DAZ aktuell

KBV: Neuer E-Rezept-Fahrplan „zum Scheitern verurteilt“

Ärzte machen mobil gegen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums

cm/ks | Das Bundesgesundheits­ministerium (BMG) will, dass das E-Rezept ab 1. September zur Pflichtanwendung für alle Apotheken in Deutschland wird. Ebenso für Arztpraxen in Schleswig-Holstein und Bayern. Die Ärzte in den übrigen Bundesländern sollen in zwei wei­teren Schritten zum 1. November 2022 und zum 1. Februar 2023 folgen. Einen entsprechenden Beschluss soll die Gematik-Gesellschafterversammlung Ende Mai fassen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat dafür gar kein Verständnis und hofft, den Beschluss stoppen zu können.

Am 9. Mai hatte das BMG bei der Gematik-Gesellschafterversammlung eine Beschlussvorlage für einen stufenweisen bundesweiten E-Rezept-Rollout vorgelegt (siehe AZ 2022, Nr. 20, S. 8). Beschlossen wurde dieser neue Zeitplan nicht – dies ist nun für Ende Mai vorgesehen. Angesichts der Tatsache, dass das BMG 51 Prozent der Gematik-Gesellschafteranteile innehat, dürfte es kein Problem haben, seine Vorstellungen durchzusetzen. Anke Rüdinger, Vorstandsmitglied des Deutschen Apothekerverbands (DAV), geht jedenfalls davon aus. Sie nannte es eine „große Herausforderung“ für den Berufsstand, die Frist einzuhalten. Sie appellierte im Interview mit dem ABDA-Newsroom an alle Apothekeninhaberinnen und -inhaber, jetzt zu prüfen, ob ihr Betrieb bereit ist für die E-Rezepte bzw. welche Hürden sie noch zu nehmen haben.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen Bayerns und Schleswig-Holsteins reagierten dagegen umgehend erzürnt. Nun hat sich auch die KBV zu Wort gemeldet, sie zählt ebenso wie DAV und BMG zu den Gesellschaftern der Gematik. Die KBV wendet sich in einem Brief direkt an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Die Praxistauglichkeit des E-Rezepts in den Testvor­haben ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nachgewiesen“, heißt es darin. Zwar sollen zunächst mindestens 30.000 elektronische Verordnungen ausgestellt und beliefert worden sein, bevor der Rollout kommt, das reicht aber aus Sicht der Kassenärzte nicht. Der Plan sei erkennbar zum Scheitern verurteilt und gefährde die Praxisabläufe erheblich. „Insgesamt ist unser Anspruch beim E-Rezept wie bei allen anderen Prozessen, dass Prozesse, die heute funktionieren, nur dann durch andere Prozesse abgelöst werden können, wenn diese nachweislich ebenfalls reibungslos funktionieren.“

Die KBV ruft daher den Minister und sein Haus auf, die Gematik in die Schranken zu weisen. Insbesondere seien die betroffenen KVen Bayerns und Schleswig-Holsteins übergangen worden und hätten erst aus den Medien erfahren, was möglicherweise im September auf sie zukommt. „Die KVen sollen diesen Prozess unterstützen, ohne dass zuvor Gespräche oder Abstimmungen mit ihnen dazu geführt wurden. Dass der Verfahrensvorschlag parallel zu allem Überfluss durch aktuelle Presseberichte flankiert wurde, hat verständlicherweise sowohl bei der KBV und den KVen in den Ländern als auch bei den dort tätigen Ärztinnen und Ärzten erheb­liches Unverständnis und Irritationen ausgelöst“, kritisiert die KBV.

Erst vor wenigen Wochen habe das BMG in einem Schreiben an die KBV versichert, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Abstimmung mit den Akteuren erfolgen und Anwendungen erst nach ausreichender Erprobung eingeführt würden.

„Vor diesem Hintergrund möchten wir Sie bitten, weiteren Akzeptanzverlusten bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen in der Kollegenschaft entgegenzutreten, auf die Gematik einzuwirken, ihren Beschlussvorschlag zurückzuziehen und aufzufordern, einen Rolloutprozess für das E-Rezept zu konzipieren, mit dem gewährleistet werden kann, dass das E-Rezept die Abläufe in den Arztpraxen und die Versorgung der Patientinnen und Patienten nicht beeinträchtigt und elektronische Verordnungen gesichert möglich macht und dieses mit den Gesellschaftern abzustimmen“, schreiben die Ärztevertreter abschließend. |

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