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Recht

Wie am besten bewerben?

Marketing für pharmazeutische Dienstleistungen und andere Apothekentätigkeiten

Stellen Sie sich vor, es gibt pharmazeutische Dienstleistungen und kaum einer weiß es. Gut 1,5 Jahre nach Schaffung der sozialrechtlichen Grundlagen zur Inanspruchnahme pharmazeutischer Dienstleistungen durch Versicherte in Apotheken füllt der Schiedsspruch vom 19. Mai 2022 der gemeinsamen Schiedsstelle diese nun mit Leben. Und weder die teilweise deplatzierte Kritik aus der Ärzteschaft noch die gerichtliche Überprüfung des Schiedsspruchs durch den GKV-Spitzenverband können verhindern, dass Apotheken die vom Gesetzgeber gewollten pharmazeutischen Dienstleistungen in die Tat umsetzen. Doch ist dieses neuartige Angebot der Apotheken tatsächlich schon im öffentlichen Bewusstsein angekommen? Wie lassen sich die pharmazeutischen Dienstleistungen und andere Apothekentätigkeiten rechtssicher bewerben? | Von Timo Kieser und Pia Koller 

Das Angebot pharmazeutischer Dienstleistungen durch Apotheken ist freiwillig. Es gibt keinen Kontrahierungszwang und keine Angebotspflicht. Apotheken können sich, wie auch bei anderen, über die Arzneimittelabgabe hinausgehenden Zusatzangeboten wie etwa Grippe- und Corona-Impfung oder die Durchführung von Corona-Testungen zu einem solchen Angebot entschließen, müssen dies aber nicht. Schließlich sind zum einen Fortbildungen und bestimmte Qualifikationen, zum anderen ein organisatorischer Aufwand erforderlich. Aktuell können Apotheken Versicherten fünf vergütete pharmazeutische Dienstleistungen anbieten, nämlich:

  • erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation,
  • pharmazeutische Betreuung von Patienten nach Organtransplantation,
  • pharmazeutische Betreuung von Patienten unter oraler Antitumortherapie,
  • standardisierte Risikoerfassung bei Bluthochdruckpatienten, die mindestens ein antihypertensives Arzneimittel einnehmen,
  • standardisierte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und Üben von Inhalationstechniken.

Die Vergütung, die die Schiedsstelle für die Apotheken festgesetzt hat, variiert von 11,20 Euro bei der Risikoerfassung bei Bluthochdruckpatienten bis zu 90,00 Euro bei der erweiterten Indikationsberatung bei Polymedikation. Für die ersten drei genannten Dienstleistungen sind spezielle Fortbildungen bzw. Qualifikationen notwendig. Die letzten beiden können die Apotheker bzw. das pharmazeutische Personal ohne spezifische Fortbildung anbieten.

Wie sage ich es meinen Kunden?

Die spannende Frage ist nun, wie Apothekerinnen und Apotheker, die sich zum Angebot einer oder mehrerer pharmazeutischer Dienstleistungen entschlossen haben, die ggf. notwendigen Fortbildungen belegt, ihr QMS aktualisiert und ihr Personal geschult haben, auch zu Versicherten bzw. Kunden kommen, die solche Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Die Antwort ist naheliegend: Werbung. Doch daran schließen sich gleich die nächsten Fragen an:

  • Gegenüber wem darf geworben werden?
  • Wer darf für die pharmazeutischen Dienstleistungen werben?
  • Welche Werbemaßnahmen sind erlaubt?

Die erste gute Nachricht ist: Weder der Schiedsspruch noch die gesetzlichen Regelungen in §§ 129 Abs. 5e S. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V noch § 33 Rahmenvertrag enthalten ein Werbeverbot. § 7 der Anlage 11 regelt Informationen über die Dienstleistungen. Danach können die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ihre Versicherten über die vertraglich festgelegten pharmazeutischen Dienstleistungen informieren. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) informiert seinerseits die Apotheken über die vereinbarten Dienstleistungen nebst Erbringungs- und Abrechnungsmodalitäten. Diese Regelung enthält kein Werbe- und Hinweisverbot oder regelt die „Informationen“ abschließend. Hätten die Vertragsparteien dies bezweckt, wäre dies mit Blick auf die allgemeine Werbefreiheit, die auch Ausfluss aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist, ausdrücklich zu vereinbaren gewesen, etwa wie dies im Vertrag über Pflegehilfsmittel zwischen DAV und dem Spitzenverband der Pflegekassen nach § 78 Abs. 1 in Verbindung mit § 40 Abs. 2 SGB XI der Fall war, indem ausdrücklich festgehalten ist, dass sich Werbemaßnahmen einer Apotheke nicht auf die Leistungspflicht der Pflegekasse beziehen dürfen. Anders gewendet: Die Bewerbung von pharmazeutischen Dienstleistungen auch mit Hinweis auf die Leistungspflicht der Krankenkassen ist grundsätzlich zulässig.

Begrenzte Werbemöglichkeiten der Krankenkassen

Die gesetzlichen Krankenkassen sind für die pharmazeutischen Dienstleistungen grundsätzlich leistungspflichtig, auch wenn die Zahlungen im Einzelnen über den Nacht- und Notdienstfonds abgewickelt werden.

Ihre Werbemöglichkeiten für die pharmazeutischen Dienstleistungen sind aber begrenzt. Krankenkassen dürfen wie gezeigt allgemein ihre Versicherten über pharmazeutische Dienstleistungen informieren. Sie dürfen aber nicht für einzelne Apotheken als Leistungserbringer, sei es im In- oder Ausland, die solche Dienstleistungen anbieten, werben. Dies verbietet das Neutralitätsgebot (vgl. etwa Hessisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 30.04.2007, Az. L 8 KR 199/06; Thüringer LSG, Urteil vom 27.11.2012, Az. L 6 KR 151/09; BSG, Urt. v. 1.6.2022 Az. B 3 KR 5/21). Unabhängig davon dürfte die Neigung der Krankenkassen, die Inanspruchnahme der Dienstleistungen zu fördern, eher gering sein. Das Angebot eines Recherchetools auf der Website einer Krankenkasse, bei dem sich Apotheken, die pharmazeutische Dienstleistungen anbieten, eintragen lassen und die dann auffindbar sind, dürfte aber zulässig und im Interesse aller sein. Gleiches gilt für eine individuelle Auskunft der Krankenkasse, wenn Versicherte nach Apotheken fragen, die pharmazeutische Dienstleistungen in ihrer Nähe anbieten.

Werbemöglichkeiten von Apotheken

Deutlich spannender sind potenzielle Werbemaßnahmen von Apotheken gegenüber ihren Kunden und Neukunden über die neu angebotenen pharmazeutischen Dienstleistungen. Die Klaviatur der Werbemaßnahmen ist vielfältig. Ein Aushang im Schaufenster, ein Schild in der Apotheke, ein Plakat hinter dem HV-Tisch, eine Anzeige in der Zeitung, Informationen auf der Webseite, Hinweise im Apotheken-Newsletter, eine Rubrik im monatlichen Apo­thekenflyer, Informationen auf Facebook, Instagram oder in allgemeinen Apothekenprofilen sind grundsätzlich möglich. Es handelt sich um Werbemaßnahmen, die an alle gerichtet sind, auch wenn nur ein Bruchteil der Werbe­adressaten für die pharmazeutischen Dienstleistungen in Betracht kommen kann. Wichtig ist die Einhaltung der allgemeinen Vorgaben des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und – soweit anwendbar – des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Es dürfen keine irreführenden Aussagen enthalten sein. Eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten scheidet grundsätzlich aus, da das Angebot von pharmazeutischen Dienstleistungen gerade nicht zwingend ist. Die Nennung von konkreten Arzneimittel­namen ist möglichst zu vermeiden, da sie mit Blick auf § 10 HWG – Verbot der Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel – auch im Kontext, wenn beispielsweise die antihypertensiven Medikamente bei der standardisierten Risikoerfassung mit Namen benannt werden, zumindest Diskussionen verursachen können. Ihre Nennung ist richtigerweise nicht per se unzulässig, und bei der Beschreibung, wer unter die Zielgruppe fällt, die eine pharmazeu­tische Dienstleistung in Anspruch nehmen kann, ist regelmäßig keine Werbung für dieses Arzneimittel notwendig. Die rechtliche Situation ist ähnlich wie bei der Bewerbung von Impftätigkeiten, sei es gegen COVID-19 oder bei Grippeschutzimpfungen; auch dort sollten möglichst keine Arzneimittelnamen genannt werden, auch wenn es ein legitimes Interesse gibt, darüber zu informieren, dass montags mit Impfstoff 1, dienstags mit Impfstoff 2, mittwochs mit Impfstoff 3 geimpft wird. Angesichts der differenzierten Nachfrage der potenziellen Kunden ist dies hilfreich und sachgerecht; das pauschale Werbeverbot für Rx-Arzneimittel passt hierauf nicht.

Ob das Heilmittelwerbegesetz auf Werbemaßnahmen für pharmazeutische Dienstleistungen überhaupt Anwendung findet, ist im Einzelfall zu betrachten. § 1 Abs. 1 Ziff. 2 HWG sieht dies vor für die Werbung für andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbe­aussage auf die Erkennung, Beseitigung und Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden beim Menschen bezieht. Bei den pharmazeutischen Dienstleistungen, die sich auf Beratung/Betreuung, nicht aber auf Behandlung, Beseitigung oder Linderung beziehen, ist der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes regelmäßig nicht eröffnet.

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Im persönlichen Gespräch auf die pharmazeutischen Dienstleistungen hinzuweisen, wird wohl die effektivste Methode der Werbung sein. Problematisch könnte es dagegen werden, wenn eine Auswertung gesundheitsbezogener (Kunden-)Daten erfolgt.

Und wie steht es um eine Incentivierung?

Spannend ist die Frage, ob die pharmazeutische Dienstleistungen anbietenden Apothekerinnen und Apotheker potenzielle Kunden zur Inanspruchnahme motivieren können. Eine Eigenbeteiligung der Versicherten (Zuzahlung) ist – anders als bei Arzneimitteln und Hilfsmitteln – nicht vorgesehen. Das Angebot eines 5-Euro-Gutscheins an einen Ver­sicherten, der eine pharmazeutische Betreuung für die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikationen, die mit 90,00 Euro netto (1×/Jahr) abgerechnet werden kann, in einer Apotheke durchführen lässt, ist alles andere als lebensfremd. Die ähnliche Frage, ob bei der Schutzmaskenabgabe im ersten Quartal 2021 auf den vorgesehenen Eigenanteil der Kunden verzichtet werden konnte bzw. Zugaben ausgehändigt werden konnten, ist von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet worden (vgl. einerseits Oberlandesgericht [OLG] Düsseldorf, Urteil vom 15.04.2021, Az. I-15 U 17/21, 15 U 17/21 im Anschluss an Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 01.12.2016, Az. I ZR 143/15 – Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln, andererseits OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.09.2021, Az. 3 U 2128/21; Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen, Beschluss vom 06.05.2021, Az. 2 U 27/21). Dabei gab es in der Verordnung aber eine ausdrückliche Regelung zur Eigenbeteiligung der Versicherten, die bei den pharmazeutischen Dienstleistungen fehlt. Deshalb gibt es kein Schutzgesetz im Sinne von § 3a UWG, gegen das verstoßen werden könnte, wenn Apotheker einen Teil ihrer Vergütung für die erbrachte Dienstleistung für einen Einkaufsgutschein an den Kunden einsetzen. Das Bundesgesundheitsministerium geht zur aktuellen Eigenbeteiligung bei Corona-Tests ebenfalls davon aus, dass Apotheken auf diese verzichten können (und hierdurch ihre Marge geschmälert wird). Die Verbote und Ahndungsmöglichkeiten in § 129 Abs. 3, Abs. 4 SGB V beziehen sich nur auf die Einhaltung der Preisbindung bei der Abgabe von Arzneimitteln und sind nicht einschlägig. Da der Bundesgerichtshof anderweitig bei Boni an Privatversicherte im Arzneimittelbereich keinen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfalt in § 3 Abs. 3 UWG angenommen hat (BGH, Urteil vom 20.02.2020, Az. I ZR 5/19 – Bonus II), ist ein UWG-Verstoß fernliegend. Jeder Apotheker kann die erhaltene Vergütung so einsetzen, wie er dies für richtig hält. Eine Verweigerung der Auszahlung einer Vergütung aufgrund einer vermeintlich unzulässigen Intensivierung dürfte deshalb einer gerichtlichen Prüfung kaum standhalten.

Der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes ist richtigerweise nicht eröffnet und selbst wenn man die Tendenz des Bundesgerichtshofs, bei Apothekenaktionen grundsätzlich den Anwendungsbereich jedenfalls von § 7 HWG als eröffnet anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2021, Az. I ZR 214/18 – Gewinnspielwerbung), fortsetzt, führt auch dies nicht weiter, da es keine Preis­bindung für die Dienstleistungen und bei einem 5-Euro-Gutschein wohl auch eine Freistellung nach § 7 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 HWG gibt; jedenfalls bei einem 5-Euro-Barangebot wäre dies eindeutig der Fall. Die besseren Gründe sprechen dafür, das Heilmittelwerbegesetz erst gar nicht zur Anwendung kommen zu lassen.

Ob es wirtschaftlich und vor allen Dingen politisch klug ist, eine solche Karte zu spielen, steht auf einem anderen Blatt. Solche Aktionen wären jedenfalls Wasser auf die Mühlen der Kritiker des Schiedsspruches, die die festgelegte Vergütung als viel zu hoch brandmarken, eine Senkung der Vergütung ist dann nur eine Frage der Zeit. Auch hier kann die nachträgliche Herabsetzung der Maskenvergütung als mahnendes Beispiel herangezogen werden.

Wird mit körperlichen Zugaben geworben, wäre bei Eröffnung des Anwendungsbereiches des Heilmittelwerbegesetzes die Geringwertigkeitsgrenze nach § 7 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 HWG zu beachten, sodass Zugaben, die einen höheren Wert als 1 Euro haben, problematisch sein können.

Werbemaßnahmen ohne Streuverluste

Neben der Aufnahme der pharmazeutischen Dienstleistungen als zusätzliche Angebote in allgemeine Werbemaßnahmen, die hohe Streuverluste haben, da die pharmazeutischen Dienstleistungen nur für wenige Adressaten in Betracht kommen, könnten Apotheker auf die Idee kommen, zielgruppengerecht auf die pharmazeutischen Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Unproblematisch ist der Hinweis auf eine erweiterte Medikationsberatung beim Erwerb eines Arzneimittels in einem Beratungsgespräch, in dem ggf. schon eine Polymedikation thematisiert worden ist. Gleiches gilt, wenn ein Apotheker aufgrund von Rezepteinlösungen Hinweise auf eine Organtransplantation hat und im Beratungsgespräch auf die mögliche pharmazeutische Betreuung aufmerksam macht.

Deutlich schwieriger und risikobehafteter ist es jedoch, wenn außerhalb eines individuellen Kundenkontakts auf Basis der in der Apotheke vorhandenen Daten aus Kundenkarte, Datenbanken von Medikationscheck oder ähnlichem potenzielle Adressaten für die pharmazeutischen Dienstleistungen selektiert und individuell beworben werden. Dabei stellen sich zwei Themen: Zum einen, ob die Art der gewählten Werbeansprache zulässig ist. So kann eine Werbeansprache per Post mit einer Information auf pharmazeutische Dienstleistungen eher zulässig sein (es ist ein ausdrücklicher Widerspruch des Kunden notwendig) als das Abtelefonieren von Kunden, da in einer solchen Werbeansprache die Kunden ausdrücklich eingewilligt haben müssen. Zum anderen, und darin liegt das größere Problem, in der der Werbemaßnahme zugrunde liegenden Datenverwendung. Denn das Durchforsten des Kundenstamms dahin, welche Kunden ggf. für pharmazeutische Dienstleistungen geeignet sein können, ist eine Auswertung gesundheitsbezogener Daten. Für diese Auswertung zu Werbezwecken ist eine Einwilligung der Kunden notwendig. Ein berechtigtes Interesse reicht insoweit nicht aus. Eine Einwilligung für die Verwendung der Daten zum Unterbreiten auch maßgeschneiderter Dienstleistungsangebote dürfte oft nicht vorliegen.

Die Einwilligung, dass gespeicherte Gesundheitsdaten zu einem Medikationscheck oder für die Erstellung einer Zuzahlungsbefreiung, etc., genutzt werden dürfen, beinhaltet ggf. nicht die Einwilligung, dass diese Daten auch dahin verarbeitet werden dürfen, um Werbematerialien gezielt adressieren zu können. Hierfür wäre wohl eine separate und ausdrückliche Einwilligung notwendig. Mit Blick auf zivilrechtliche Ansprüche, vor allen Dingen aber auch mit Blick auf sensible Datenschutzbehörden und Bußgeldthemen sollte diese selektive Werbeansprache nur erfolgen, wenn Sicherheit hinsichtlich der datenschutzkonformen Nutzung der zugrunde liegenden Daten besteht.

Werbung gegenüber Ärzten und Pflegediensten?

Ebenso spannend wie Gutschein- oder Zugabeaktionen, ist die Frage der Bewerbung gegenüber potenziellen Empfehlern, seien es Ärzte, Krankenhäuser oder Pflegedienste. Die zwischen Ärzte- und Apothekerseite mitunter etwas unschön geführte Diskussion über die Höhe der Vergütung sowie Kompetenzen bzw. Kompetenzdefizite darf nicht darüber hinweg täuschen, dass die pharmazeutischen Dienstleistungen für die relevanten Patienten sinnvoll sind und sowohl Ärzte als auch Pflegedienste ein Interesse daran haben werden, dass „ihre“ Patienten diese Leistungen in Anspruch nehmen. Dementsprechend ist es grundsätzlich zulässig, wenn Apotheken, Ärzte und/oder Pflegedienste auf ihr – nicht selbstverständliches - Angebot pharmazeutischer Dienstleistungen hinweisen. Denn diese müssen wissen, welche Apotheken welche Dienstleistungen anbieten. Da Freiwilligkeit besteht und es keinen Kontrahierungszwang gibt, ist dies jeweils die individuelle Entscheidung der Apotheke.

Diese Ärzte- und Pflegedienstinformation der Apotheke muss jedoch sachlich und neutral in einer Form erfolgen, die im Anschluss nicht zu Berufs- und/oder Wettbewerbsverstößen von Ärzten und Apothekern führen. Denn während § 11 Apothekengesetz (ApoG) nicht einschlägig ist, da es sowohl an Absprachen als auch an der Zuweisung von Verschreibungen und an der Zuweisung von Patienten fehlt, da Apotheker eben Kunden und keine Patienten haben, sieht es bei den berufsrechtlichen Regelungen mitunter anders aus. Ärzte dürfen Leistungserbringer wie Apotheken grundsätzlich nur auf Nachfrage oder bei Vorliegen eines berechtigten Grundes empfehlen; § 31 Abs. 2 MBO-Ä; BGH, Urteil vom 13.01.2011, Az. I ZR 111/08 – Hörgeräteversorgung II. Wenn es zu einem ärztlichen Gespräch kommt und der Arzt über pharmazeutische Dienstleistungen aufklärt, die von Apotheken angeboten werden können, kann er auf Rückfrage des Patienten Apotheken, die diese nach seiner Kenntnis anbieten, nennen, ohne, dass dies eine unzulässige Empfehlung ist. Händigt der Arzt hingegen vorgefertigte Werbematerialien der Apotheke aus, kann die Beurteilung zu einem anderen Ergebnis kommen. Deshalb ist es keine gute Idee, als Apotheke einem Arzt einen Stoß mit Werbeflyern zu übersenden, in denen über pharmazeutische Dienstleistungen informiert wird. Es ist naheliegend, dass diese Flyer an den Patienten ausgehändigt werden und/oder im Wartezimmer ausliegen.

Aber nicht nur die ärztlichen Berufsregeln bereiten in diesem Fall Schwierigkeiten. Auch in den Berufsordnungen der Apotheker gibt es restriktivere Vorgaben. So sieht § 12 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg etwa Handlungen, die zum Zweck haben, dass Kunden an eine bestimmte Apotheke verwiesen werden, als berufsrechtswidrig an, soweit dies gesetzlich nicht anders geregelt ist. Eine allgemeine Information einer Apotheke an einen Arzt über ihr Leistungsangebot fällt darunter jedoch nicht. Eine darauf basierende Nennung oder Empfehlung des Arztes ist kein Verweisen von Kunden.

Ausblick

Nicht nur die Vergütung, die konkrete Ausgestaltung und die Durchführung der pharmazeutischen Dienstleistung bringen also Herausforderungen mit sich und werden die Gerichte befassen, sondern auch die Bewerbung in der Öffentlichkeit. Wer diese vermeiden möchte, beschränkt sich auf eine allgemeine, nicht selektierte, sachlich nüchterne Darstellung der von ihm jetzt angebotenen pharmazeutischen Dienstleistungen in den von ihm schon bisher genutzten allgemeinen Werbematerialien. |

Autoren

Dr. Timo Kieser, Studium an den Universitäten Mannheim und Amiens, Rechtsanwalt seit 2000, Oppenländer Rechtsanwälte Stuttgart

 

 

 

Pia Koller, Rechtsreferendarin, Studium an der Universität Heidelberg, Referendariat beim Landgericht Stuttgart

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