DAZ aktuell

Mehr Geld für Apothekenangestellte

Neuer Gehaltstarifvertrag soll Realität besser abbilden

jb/eda | Die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken ADA haben sich auf einen neuen Gehaltstarifvertrag für Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter geeinigt. Die Mitgliederversammlung des ADA stimmte diesem am 5. Januar zu. Nun dürfen sich Apotheken­angestellte über ein Gehaltsplus von 200 Euro, PKA sogar über 225 Euro freuen – rückwirkend zum 1. Januar 2022. Im nächsten Jahr wird dann noch einmal erhöht. Der Tarifvertrag gilt deutschlandweit, bis auf Nordrhein und Sachsen.

Auf einen neuen Gehaltstarifvertrag für Apothekenangestellte mit deutlich besserer Bezahlung haben sich die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken ADA geeinigt. Die Verhandlungen über den neuen Gehaltstarifvertrag seien geprägt gewesen von den politischen Aussagen und Planungen der neuen Bundesregierung, den Mindestlohn umgehend auf zwölf Euro anzuheben, so der Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt in einer Rundmail vom 7. Januar 2022 an seine Mitglieder.

In einer gemeinsamen Pressemitteilung von Adexa und ADA am selben Tag heißt es wenig später, dass man sich auf einen neuen Gehaltstarifvertrag ab 1. Januar 2022 geeinigt habe, der folgende Änderungen beinhaltet: Der Vertrag sehe eine Erhöhung der monatlichen Gehälter um 225 Euro für PKA sowie um 200 Euro für PTA, Pharmazieingenieure und Approbierte vor. Diese Sockelbeträge gelten jeweils in allen Berufsjahresgruppen. Zum 1. Januar 2023 ist eine weitere Gehaltserhöhung um 3,0 Prozent vereinbart, damit für Apothekenleitungen und Beschäftigte Planungssicherheit besteht. Die beiden Tarifabschlüsse mit jeweils zwölfmonatiger Laufzeit gelten für alle Kammerbezirke mit Ausnahme von Nordrhein und Sachsen.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Neues Jahr, neue Tarife: Neben den Gehältern der Apothekenangestellten erhöhen sich auch die Vergütungen für geleistete Notdienste sowie in der Ausbildung.

Tanja Kratt, Leiterin der Adexa-Tarifkommission, und der ADA-Vorsitzende Thomas Rochell, kommentieren: „Uns war wichtig, dass die Apothekenberufe – mit Blick auf den von der neuen Bundesregierung angestrebten Mindestlohn von 12 Euro – künftig noch mit anderen Berufen mithalten können. Denn im branchenübergreifenden Wettstreit um Nachwuchs und um qualifizierte Fachkräfte zählen die tariflichen Gehälter mehr als eventuelle übertarifliche Zulagen der einzelnen Apothekenleitung. Klar ist: Nur mit guten Tarifverträgen können wir die öffentliche Apotheke als Arbeitsplatz attraktiver machen.“

Foto: AV Westfalen-Lippe

„Uns ist bewusst, dass die Erhöhung der neuen Gehaltstarifverträge nicht für alle Apothekeninhaber einfach zu finanzieren sein wird, weil sie nicht einhergeht mit einer Erhöhung der Honorierung für die Apotheken. Es ist jedoch dringend erforderlich, die Berufe in den Apotheken wieder attraktiver zu machen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Vielerorts wird bereits erheblich über Tarif bezahlt, um offene Stellen besetzen zu können. Der neue Gehaltstarifvertrag nähert sich daher der Realität an.“

Thomas Rochell, Vorsitzender des ADA und des Apothekerverbands Westfalen-Lippe

PKA-Berufseinsteiger bislang unter Mindestlohngrenze

Im bisher geltenden Gehaltstarifvertrag lagen die ersten drei Berufsjahresgruppen der PKA unterhalb des Mindestlohns von zwölf Euro. „Um ein Gehalt der PKA zu erreichen, das ­wenigstens knapp oberhalb des Mindestlohns liegt, wurde für alle Berufsjahresgruppen der PKA eine Gehaltserhöhung zum 01.01.2022 von 225 Euro vereinbart“, liest man dazu in der Mitteilung des Landesapothekerverbands Sachsen-Anhalt.

Die Anhebung der PKA-Gehälter habe auch eine entsprechende Anpassung der Gehälter der weiteren Berufsgruppen erforderlich gemacht. Dies sei insbesondere aus Gründen des überall spürbar wahrnehmbaren und zunehmenden Fachkräftemangels erforderlich, aber auch, um das Gehaltsgefüge beizubehalten. Es wurde deshalb für alle weiteren Berufs- und Berufsjahresgruppen eine einheitliche Erhöhung von 200 Euro zum 1. Januar 2022 vereinbart. Zum 1. Januar 2023 folgt eine weitere Erhöhung.

Tab. 1: Auszug aus der neuen Gehaltstabelle für Apothekerinnen und Apotheker*
alter Gehaltstarif
neuer Gehalts­tarif ab 01.01.2022
neuer Gehalts­tarif ab 01.01.2023
1. Berufsjahr
3.582 Euro
3.782 Euro
3.895 Euro
2. – 5. Berufsjahr
3.696 Euro
3.896 Euro
4.013 Euro
6. – 10. Berufsjahr
3.971 Euro
4.171 Euro
4.296 Euro
ab 11. Berufsjahr
4.343 Euro
4.543 Euro
4.679 Euro

* gültig ab 01.01.2022ft

Apothekerinnen und Apotheker er­halten bislang im ersten Berufsjahr 3.582 Euro brutto, seit dem 1. Januar 2022 sind es nun 3.782 Euro im Monat, ab dem 1. Januar 2023 liegt das Brutto­gehalt für Berufseinsteiger dann bei 3.895 Euro. Ab dem 11. Berufsjahr steigt der Tariflohn der Approbierten von 4.343 Euro auf dann 4.543 Euro und ab 1. Januar 2023 auf 4.679 Euro (s. Tab. 1). Apothekerassistentinnen und -assistenten bis zum 14. Berufsjahr erhalten bislang 2.932 Euro brutto. Ab dem 1. Januar 2022 werden es 3.132 Euro im Monat sein, ab dem 1. Januar 2023 dann 3.226 Euro. Pharmazie-Ingenieurinnen und –Ingenieure erhalten bislang ab dem 15. Berufsjahr 3.102 Euro. Ab dem 1. Januar 2022 erhalten sie 3.302 Euro, ab 2023 dann 3.401 Euro. Außerdem erhöhen sich auch die Vergütung der Notdienste sowie die tariflichen Ausbildungsvergütungen.

Tab. 2: Auszug aus der neuen Gehaltstabelle für PTA*
alter ­Gehaltstarif
neuer Gehalts­tarif ab 01.01.2022
neuer Gehalts­tarif ab 01.01.2023
1. – 2. Berufsjahr
2.149 Euro
2.349 Euro
2.419 Euro
3. – 5. Berufsjahr
2.264 Euro
2.464 Euro
2.538 Euro
6. – 8. Berufsjahr
2.457 Euro
2.657 Euro
2.737 Euro
9. – 14. Berufsjahr
2.668 Euro
2.868 Euro
2.954 Euro
ab 15. Berufsjahr
2.783 Euro
2.983 Euro
3.072 Euro

* gültig ab 01.01.2022

Im ersten und zweiten Berufsjahr erhalten PTA derzeit 2.149 Euro brutto, ab dem 1. Januar 2022 werden es 2.349 Euro im Monat sein, ab dem 1. Januar 2023 liegt das Bruttogehalt für Berufseinsteiger dann bei 2.419 Euro. Bei PTA ab dem 15. Berufsjahr steigt der Tariflohn von 2.783 Euro auf dann etwa 2.983 Euro und ab 1. Januar 2023 auf 3.072 Euro (s. Tab. 2). Bei PKA steigt das Gehalt im ersten Berufsjahr von 1.868 Euro brutto auf 2.093 Euro pro Monat und ab 1. Januar 2023 auf 2.156 Euro. Erfahrene PKA ab dem 14. Berufsjahr bekommen ab 1. Januar 2022 2.512 Euro brutto statt 2.287 Euro und ab dem 1. Januar 2023 2.587 Euro (s. Tab. 3).

Tab. 3: Auszug aus der neuen Gehaltstabelle für PKA*
alter ­Gehaltstarif
neuer Gehalts­tarif ab 01.01.2022
neuer Gehalts­tarif ab 01.01.2023
1. – 2. Berufsjahr
1.868 Euro
2.093 Euro
2.156 Euro
3. – 5. Berufsjahr
1.945 Euro
2.170 Euro
2.235 Euro
6. – 8. Berufsjahr
2.010 Euro
2.235 Euro
2.302 Euro
9. – 14. Berufsjahr
2.127 Euro
2.352 Euro
2.423 Euro
ab 15. Berufsjahr
2.287 Euro
2.512 Euro
2.587 Euro

* gültig ab 01.01.2022

Pharmazeuten im Praktikum erhalten während ihrer Ausbildungszeit in ­öffentlichen Apotheken eine Ausbildungsvergütung von 947 Euro, 2022 sind es dann 1.010 Euro und ab 2023 1.040 Euro. Die Ausbildungsvergütung der PKA wird von 721 Euro im ersten Ausbildungsjahr auf 770 Euro (ab dem 1. Januar 2022) beziehungsweise später 793 Euro (ab dem 1. Januar 2023) angehoben. PTA-Praktikanten erhalten während ihrer sechsmonatigen Ausbildung in der öffentlichen Apotheke ebenfalls eine Ausbildungsvergütung von 770 Euro (ab dem 1. Januar 2022) bzw. 793 Euro (ab dem 1. Januar 2023).

Für wen gilt die Tarifbindung?

Der neue Tarifvertrag ist für den Arbeitgeber nur dann verpflichtend, wenn sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber Mitglied ihrer ­jeweiligen Tariforganisation sind. Angestellte einer öffentlichen Apotheke müssen also Mitglied bei der Apothekengewerkschaft Adexa sein, die jeweiligen Arbeitgeber Mitglied im ­ADA. Letztere Bedingung erfüllen fast 90 Prozent der Apothekeninhaberinnen und -inhaber, weil sie durch ihre Mitgliedschaft im Landesapothekerverband automatisch auch Mitglied im Arbeitgeberverband sind.

Wie immer sind die Steigerungen bei den Tariflöhnen nicht für Sachsen und die Region Nordrhein gültig. In Sachsen gelten derzeit noch keine Adexa-Tarife, weil der Sächsische Apothekerverband (SAV) nicht Mitglied im ADA ist. Die Tarifkommission des SAV und Adexa haben jedoch bereits 2019 Verhandlungen zu einem möglichen Tarifvertrag aufgenommen. Wegen der umfangreichen Inhalte eines Rahmen- und Gehaltstarifvertrages, so die Aussage von Adexa, liege noch „einiges an Arbeit vor der Adexa-Tarifkommission, bevor es zu einem Abschluss kommen kann“. Und in Nordrhein werden eigene Tarifverträge zwischen Adexa und der TGL Nordrhein verhandelt.

Foto: Angela Pfeiffer/Adexa

„Es ist für alle Apothekenangestellten nach zwei anstrengenden Pandemiejahren wichtig, das jede und jeder eine ordentliche Schippe obendrauf bekommt. Das gilt insbesondere auch für die Berufsgruppen mit den niedrigeren Gehältern. Die prozentualen Erhöhungen, die sich durch den Sockelbetrag er­geben, liegen daher bei den PKA sogar im zweistelligen Bereich. Aber selbst bei den Approbierten in der höchsten Gehaltsstufe gibt es ein Plus von 4,6 Prozent! Damit können wir hoffentlich die wachsende Abwanderung aus den Vor-Ort-Apotheken aufhalten und die Attraktivität steigern.“

Andreas May, Adexa-Vorstand

Kritische Töne aus Nordrhein

Gegenüber der DAZ äußert sich Thomas Preis, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, zum neuen Gehaltstarifvertrag zwischen Adexa und ADA. Preis rechnet damit, dass sich der neue Vertrag erheblich auf die Apothekenlandschaft in Deutschland auswirken und zu hohen Belastungen der Betriebe führen wird: „Wenn das so umgesetzt wird, dann droht eine Beschleunigung der Apothekenschließungen.“ Konsequenterweise müssten die Apotheken nun versuchen, die höheren Lohnkosten durch Preissteigerungen zu kompensieren. In den Sortimentsbereichen, in denen das möglich ist, werde man dies an die Kunden weitergeben müssen. „Bei den Fixhonoraren der verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die den größten Umsatzanteil in den Apotheken ausmachen, bleiben allerdings nur Forderungen an die Politik, die schon weit über ein Jahrzehnt unveränderten Fixhonorare anzuheben“, erklärt der Verbandsvorsitzende. Bei Verhandlungen mit den Krankenkassen müssten Vertragspreise spürbar nachgebessert werden.

Die Personalnot in den Apotheken werde der neue Vertrag nicht lösen. „Der Fachkräftemangel ist in allen anderen Branchen ein eklatantes Problem. Ich bin davon überzeugt, dass die allermeisten Apotheken ihre Angestellten bisher gut und angemessen bezahlt haben.“ Die Corona-Pandemie führe im Gesundheitswesen zusätzlich zur massiven Personalnot. Seit Beginn der Krise seien die Apotheken in einem Daueralarm­zustand und haben bewiesen, dass sie aktiv und mit Erfolg zur Pandemiebewältigung beitragen. Hier erwartet Thomas Preis ein klares Signal und Bekenntnis vonseiten der Bundesregierung zu den engagierten Mitarbeitern. Für ihn denkbar wären Prämienzahlungen des Staates direkt an die Angestellten.

„Im Hinblick auf den Gehaltstarifvertrag hätte ich es grundsätzlich lieber gesehen, wenn prozentuale Aufschläge vereinbart worden wären. Denkbar wären Einmalzahlungen im Zusammenspiel mit prozentualen Aufschlägen gewesen. Auch tätigkeitsbezogene Tarifgruppen sind eine gute Möglichkeit Gehälter weiterzuentwickeln.“ Preis geht davon aus, dass zukünftig neue Tätigkeitsfelder in Apotheken zusätzliche Qualifikationen und weiteres Engagement bei Mitarbeitenden nötig machen. Im Arbeitgeberverband Nordrhein habe sich die eigene Tarifgruppe für Filialleitungen etabliert und bewährt, die Anfang 2020 mit Adexa vereinbart wurde. „Das Gießkannenprinzip wird nicht dazu führen, dass eine leistungsgerechte Bezahlung da ankommt, wo sie wirklich angebracht ist. Im Gegenteil: Eine leistungsgerechte Bezahlung findet bereits heute schon in jedem Betrieb individuell statt und ist unabhängig von Tarif­abschlüssen“, macht Thomas Preis abschließend deutlich. |

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