- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 28/2022
- Pro Tag 3 g Omega-3-Fetts...
Arzneimittel und Therapie
Pro Tag 3 g Omega-3-Fettsäuren
Metaanalyse markiert optimale Dosis zur Blutdrucksenkung
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren werden für den Aufbau von Zellmembranen, die Bildung von Eicosanoiden, das Sehvermögen, die Gehirnentwicklung, Nierenfunktion, Blutgerinnung und vieles mehr benötigt. Die alpha-Linolensäure (ALA) ist eine essenzielle Fettsäure, die der Mensch nicht selbst bilden kann. Sie kann endogen in andere Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) umgewandelt werden. Allerdings wird auf diese Weise so wenig EPA und DHA gebildet, dass auch eine Zufuhr über die Nahrung oder in Form von Supplementen empfohlen wird.
Im Schnitt 2 mmHg niedriger
Omega-3-Fettsäuren werden verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen nachgesagt. DHA und EPA sollen unter anderem einen blutdrucksenkenden Effekt haben. Um herauszufinden, welche Dosierung dafür notwendig ist, wertete eine chinesische Forschergruppe die Daten von 71 klinischen Studien aus, in denen es um die Auswirkungen von DHA und EPA auf den Blutdruck von Erwachsenen ging. Insgesamt wurden fast 5000 Personen im Alter von 22 bis 86 Jahren eingeschlossen. Im Ergebnis wiesen Studienteilnehmer, die 2 bis 3 g EPA und DHA am Tag aufnahmen, einen reduzierten systolischen und diastolischen Blutdruck auf – im Schnitt 2 mmHg niedriger als Personen, die nicht gezielt Omega-3-Fettsäuren konsumierten.
J-förmige Kurve
Die Metaanalyse brachte zudem ans Licht, dass höhere Dosierungen keinen zusätzlichen Vorteil brachten, insbesondere nicht bei normotensiven Personen. Es war nicht die erste Studie, die einen nicht linearen Zusammenhang zwischen Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren und Blutdruck vorschlug. Der Mechanismus der J-förmigen Dosis-Wirkungs-Beziehung (Abb. 1) ist nicht klar. Das Auftreten des Reaktionsplateaus könnte einen Sättigungszustand des Fettsäureeinbaus in die Zellmembran widerspiegeln. Die Veränderung in Richtung eines möglichen Anstiegs des Blutdrucks könnte auf eine verstärkte α-adrenerge Vasokonstriktion oder einen gestörten Ionenaustausch hinweisen. Die optimale Dosierung zur Senkung des systolischen als auch diastolischen Blutdrucks lag zwischen 2 und 3 g pro Tag. Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass Personen mit hohem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (systolischer Blutdruck ≥ 130 mmHg) auch von höheren Dosierungen profitieren könnten.
Auch zur Prophylaxe?
Personen mit einem hohen Risiko für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Bluthochdruck) reagieren vermutlich stärker auf die blutdrucksenkende Wirkung von Omega-3-Fettsäuren. Zudem bestätigte die Metaanalyse, dass die Blutdrucksenkung bei älteren Studienteilnehmern stärker ausfiel als bei jüngeren, ebenso bei Personen mit Hyperlipidämie. Die postulierte optimale Dosis von 3 g Omega-3-Fettsäuren zeigt laut Studienautoren aber auch bei nicht-hypertensiven Personen und damit vor dem Auftreten von Bluthochdruck Wirkung. Der scheinbar J-förmige Zusammenhang könnte ihrer Meinung nach dazu beitragen, Präventionsstrategien zur Verringerung kardiovaskulärer Risiken in der Allgemeinbevölkerung zu reformieren.
Fisch oder Supplemente?
Die Studienteilnehmer konsumierten die Omega-3-Fettsäuren im Schnitt über zehn Wochen. In der Analyse wurde nicht unterschieden, ob die Omega-3-Fettsäuren aus der Nahrung oder aus Supplementen stammten. 3 g Omega-3-Fettsäuren finden sich zum Beispiel in 110 bis 140 g Lachs. Auch andere fettreiche Meeresfische wie Makrele, Bückling, Hering, Sardinen oder Thunfisch sind gute Quellen für EPA und DHA. Für Veganer könnten DHA-reiche Öle aus Mikroalgen (Schizochytrium, Ulkenia) eine Option sein. ALA ist vor allem in einigen pflanzlichen Ölen (z. B. Lein-, Walnuss- und Rapsöl), Nüssen und grünem Blattgemüse enthalten.
Fischöl- oder auch Krillöl-Kapseln enthalten häufig etwa 300 mg Omega-3-Fettsäuren pro Stück – in diesem Fall wären pro Tag zehn Kapseln nötig, um auf die erforderliche Menge zu kommen. Auf dem Markt gibt es aber auch Präparate mit deutlich höheren Dosierungen. Nicht vergessen werden darf, dass es sich bei Nahrungsergänzungsmitteln eben nicht um Arzneimittel zur Behandlung von Krankheiten handelt. Neben- und Wechselwirkungen sind dennoch möglich, müssen aber nicht deklariert werden.
EPA oder EPA + DHA?
Im Rahmen der Metaanalyse wurde nur die kombinierte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren untersucht, es wurde nicht zwischen den drei Vertretern ALA, EPA und DHA differenziert. Seit einiger Zeit wird diskutiert, ob isoliertes EPA in der Prävention von kardiovaskulären Ereignissen wirksamer ist als ein Gemisch aus EPA und DHA. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2021 kam zu dem Ergebnis, dass Omega-3-Fettsäuren die kardiovaskuläre Sterblichkeit sowie das Risiko für kardiovaskuläre Ergebnisse wie nicht tödliche Myokardinfarkte senken. Der Effekt war unter einer EPA-Monotherapie ausgeprägter als unter EPA + DHA. Für EPA werden pleiotrope Effekte wie Membranstabilisierung der Gefäßzellen, antioxidative Effekte, Veränderung der Plaquestruktur und des Plaquevolumens angenommen. Seit 2021 ist das Präparat Vazkepa® mit dem Wirkstoff Icosapent-Ethyl, ein Ethylester und Prodrug der Omega-3-Fettsäure EPA, zur Verringerung des kardiovaskulären Risikos bei Erwachsenen zugelassen. Zwei Jahre zuvor sprach sich die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) noch gegen den Einsatz von Präparaten mit EPA und DHA in der Sekundärprävention aus, nicht zuletzt, weil ein Cochrane-Review diesen nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf Todesfälle und kardiovaskuläre Ereignisse bescheinigte.
Aktuelle Empfehlungen
Die Ergebnisse der Metaanalyse von Zhang et al. stützen eine Empfehlung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2009, nach der eine Aufnahme von 3 g EPA und DHA pro Tag erforderlich sei, um eine blutdrucksenkende Wirkung zu erzielen. Die Behörde hält die tägliche Aufnahme von 5 g Omega-3-Fettsäuren für unbedenklich.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt für die Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren bei einem gesunden Erwachsenen einen Schätzwert von 0,5 Prozent der täglichen Nahrungsenergie an. Dies entspricht bei einer durchschnittlichen Energiezufuhr von 2400 kcal einer Menge von etwa 1,3 g pro Tag. Schwangere sollten mindestens 200 Milligramm DHA pro Tag aufnehmen. Insbesondere auch in der Stillzeit und im Kindesalter ist auf eine ausreichende Zufuhr zu achten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt für Erwachsene täglich einen Esslöffel Rapsöl (15 ml), um den Bedarf an Alpha-Linolensäure zu decken, und zusätzlich 250 bis 300 mg EPA und DHA. Als Höchstmenge empfiehlt das BfR 1,5 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag. Gesetzliche Vorgaben für entsprechende Supplemente fehlen. |
Literatur
[1] Zhang X et al. Omega-3 Polyunsaturated Fatty Acids Intake and Blood Pressure: A Dose-Response Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. J Am Heart Assoc. 2022;11:e025071. DOI: 10.1161/JAHA.121.025071
[2] Abdelhamid AS et al. Omega-3 fatty acids for the primary and secondary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database Syst Rev 2018;7:CD003177
[3] Rausch R. Omega-3-Fettsäuren: Die Zweifel bleiben. DAZ 2021, Nr. 48, S. 24
[4] European Food Safety Authority. EFSA bewertet Sicherheit langkettiger Omega-3-Fettsäuren. Artikel vom 27.07.2012, verfügbar unter https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/120727 (letzter Aufruf am 04.07.2022)
[5] Verbraucherzentrale. Omega-3-Fettsäure-Kapseln sinnvolle Nahrungsergänzung? Artikel vom 27.01.2022, verfügbar unter https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/omega3fettsaeurekapseln-sinnvolle-nahrungsergaenzung-8585 (letzter Aufruf am 04.07.2022)
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.