DAZ aktuell

Keine impfenden Apotheker, stattdessen Dispensierrecht

Forderung von Medi Baden-Württemberg – und wie die Politik das sieht

ak/ral | Dass die Ärzteschaft nicht viel von impfenden Apothekern hält, ist hinlänglich bekannt. Die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes, durch die die Grippeschutzimpfung in Apotheken in die Regelversorgung überführt werden soll, hat daher entsprechende Kritik von Ärzteverbänden hervorgerufen – und wieder einmal zur Forderung nach dem Dispensierrecht für Ärzte. Wie werden Kritik und Forderung in der Politik gesehen? Die DAZ hat nachgefragt.

Dass Apotheken künftig nicht nur in Modellprojekten impfen sollen, könne „nur mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen werden“, hieß es zuletzt in einer Presseerklärung von Medi Baden-Württemberg. Statt eine „neue Impfinstanz mit möglichen Kostensteigerungen zu schaffen“, fordert der Verband die Einführung des Dispensierrechts für die Ärzteschaft. ­„Gerade an Wochenenden können so mögliche Brüche in der Versorgung vermieden werden.“ Zudem könne bei der Erstbestellung von Arzneimitteln effizienter vorgegangen und unnötig große Packungsgrößen umgangen werden. „Zusätzlich sparen Patientinnen und Patienten Wege und tragen so zum Umwelt- und Klimaschutz zumindest etwas bei. Das geschieht nicht durch zusätzliche Apothekenbesuche für Impfungen“, ist Medi überzeugt.

SPD befürwortet impfende Apotheker …

Was sagen die Bundestagsfraktionen zum Streit ums Impfen und zur Forderung der Ärzte nach dem Dispensierrecht? Heike Baehrens, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, erklärt: „Die Menschen erwarten zu Recht von uns niedrigschwellige Zugänge zur Versorgung. Das gilt besonders für Formen der präventiven Gesundheitsvorsorge wie das Impfen. Darum haben uns Apothekerinnen und Apotheker bereits an vielen Orten einen hervorragenden Beitrag zur Pandemiebekämpfung geleistet. Diese positiven Erfahrungen sollen nun auch auf Grippeschutzimpfungen übertragen werden.“ Vorausgesetzt sei immer eine entsprechende Qualifizierung der Apothekerinnen und Apotheker.

… und ein eingeschränktes Dispensierrecht

Im Übrigen plädiere die SPD-Bundestagsfraktion seit Langem für ein eingeschränktes Dispensierrecht für niedergelassene Ärzte im Notdienst, wie es auch Bundesgesundheitsminister Professor Lauterbach derzeit bereits prüfe, so Baehrens, denn „kommt es zu einer akuten Erkrankung außerhalb der Sprechzeiten, so sollte es Patientinnen und Patienten nicht noch zugemutet werden, einen ggf. beschwerlichen und weiten Weg zur Bereitschaftsapotheke auf sich nehmen zu müssen. Solche Brücken in der Versorgung sind der richtige Weg.“

Auch FDP und Linke sind für Impfung in der Apotheke

Andrew Ullmann, FDP-Bundestagsfraktion, sagte auf Nachfrage der DAZ: „Andere Länder zeigen, dass die Impfquoten bei der Grippeschutzimpfung sich maßgeblich erhöhen, wenn auch in Apotheken geimpft werden kann. Als Infektiologe ist mir dies ein besonders wichtiges Anliegen. Daher sollten wir diese Chance nutzen.“ Gleichwohl könne er die Position des Medi-Verbund Baden-Württemberg nachvollziehen und sei grundsätzlich für jeden Vorschlag, der die Patientenversorgung verbessere, gesprächsbereit.

Für die Linke äußerte sich Kathrin Vogler: „Wir brauchen niedrigschwellige Impfangebote, nicht nur gegen Corona, sondern auch gegen die saisonale Grippe. Vor dem Hintergrund des Hausärztemangels, einer möglichen weiteren Impfwelle in der Corona-Pandemie und den ohnehin schon überlasteten Arztpraxen, wären Impfangebote in Apotheken eine willkommene Ergänzung.“ Wie ihre Fraktion die Forderung nach dem Dispensierrecht sieht, ließ Vogler offen, ebenso wie Tino Sorge von der Union. Die Grünen und die AfD ließen die Anfrage bislang unbeantwortet.

ABDA stellt sich hinter Impfpläne der Regierung

Die ABDA stellt sich indes klar hinter das Vorhaben der Ampel. „Die Apothekerschaft steht bereit, um die ärztlichen Impfangebote zu ergänzen – ­gegen Grippe ebenso wie gegen ­COVID-19“, betont ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. In Richtung der Ärzte erklärt sie, Impfungen seien in Apotheken genauso sicher wie in Arztpraxen. Die medizinischen Grundlagen hätten impfende Apotheker in Fortbildungen gelernt, die mit der Bundesärztekammer abgestimmt wurden. Patienten zu suggerieren, dass Impfungen in Apotheken riskant wären, sei unverantwortlich.

Zusätzliche Impfangebote seien darüber hinaus auch bei der Grippeschutzimpfung notwendig. Bislang liegt die Impfquote trotz aller ärztlichen An­gebote deutlich unter den 75 Prozent, die von offiziellen Stellen gefordert werden. |

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