erstaunlich ist, dass bisher nicht austauschfähige Biosimilars finanziell gleichbehandelt werden:

  • Bortezomib von 20% auf 77%
  • Cabazitaxel von 0% auf 56%
  • Bevazizumab (diverse Biosimilars) meist von 12% auf 58,5%
  • Rituximab (diverse Biosimilars) meist von 7,5% auf 58,5%
  • Trastuzumab (diverse Biosimilars) von 20% auf 67,5%.

Die Folgen

Seit Jahren weisen der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) und die Arbeitsgemeinschaft Parenterale Zubereitung ARGE PareZu immer wieder darauf hin, dass der Arbeitspreis in seiner bisherigen Höhe nicht auskömmlich ist. Inflationsbereinigt müsste danach dieser Arbeitspreis bei mindestens 150 Euro für jede einzelne Herstellung liegen. Er liegt im Schnitt viel niedriger und ist unsinnigerweise je nach Wirkstoffklasse gestaffelt. Das Gesamtsystem hat bisher nur deswegen funktioniert, weil große Teile des Deckungsbeitrags sich aus erzielbaren Einkaufsvorteilen gespeist haben. Trotz der zum Teil erheblichen Rabatte, die an die GKV gegeben werden mussten (bis zu 83,7 Prozent), verblieben immer noch einige wenige umsatzstarke Wirkstoffe, die das System erhalten haben.

Unter den zehn umsatzstärksten in parenteralen Zubereitungen verarbeiteten Wirkstoffen sind laut den GKV-Zahlen für 2021 nur vier patentfreie Wirkstoffe, die aufgrund der Konkurrenzsituation im Markt von den zubereitenden Apotheken mit Rabatt ein­gekauft werden können, die aber jetzt alle mit mindestens 30 Prozent (Infliximab, wie bisher) an die Kranken­kassen weiterrabattiert werden müssen. Gerade diese umsatzstarken Wirkstoffe, Bevacizumab (Nr. 3 der GKV-Liste), Trastuzumab (Nr. 5), Rituximab (Nr. 8) und Infliximab (Nr. 10), waren mit ihren Deckungsbeiträgen die letzte relevante Stütze des Systems, die mit der jetzigen Schiedsgerichtsentscheidung praktisch komplett entfällt.

Das Ende der Zytostatika herstellenden Apotheken?

Ohne eine schnelle und deutliche Erhöhung des Arbeitspreises werden vermutlich viele Zytostatika herstellende Apotheken gezwungen sein, den kostspieligen Betrieb eines Reinraums einzustellen. Die qualitativen Folgen einer fehlenden Ad-hoc-Herstellung, des Wegfalls einer flächendeckenden Versorgung mit funktionsfähigen Reinräumen und des unnötigen Transports von Zubereitungen empfindlicher Wirkstoffe zu den onkologischen Praxen über weite Entfernungen werden dann die Patientinnen und Patienten tragen müssen.

Der DAV prüft derzeit, ob er gegen den Schiedsspruch Klage erheben wird. |

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