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Beratung

Hoch hinauf

Die Höhenkrankheit erkennen und vorbeugen

Das Interesse an Höhenreisen hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Meist in der Freizeit, aber auch berufsbedingt, zieht es immer mehr Menschen zum Bergsteigen, Klettern, Skifahren, Wandern, Pilgern oder anderen Aktivitäten in Höhen, die gesundheitsgefährdend werden können. | Von Daniela Leopoldt

Grundsätzlich sind alle Höhenreisenden, unabhängig von eventuell bestehenden Vorerkrankungen, einem Risiko für das Auftreten von Höhenkrankheiten ausgesetzt und sollten sich bezüglich Warnzeichen, Prävention und Behandlung beraten lassen. So sind z. B. mehr als ein Viertel aller Menschen, die sich auf eine Höhe von 3500 m begeben und mehr als die Hälfte derjenigen, die Höhen über 6000 m besteigen oder anderweitig bereisen, von der akuten Höhenkrankheit betroffen. Ursachen dafür sind der mit zunehmender Höhe fallende Luftdruck und der damit im Zusammenhang stehende niedrigere Sauerstoffpartialdruck in der Umgebungsluft. Dies resultiert in einem verringerten arteriellen Sauerstoffpartialdruck und reduzierter Sauerstoffsättigung im Blut. Auf den Sauerstoffmangel (Hypoxämie) reagiert der Körper mit protektiven Maßnahmen. Zunächst kommt es zur Hyperventilation und Erhöhung der Herzfrequenz durch Aktivierung des Sympathikus. In dieser Phase der akuten Höhenanpassung ändert sich der systemische Blutdruck kaum, da sich sympathische Aktivierung und direkt gefäßerweiternde Wirkung der Hypoxie gegenseitig aufheben.

Bei einem langsamen Aufstieg wird durch die im Folgenden einsetzende Akklimatisation die Sauerstoffversorgung innerhalb der ersten Tage in der Höhe verbessert. Hier kommt es neben einem länger anhaltenden weiteren Anstieg der Ventilation auch zu einer Abnahme des Plasmavolumens. Zusammen mit dem Hämoglobinanstieg durch gesteigerte Erythro­poese sorgen diese Mechanismen für eine Erhöhung der Sauerstoffmenge, die pro Volumeneinheit Blut transportiert wird, und eine verbesserte submaximale Leistungs­fähigkeit. Das heißt, bei gleicher Belastung sinken Herz­frequenz, Atemnot und Belastungsempfinden. Infolge der zunehmenden sympathischen Aktivierung nimmt bei längeren Höhenaufenthalten der systemische Blutdruck zu [1, 2, 3].

Akute Höhenkrankheit durch mangelnde Akklimatisation

Erfolgt der Aufstieg zu rasch und wird dem Körper nicht ausreichend Zeit für die Akklimatisation gegeben, kann es zum Auftreten einer Höhen- oder Bergkrankheit kommen. Diese äußert sich in unterschiedlichen Verlaufsformen. Häufigste Form ist die akute Höhenkrankheit (acute mountain sickness, AMS), die in der Regel ab einer Höhe von 2000 bis 2500 m nach frühestens vier bis sechs Stunden auftritt. Beim Vorliegen von bestimmten Vorerkrankungen kann sie sich auch schon bei niedrigeren Höhen bemerkbar machen. Häufig ist sie in der ersten Nacht in neuer Höhe am stärksten ausgeprägt. Das muss aber nicht so sein. Die Zeitverläufe variieren, was der individuellen Bedeutung und Geschwindigkeit der pathophysiologischen Prozesse, die der Hypoxämie zugrunde liegen, zugeschrieben wird. 40% der Erkrankten erreichen das Symptom-Maximum am ersten Tag, weitere 40% am zweiten und 20% sogar erst zwischen dem dritten und fünften Tag. Zwar ist der Kopfschmerz das Leitsymptom der akuten Höhenkrankheit, aber nicht jeder Kopfschmerz muss Ausdruck einer Höhenkrankheit sein. Höhenkopfschmerz tritt bei raschem Aufstieg sehr häufig auch unabhängig von der akuten Höhenkrankheit ab Höhen von 2500 m auf. Verantwortlich dafür ist wahrscheinlich die Ausschüttung vasodilatatorisch wirkender Neurotransmitter. Es ist gezeigt worden, dass Menschen mit Migräne hier besonders anfällig sind.

Liegt eine akute Höhenkrankheit vor, ist der Kopfschmerz entsprechend dem aktuellen Lake-Louise-Score in der Regel von mindestens einem unspezifischen Symptom wie allgemeines Krankheitsgefühl, Appetitlosigkeit, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen begleitet (s. Kasten „Evaluierung der akuten Höhenkrankheit“).

Evaluierung der akuten Höhenkrankheit

2018 Lake-Louise-Score

Laut Definition liegt eine akute Höhenkrankheit vor, wenn insgesamt drei oder mehr Punkte in den Kategorien I bis IV erreicht werden, wovon mindestens einer aus der Kategorie Kopfschmerzen stammt:

I. Kopfschmerzen

  • 0 keine Kopfschmerzen
  • 1 leichte Kopfschmerzen
  • 2 mäßige Kopfschmerzen
  • 3 starke Kopfschmerzen

 

II. gastrointestinale Symptome

  • 0 normaler Appetit
  • 1 geringer Appetit oder Übelkeit
  • 2 mäßige Übelkeit oder Erbrechen
  • 3 starke Übelkeit und Erbrechen, deutlich einschränkend

 

III. Müdigkeit und/oder Schwäche

  • 0 nicht müde oder geschwächt
  • 1 leichte Müdigkeit oder Schwäche
  • 2 mäßige Müdigkeit oder Schwäche
  • 3 schwere Müdigkeit oder Schwäche, deutlich einschränkend

 

IV. Schwindel/ Benommenheit

  • 0 kein Schwindel/keine Benommenheit
  • 1 leichter Schwindel/ leichte Benommenheit
  • 2 mäßiger Schwindel/ mäßige Benommenheit
  • 3 starker Schwindel/ starke Benommenheit

 

AMS Clinical Functional Score

Der für den Arzt am einfachsten zu nutzende Score, um den Einfluss einer akuten Höhenkrankheit auf die Funktionstüchtigkeit einzuschätzen, beinhaltet nur eine Frage: „Falls Sie Symptome einer akuten Höhenkrankheit haben, wie stark sind diese ausgeprägt?“:

  • 0 keine Symptome
  • 1 Es bestehen Symptome, die aber keine Änderung der Aktivität oder der geplanten Route notwendig machen.
  • 2 Meine Symptome haben mich dazu gezwungen, den Aufstieg zu unterbrechen oder aus eigener Kraft abzusteigen.
  • 3 Ich musste in niedrigere Lagen evakuiert werden.

(modifiziert nach [3, 4, 5])

Aber auch eines dieser Symptome kann von Beginn an im Vordergrund stehen, insbesondere die allgemeine Schwäche. Die ebenfalls häufig in der Höhe auftretenden und früher als Symptom im Lake-Louise-Score enthaltenen Schlafstörungen sind jüngeren Studien zufolge eher mit der Höhen-­Hypoxie verbunden als mit der akuten Höhenkrankheit. Deshalb sind diese nicht mehr Bestandteil des aktuellen Lake-Louise-Scores, der im Jahr 2018 von einer internationalen Expertengruppe revidiert wurde. Für Mediziner hat sich auch der einfach zu nutzende AMS Clinical Functional Score bewährt, um eine Höhenkrankheit zu diagnostizieren und die damit verbundenen Risiken einzuschätzen (s. Kasten „Evaluierung der akuten Höhenkrankheit“).

Während die akute Höhenkrankheit meist selbstlimitierend ist und innerhalb von ein bis drei Tagen vergeht, sofern nicht weiter aufgestiegen wird, stellen das Höhenhirnödem (high altitude cerebral edema, HACE) und das Höhenlungenödem (high altitude pulmonary edema, HAPE) lebensbedrohliche Erkrankungen dar, die umgehend eine Therapie erfordern. Um entsprechende Gefahren rechtzeitig zu erkennen und adäquat darauf reagieren zu können, sollte auf Warnsignale des Körpers geachtet werden (s. Kasten „Zeichen einer Höhenkrankheit“) [2 – 7].

Zeichen einer Höhenkrankheit

  • Frühzeichen: Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Appetitlosigkeit, nächtliche Atemstörung, Leistungsabfall, Wassereinlagerungen, Sehstörungen, beschleunigter Herzschlag, Euphorie

Maßnahmen: Aufstieg abbrechen und Nachtruhe abwarten. Bei Verschwinden der Probleme kann der Aufstieg am folgenden Tag fortgesetzt werden.

  • Warnzeichen: rapider Leistungsabfall, konstante schwere Kopfschmerzen, Atemnot, schnelle Atmung, Herzrasen, schwere Übelkeit und Erbrechen, Schlaflosigkeit, trockener Husten, Schwindel und Gangunsicherheit, Benommenheit, reduzierte Harnmenge (< 0,5 l pro Tag) und dunkler Harn

Maßnahmen: sofortiger Abstieg (auch nachts) auf geringere Höhe, jedoch immer in Begleitung.

  • Alarmsymptome: schwer kranke, bewusstlose oder verwirrte Person, Atemnot in Ruhe, rasselnde Atmung, schwerer Husten mit braunem Auswurf, Bewegungsstörungen, bläulich verfärbte Lippen

Es besteht akute Lebensgefahr!

Maßnahmen: sofortiger Abstieg bzw. Abtransport hat oberste Priorität (auf Höhe von 500 bis 1000 m oder weiter, bis Beschwerden komplett verschwunden sind), nicht auf Ankunft eines Hubschraubers warten!

(modifiziert nach [8, 9])

Höhenhirnödem und Höhenlungenödem sind lebensbedrohlich

Das lebensbedrohliche Höhenhirnödem (Hirnschwellung) entwickelt sich in der Regel, aber nicht gezwungenermaßen, aus einer schweren akuten Höhenkrankheit. Meist gehen therapierefraktäre Kopfschmerzen und Erbrechen voraus, die Abwesenheit dieser Symptome schließt die Entwicklung eines Höhenhirnödems jedoch nicht aus. Es tritt fast ausschließlich nach mindestens 48 Stunden oberhalb von 4000 m auf. Kennzeichen eines Höhenhirnödems sind Ataxie mit Bewegungsstörungen sowie eingeschränkte geistige Leistungsfähigkeit und Bewusstseinsstörungen, die innerhalb von Stunden in ein Koma übergehen können.

Ein Höhenlungenödem kann sich innerhalb von zwei bis vier Tagen oberhalb von 3000 m entwickeln. Tritt es ungewöhnlicherweise bereits unterhalb von 3000 m auf, deutet dies auf vorbestehende Komorbiditäten wie Linksherzinsuffizienz, Lungenembolie oder einseitig fehlende Pulmonalarterie hin. Nur in etwa 50 bis 70% aller Fälle geht die akute Höhenkrankheit voraus. Typische Zeichen für das Hirnlungenödem sind neben einem inadäquaten Leistungsabfall die zunehmende Atemnot, trockener Husten, der später von blutigem Auswurf begleitet ist, und Rasselgeräusche beim Atmen. Die Körpertemperatur ist leicht erhöht (bis 38,5 °C) und Brustschmerzen und blau gefärbte Lippen kommen hinzu [2, 6].

Allgemeine Risikofaktoren für eine Höhenkrankheit

Auch wenn die Höhenkrankheit jeden betreffen kann, gibt es Faktoren, die das Auftreten der Erkrankung begünstigen und bei einer geplanten Höhenreise entsprechend berücksichtigt werden sollten. Primärer Risikofaktor ist ein schneller Aufstieg. Dabei ist die Höhe der Schlafstätte ausschlaggebend. Je langsamer der Aufstieg, desto mehr Zeit hat der Körper für die Akklimatisierung und desto geringer ist das Risiko für das Auftreten der Höhenkrankheit. Hat man einmal eine Höhe von 3000 m erreicht, sollten die folgenden Schlafstätten pro Nacht nicht mehr als 500 m höher liegen. Darüber hinaus sollte alle drei bis vier Tage ein Ruhetag eingelegt werden, wobei die Schlafstelle an zwei aufeinanderfolgenden Tagen auf der gleichen Höhe liegen sollte. Rasche motorisierte Aufstiege auf über 3500 m Höhe sollten sowohl auf dem Land- als auch dem Luftweg (z. B. mit dem Hubschrauber) vermieden werden. Körperliche Anstrengung erhöht das Risiko, weshalb innerhalb der ersten Tage in großer Höhe darauf verzichtet werden sollte. Alkoholgenuss sowie Flüssigkeits- und Mineralstoffmangel sind weitere Risikofaktoren. Präakklimatisierung durch Sauerstoffmangel-­Exposition und Aufenthalte in mittlerer Höhe vor der geplanten Höhenreise können das Risiko für Höhenkrankheiten reduzieren. Neben der absoluten Höhe, der Aufstiegsgeschwindigkeit und dem Ausmaß der Präakklimatisierung spielt aber auch die individuelle Anfälligkeit eine Rolle. Dabei ist bei gesunden Menschen nicht die Fitness entscheidend, denn gut trainierte Menschen sind genauso gefährdet wie Untrainierte, Raucher genauso wie Nichtraucher und gesunde ältere Menschen genauso wie gesunde jüngere. Lediglich Kinder scheinen etwas anfälliger zu sein. Auch derjenige, der schon einmal höhenkrank war, hat ein höheres Risiko, wieder daran zu erkranken. Das bedeutet aber nicht, dass diese Person wieder daran erkranken muss [6, 8, 9].

Vorerkrankungen mit speziellem Beratungsbedarf

Während alle Höhenreisenden über die mit der Höhe verbundenen potenziellen gesundheitlichen Risiken aufgeklärt werden sollten, haben Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen, wie z. B. chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Asthma, Anämie oder Herzinsuffizienz, aufgrund ihrer individuellen Situation einen besonderen Beratungsbedarf. Neben dem Auftreten einer Höhenkrankheit muss hier insbesondere auch eine mögliche Verschlechterung der Grunderkrankung berücksichtigt werden. Menschen mit speziellem Risiko, das erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsichtsmaßnahmen erfordert, lassen sich von Medizinern anhand von vier Fragestellungen identifizieren. Erstens sollte geklärt werden, ob ein Risiko für eine schwere Hypoxämie bzw. eingeschränkte Sauerstoffversorgung in der Höhe besteht. Hierzu gehören insbesondere Personen mit Lungenerkrankungen in einem gewissen Schweregrad, z. B. COPD, interstitieller Lungenkrankheit oder zystischer Fibrose. Zweitens sollte hinterfragt werden, ob ein Risiko für eine eingeschränkte ventilatorische Reaktion besteht. Die hypoxische ventilatorische Reaktion ist eine der Schlüsselreaktionen des Körpers auf die Hypoxämie, um einen adäquaten alveolaren und arteriellen Sauerstoffpartialdruck zu erhalten. Personen mit schwer eingeschränkter Lungenfunktion sind möglicherweise nicht in der Lage, die Ventilation ausreichend zu erhöhen, und tragen somit ein Risiko für übermäßige Hypoxämie mit all ihren Folgen. Die dritte Frage, die gestellt werden muss, betrifft die vaskuläre Situation in der Lunge. Die alveolare Hypoxie ruft eine hypoxische pulmonale Vasokonstriktion hervor, die eine Erhöhung des pulmonalen Gefäßwiderstandes und des pulmonalarteriellen Drucks nach sich zieht. Unter normalen Umständen wird diese Anpassungsreaktion des Körpers gut toleriert. Personen mit Lungenhochdruck, Rechtsherzinsuffizienz oder beidem können dadurch jedoch ein höheres Risiko für Lungenödeme oder eine Verschlechterung der Herzfunktion haben. Die vierte Frage zielt darauf ab, ob eine Hypoxie mit einem Risiko für Komplikationen im Zusammenhang mit Vorerkrankungen bzw. der zugrunde liegenden Situation verbunden ist. Ein klares Risiko für eine klinische Verschlechterung durch hypobare Hypoxie tragen z. B. Personen mit Sichelzellanämie, nicht eingestellter koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz, Hochrisikoschwangerschaft oder neurologischen Einschränkungen wie Gefäßmissbildungen oder raumfordernde Läsionen.

Wird eine der vier Fragen mit „ja“ beantwortet, fällt die Person in die Gruppe mit einem hohen Risiko für gesundheitliche Probleme bei einer Höhenreise und sollte die Reisepläne entsprechend anpassen (s. Kasten „Für wen Höhe tabu ist“). Personen mit niedrigem Risiko, bei denen keine der Fragen mit „ja“ beantwortet wurde, können in der Regel trotz ihrer Vorerkrankung sicher reisen, sollten aber in ihre Planungen krankheitsspezifische Sicherheitsvorkehrungen einbeziehen. Dazu gehören z. B. das Mitführen von Notfallmedikation insbesondere bei Krankheiten, die zu Exazerbationen neigen, wie Asthma und Migräne. Eventuell ist auch die Einnahme prophylaktischer Medikamente z. B. bei Migräne oder Neigung zu Krampfanfällen zu empfehlen. Es sollte zudem berücksichtigt werden, dass die in der Höhe herrschenden Bedingungen (hypobare Hypoxie, extrem kalte Temperaturen etc.) die Funktionsfähigkeit eventuell benötigter medizinischer Geräte (z. B. Glucosemessgeräte, Insulinpumpen und Dosierinhalatoren) einschränken können [1].

Für wen Höhe tabu ist

Menschen mit folgenden Vorerkrankungen sollten nicht in Höhen über 2500 m reisen:

  • fortgeschrittene COPD (forciertes exspiratorisches Volumen [FEV] < 30% des Prognosewerts bzw. der Anforderung für eine dauerhafte Sauerstofftherapie)
  • fortgeschrittene zystische Fibrose (FEV < 30% des Prognosewerts)
  • fortgeschrittene restriktive Lungenerkrankung (totale Lungenkapazität < 50% des Prognosewerts)
  • dekompensierte Herzinsuffizienz
  • Hochrisikoschwangerschaft
  • Myokardinfarkt oder Schlaganfall innerhalb der letzten 90 Tage
  • nicht kontrollierte Anfallsleiden
  • pulmonale Hypertonie (systolischer Pulmonal­arteriendruck > 60 mmHg)
  • Sichelzellkrankheit
  • instabile Angina
  • unbehandelte, hochriskante zerebrovaskuläre Anomalie (z. B. Aneurysma)

(modifiziert nach [1])

Prophylaxe der Höhenkrankheit

Ein für die Indikation Prophylaxe oder Therapie der Höhenkrankheit zugelassenes Arzneimittel gibt es nicht. Weltweit werden deshalb diverse Arzneimittel off-label eingesetzt. Beste Prophylaxe für alle ist die ausreichende Akklimatisation durch langsamen Aufstieg mit entsprechenden Ruhepausen. Schlafplätze sollten in möglichst niedriger Höhenlage ausgewählt werden. Eine medikamentöse Prophylaxe für alle ist grundsätzlich nicht erforderlich und wird von Höhenmedizinern abgelehnt. Für Reisende mit akuter Höhenkrankheit in der Vorgeschichte jedoch, insbesondere bei wiederkehrenden Episoden, sowie für Menschen, die ein moderates bis hohes Risiko für akute Höhenkrankheit tragen, kann eine medikamentöse Prophylaxe mit dem Carboanhydrase-Hemmer Acetazolamid (125 mg alle zwölf Stunden, beginnend am Vorabend des Aufstiegs) in Betracht gezogen werden. Acetazolamid verbessert die Ventilation und den Gasaustausch und damit die Sauerstoffversorgung im Gewebe. Darüber hinaus senkt es den Hirndruck. Aufgrund struktureller Ähnlichkeiten darf Acetazolamid nicht bei Personen mit Sulfonamid-Allergie angewendet werden. Alternativ ist die Verabreichung von 2 mg Dexamethason alle sechs Stunden (nicht bei Diabetikern!) möglich. Das Gleiche gilt für die Prävention des Höhenhirnödems und von Höhenkopfschmerz. In Bezug auf das Höhenlungenödem können Personen, die dieses bereits einmal erlitten haben, prophylaktisch mit pulmonalen Vaso­dilatatoren wie dem Calciumantagonisten Nifedipin in retardierter Form (30 mg alle zwölf Stunden, erste Wahl) oder dem Phosphodiesterase-5(PDE-5)-Hemmer Tadalafil (10 mg alle zwölf Stunden, zweite Wahl, z. B. bei Unverträglichkeit von Nifedipin) behandelt werden. Acetazol­amid hat hier keinen Effekt.

Zur Vorbeugung von Kopfschmerzen können übliche Kopfschmerzmittel wie Ibuprofen (600 mg alle acht Stunden) oder Acetylsalicylsäure (ASS, 320 mg alle vier Stunden) eingesetzt werden. Nach einer Übersichtsarbeit von Höffler könnte die Wirksamkeit von ASS, Ibuprofen und Dexa­methason mit einer Hemmung entzündlicher Prozesse, die unter der Hypoxie entstehen, erklärt werden. Grundsätzlich sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden, um einer Dehydratation, die das Risiko sowohl für Höhenkopfschmerz als auch die Höhenkrankheit erhöht, vorzubeugen [1, 5, 7, 10].

Auf einen Blick

  • Höhenkrankheit kann ab einer Höhe von 2500 m jeden treffen.
  • Hauptrisikofaktor sind ein zu schneller Aufstieg und mangelnde Akklimatisation.
  • Warnsignale sollten erkannt und berücksichtigt werden (z. B. Ruhepausen oder Abstieg).
  • Höhenkrankheit äußert sich in verschiedenen Formen.
  • Höhenhirn- und Höhenlungenödem sind lebensbedrohlich und erfordern den sofortigen Abstieg bzw. Abtransport in niedrigere Höhen.
  • Die beste Prophylaxe ist Akklimatisation.
  • Zur Therapie der Höhenkrankheit werden je nach Symptomatik und Verlaufsform z. B. Acet­azolamid, Dexamethason, Nifedipin und Ibuprofen eingesetzt.

Therapie der Höhenkrankheit

Den verschiedenen Formen der Höhenkrankheit kann mit unterschiedlichen medikamentösen und nicht medikamentösen Maßnahmen begegnet werden. Auf keinen Fall darf bei den Anzeichen einer Höhenkrankheit weiter aufgestiegen werden. Alle Symptome, die nicht durch Rast oder Ruhe vergehen, erzwingen den zügigen Abstieg auf Höhen unterhalb von 2500 m. Erst bei völliger Symptomfreiheit darf weiter aufgestiegen werden.

Kopfschmerzen lassen sich mit Ibuprofen, ASS oder Paracet­amol behandeln. Bei einer leichten akuten Höhenkrankheit sind 250 mg Acetazolamid geeignet, sofern der Wirkstoff nicht schon zur Prophylaxe eingesetzt wurde. Für schwere Verläufe der akuten Höhenkrankheit steht Dexamethason (4 mg alle sechs Stunden für 24 Stunden) zur Verfügung, eventuell auch unter Zugabe von Acetazolamid. Bei einem Höhenhirnödem werden einmalig 8 mg Dexameth­ason verabreicht und danach alle sechs Stunden 4 mg bis zum Abstieg bzw. bis die Symptome zurückgegangen sind. Sowohl beim Höhenhirnödem als auch beim Höhenlungenödem sollte, falls möglich, Sauerstoff (z. B. aus mitgeführten Flaschen) zugeführt oder eine mobile Überdruckkammer eingesetzt werden. Dadurch wird in der Regel Zeit für einen Abtransport gewonnen. Ist keine Sauerstoffzufuhr möglich, kann bei einem Höhenlungenödem alle zwölf Stunden 30 mg retardiertes Nifedipin verabreicht werden. Die beste Maßnahme zur Behandlung der Höhenkrankheit ist grundsätzlich der Abstieg. Unbedingt erforderlich ist dieser aber nur, wenn sich die Situation bei einer akuten Höhenkrankheit verschlechtert bzw. die Person nicht auf die Standard­behandlung anspricht oder bei den lebensbedrohlichen Formen Höhenhirn- und Höhenlungenödem [1, 6]. |

Literatur

 [1] Luks AM, Hackett PH. Medical Conditions and High-Altitude Travel. New Engl J Med 2022;386:364-373

 [2] Schommer K, Bärtsch P. Basiswissen für die höhenmedizinische Beratung. Dtsch Arztebl Int 2011;108(49):839-848

 [3] Meier D et al. Does this Patient have Acute Mountain Sickness? The Rational Clinical Examination Systematic Review. JAMA 2017;318(18):1810-1819

 [4] Roach RC et al. The 2018 Lake Louise Acute Mountain Sickness Score. High Alt Med Biol 2018;19(1):4-6

 [5] Pohl H. Höhenkopfschmerzen – wann und wie sie entstehen. Ars Medici 2021;3:26-29

 [6] Berger MM et al. Acute High-Altitude Illness: Updated Principles of Pathophysiology, Prevention, and Treatment. Dtsch Z Sportmed 2020;71:267-274

 [7] Höffler D. Die Höhenkrankheit. Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) 2018;45(2):84-86

 [8] Merkblatt für Beschäftigte und Reisende Höhenkrankheit. Gesundheitsdienst Auswärtiges Amt, Stand: Februar 2019

 [9] Institut für Reise- und Tropenmedizin Prof. Dr. Heinrich Sternberger. Höhenkrankheit. https://Tropeninstitut.at/hoehenkrankheit.htm, Sternberger & Sternberger GmbH

[10] Galeazzi RL. Acetazolamid in der Prävention der Höhenkrankheit. Pharma-Kritik 2015, www.informed.ch, Infomed AG

Autorin

Dr. Daniela Leopoldt ist Apothekerin und Pharmakologin. Nach ihrer Promotion an der FU Berlin war sie mehrere Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin in den USA und anschließend in der öffentlichen Apotheke sowie der pharmazeutischen Industrie tätig. Seit 2017 schreibt sie als freie Medizinjournalistin unter anderem Beiträge für die DAZ.

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