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Ärzte dürfen Paxlovid abgeben
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening: „Verantwortungsloser Aktionismus“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Versorgung von COVID-19-Patienten mit antiviralen Arzneimitteln nach vorne bringen. Im Februar hatte sein Haus reichlich Paxlovid® (Nirmatrelvir/Ritonavir) bestellt – doch die Packungen dümpeln derzeit in rauen Mengen im Großhandel – im kommenden Februar droht vielen der Verfall. Ankurbeln will Lauterbach die bislang zögerlichen Verordnungen des Arzneimittels, das insbesondere älteren Patienten und solchen mit mehreren Risikofaktoren helfen soll, unter anderem mit einem Dispensierrecht für Hausärzte.
Am Mittwoch in der vergangenen Woche wurden die hierfür den Weg bereitenden Änderungen in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung sowie in der Allgemeinverfügung zum Bezug und zur Anwendung monoklonaler Antikörper und zum Bezug und zur Abgabe antiviraler, oral einzunehmender Arzneimittel gegen COVID-19 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Am Folgetag trat die Regelung in Kraft.
Vergütung bis Ende September
Es bleibt wie geplant dabei, dass Hausärzte eine Vergütung von 15 Euro erhalten sollen, wenn sie vom Bund beschaffte, zugelassene antivirale Arzneimittel gegen COVID-19 abgeben – bislang treffen diese Voraussetzungen nur auf Paxlovid® zu. Apotheken bekommen ebenfalls 15 Euro – zuzüglich Umsatzsteuer –, wenn sie diese Arzneimittel an Ärzte abgeben. Liefern sie den Ärzten das Arzneimittel, erhalten sie zusätzlich 8 Euro inklusive Umsatzsteuer je Lieferung. Dasselbe gilt, wenn sie vollstationäre Pflegeeinrichtungen mit Paxlovid® versorgen. Diese dürfen das Arzneimittel nun ebenfalls bevorraten und abgeben, wenn eine ärztliche Verordnung vorliegt. Im Übrigen bleibt die Möglichkeit bestehen, dass Ärzte das Arzneimittel normal verordnen und der Patient das Rezept direkt in der Apotheke einlöst – dann erhält die Apotheke weiterhin eine Vergütung von 30 Euro je Packung (und ggf. 8 Euro für den Botendienst). Und es bleibt ebenfalls dabei, dass die – neuen wie alten – Vergütungsregelungen nur bis Ende September gelten. Zum 1. Oktober 2022 treten die einschlägigen Vorgaben in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung außer Kraft.
Fünf Einheiten pro Praxis
Die Allgemeinverfügung macht zudem Vorgaben zum Umfang der Bevorratung: Demnach dürfen Arztpraxen bis zu fünf Therapieeinheiten von ihrer regelmäßigen Bezugsapotheke beziehen, vorrätig halten und an Patienten abgeben. Apotheken selbst dürfen das Arzneimittel weiterhin unbegrenzt bevorraten. Entsprechendes gilt für die § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen. Deren Leitung darf bis zu fünf Therapieeinheiten bzw. bei einer Anzahl von mehr als 150 Bewohnern bis zu zehn Therapieeinheiten von der die Einrichtung in der Regel versorgenden Apotheke beziehen. Diese sind in den Pflegeheimen vorrätig zu halten und an dort gepflegte oder betreute Patientinnen und Patienten abzugeben. Die Abgabe der Arzneimittel in den vollstationären Pflegeeinrichtungen erfolgt nach Verschreibung durch den behandelnden Arzt. Die abgebende Person hat dabei ein vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf seiner Internetseite zur Verfügung gestelltes Informationsblatt als Patienteninformation beizufügen. Ob Paxlovid® abgegeben oder verschrieben wird, ist vom behandelnden Arzt nach patientenindividueller Abwägung zu entscheiden. Die Therapie kann bei entsprechender klinischer Symptomatik auf Grundlage eines positiven Schnelltestes initiiert werden, die Bestätigung durch einen PCR-Test wird empfohlen.
ABDA-Kritik am Dispensierrecht
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening erklärt dazu: „Damit wird die bewährte Trennung zwischen ärztlicher und pharmazeutischer Tätigkeit ohne triftigen Grund und ganz ohne Not aufgehoben.“ Für Overwiening ist die Neuregelung vielmehr „verantwortungsloser Aktionismus“. Offensichtlich habe das Ministerium Angst, auf den großen Mengen Paxlovid® sitzen zu bleiben. Die ABDA-Präsidentin bleibt bei ihrer Auffassung, dass der bisherige Vertriebsweg über die Apotheken eine schnelle und zuverlässige Versorgung aller Patientinnen und Patienten mit antiviralen Arzneimitteln garantiert. Das gelte umso mehr, da die Apotheken ihnen das Arzneimittel per Botendienst nach Hause liefern. Dieser Weg – also die ärztliche Verordnung, die in der Apotheke eingelöst wird – bleibt übrigens auch weiterhin erhalten.
Dass Paxlovid nur in sehr begrenztem Umfang eingesetzt wird, hat aus Overwienings Sicht nichts mit seiner Verfügbarkeit oder der Abgabe durch Apotheken zu tun: „Ärztinnen und Ärzte setzen das Medikament aus medizinischen Gründen noch sehr verhalten ein. Das ändert sich nicht, wenn der Arzt das Medikament selbst dispensieren darf.“ |
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