Die Seite 3

Vier Augen …

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

… sehen mehr als zwei. Deshalb ist das Vier-Augen-Prinzip ein unentbehrliches In­strument zur Fehlererkennung und -vermeidung. Wir alle sollten froh sein, wenn ein anderer mit einem anderen Blick Fehler ausfindig macht und Schlimmeres verhindert. Denn niemand ist perfekt!

Doch der Aufschrei von Ärztelobbyisten in Sachen pharmazeutische Dienstleistungen, die in dem unsäglichen Aufruf der KV Hessen mündete, inkompetente Beratung in Apotheken zu dokumentieren und Patienten vor Inanspruchnahme pharmazeutischer Dienstleistungen zu warnen, ist einfach nur noch stillos, beschämend für die Ärzteschaft und unverantwortlich gegenüber den Patienten.

Dabei arbeiten Ärzte und Apotheker schon seit Jahren intensiv und erfolgreich für die Patienten zusammen. Die Stärken der jeweiligen Profession haben sie so kennen und schätzen gelernt. Niemand von ihnen würde auf die Idee kommen, dem anderen Inkompetenz und Geldgier zu unterstellen. Was ist da nur bei solchen Ärztevertretern wie den Herren Frank Dastych und Dr. Eckhard Starke vom Vorstand der KV Hessen so schief gelaufen, dass sie glauben, den Berufsstand der Apotheker derart denunzieren zu müssen? Halten sie die Ärzteschaft und sich selbst tatsächlich für unfehlbar? Haben sie und ihre aufgebrachten Kollegen nie erfahren, dass schon beim Versuch, die Ursache für von Patienten geschilderten Beschwerden zu finden, ganz schnell etwas Wesentliches aus dem Blickwinkel geraten kann? Sind sie so noch nie in eine fatale Falle getappt wie zum Beispiel die Gliflozin-Diuretika-Falle (s. S. 34)? Oder anders: Haben Dastych, Starke und ihre aufgebrachten Kollegen nie erfahren, dass jemand sie durch kritisches Hinterfragen ihrer Entscheidung vor einem folgenschweren Irrtum bewahrt hat?

Dabei sind das rechtzeitige Erkennen und Vermeiden von Fehlern nur Teilaspekte einer für den Patienten gewinnbringenden Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker. Eine ganz wichtige Aufgabe ist die Adhärenzförderung und damit das Erkennen und Lösen von Problemen, die der Patient mit seiner Medikation hat – Probleme also, die ihn davon abhalten, seine Arzneimittel richtig und verlässlich anzuwenden. Hier ist pharmazeutisches Wissen einfach unentbehrlich. Und letztlich geht es immer um das Ringen um eine für jeden Patienten optimale Therapie, die sich nur im interprofessionellen Zusammenspiel mit dem unterschiedlichen fachlichen Blick erarbeiten lässt. Dazu muss man bereit sein, zuzuhören, sich für die Argumente des anderen zu öffnen, diese für sich kritisch zu analysieren und gegebenenfalls einfach einmal seinen eigenen Standpunkt zu revidieren. Dann gewinnen alle!

Vielleicht wurde ein solcher Prozess auch bei den Herren Dastych und Starke durch die unzähligen Zuschriften nicht nur aus der Apothekerschaft, sondern auch aus ihrer Kollegenschaft in Gang gesetzt (s. S. 9). Vielleicht hilft auch ein Austausch mit der Vorstandsvorsitzenden der KV Thüringen, Dr. Annette Rommel. Sie kommt nach dem erfolgreichen Abschluss der ­Projektinitiative ARMIN zu dem Schluss, dass die strukturierte Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern die Versorgung von Patienten mit Multimorbidität und Multimedikation entscheidend verbessern kann (s. S. 16).

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