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E-Rezept: Besser freiwillig

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Redakteur

Das neue Jahr hat den Apotheken ein Problem weniger gebracht, als zuvor befürchtet wurde. Statt mit den Tücken der Technik beim E-Rezept zu kämpfen, dürfen die Apothekenteams ihren gewohnten Arbeitsabläufen nachgehen. Doch gefragt ist nicht nur ein Aufschub des bisherigen Plans für das E-Rezept. Die Verlängerung der Tests auf unbestimmte Zeit macht die Köpfe frei, das Thema noch mal ganz neu zu denken: Warum war überhaupt eine Pflicht für das E-Rezept geplant? Wofür soll eine solche Hau-Ruck-Aktion gut sein? Sonst werden Neuerungen vielfach als Angebote an die Patienten gestaltet. Das würdigt die zentrale Rolle der Patienten und folgt zugleich einem wettbewerblichen Ansatz. Wer sollte dagegen sein? Wenn das E-Rezept wirklich so gut wird, wie ­seine Befürworter meinen, wird es sich durchsetzen. Wenn nicht, können alle Beteiligten froh sein, noch mehr Zeit für die nötige Weiterentwicklung zu gewinnen.

In den nächsten Monaten sind umfangreiche Tests und Arbeiten an den Details nötig, um ein bundesweit einsatzfähiges Produkt zu entwickeln. Danach hätte eine freiwillige Einführung viele Vorteile. Wer ohnehin alles mit dem Handy macht und die nötige Ausstattung hat, soll die neue Technik nutzen können, auch im Versand. Dann kann niemand den Apothekern nachsagen, sie würden die Versender ausbremsen wollen. Wer unbedingt bei den Versendern kaufen will, macht das auch jetzt schon. Viel wichtiger ist, die große Mehrheit der Patienten nicht zu irritieren. Die Teams in Apotheken und Arztpraxen sollten nicht damit belastet werden, den Patienten eine Technik erklären zu müssen, die sie nicht nutzen möchten und die ihnen keine Vorteile bringt. Das kostet Zeit, die im Versorgungsalltag niemand hat. Im Idealfall lassen sich mit freiwilligen E-Rezepten sogar die problematischen Zugangscodes auf Papier vermeiden. ­E-Rezepte auf Papier sind widersinnig und schaffen neue Probleme. Wer die nötige Technik nicht hat oder nicht nutzen will, soll ein „richtiges“ Papierrezept bekommen. Damit würden sich die vielen Probleme erübrigen, die im vorigen Jahr ohne Ergebnis hin- und herdiskutiert wurden. Es gäbe keine datenschutzrechtlich bedenkliche Weiterleitung von fotografierten Zugangscode-Ausdrucken, keine Missbrauchsgefahr und keine zusätzlichen Anreize für den Versand. Vor allem würden sich die zusätzlichen technischen Fragen dieses Weges erübrigen. Dann drohen weder Versorgungsprobleme noch irgendwelche ärgerlichen Diskussionen mit den Patienten über die fehlende Rechtskraft der gedruckten Codes. Diesen vielen Vorteilen stehen keine Nachteile gegenüber. Denn die Systeme für Papier- und E-Rezepte müssen ohnehin noch jahrelang neben­einander bestehen, solange BtM-, T- und Privatrezepte und Hilfsmittelverordnungen nicht digitalisiert sind. In dieser Zeit kann sich das E-Rezept in der freiwilligen Nutzung bewähren, und die Krankenkassen können die Versicherten in einem geordneten Prozess mit der neuen Technik versorgen. Darum ist jetzt die Überzeugungsarbeit für den nächsten Schritt gefragt: Auf die Tests sollte die bundesweite freiwillige Einführung des E-Rezepts auf Patientenwunsch folgen, aber keine Pflicht für alle.

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