DAZ aktuell

Grippeimpfung als Regelleistung – auch in Thüringen?

Berufsordnung in Thüringen verhindert bislang die Teilnahme von Apotheken an Modellprojekten

cm | Die Ampel-Koalitionäre planen, die Grippeschutzimpfung in den Apotheken in die Regelversorgung zu überführen. Ob das bundesweit gelingt, wird davon abhängen, wie das Verhältnis zum Berufsrecht geregelt wird. Würde im Gesetz bestimmt, dass dieses nicht entgegenstehen darf, wäre das Impfen in Thüringen nicht möglich – denn dort ist in der Berufsordnung das uneingeschränkte Verbot zur Ausübung der Heilkunde verankert.

Bisher dürfen Apotheker nur dann gegen Influenza impfen, wenn sie an einem regionalen Modellprojekt teilnehmen, zu dem z. B. der örtliche Apothekerverband mit einer bestimmten Krankenkasse einen Vertrag geschlossen hat. Künftig sollen jedoch alle Apotheken bundesweit Erwachsene gegen Grippe impfen dürfen und das Angebot Versicherten aller Kassen offenstehen. Eine entsprechende Anpassung ist in einem Änderungs­antrag zum Entwurf eines Pflege­bonusgesetzes vorgesehen.

Für die bisherigen Modellprojekte bestimmt § 132j Abs. 4 Sozialgesetzbuch V allerdings, dass die Impfungen nur möglich sein sollen, wenn dem keine berufsrechtliche Regelung entgegensteht. Vor diesem Hintergrund haben jene Kammern, die zuvor zum Beispiel das Verbot der Ausübung der Heilkunde in ihren Berufsordnungen verankert hatten, diese nach und nach an­gepasst, um Grippeimpfungen in den Betriebsstätten möglich zu machen. Einzig in Thüringen haben sich die Delegierten der Landesapothekerkammer mehrheitlich dagegen entschieden. „Die Ausübung der Heilkunde, insbesondere die Ausübung dem Arzt vorbehaltener Tätigkeiten, verstößt gegen die Berufspflichten“, heißt es in § 11 der dort geltenden Berufsordnung für Apotheker.

Was bedeutet es nun für Thüringen, wenn die Grippeimpfung in Apotheken Regelversorgung werden soll? Danny Neidel, Geschäftsführer der Landes­apothekerkammer Thüringen (LAKT), betont im Gespräch mit der DAZ, dass nach aktuellem Stand die einschlägige Formulierung zum Berufsrecht nur in der Begründung zum bereits beschlossenen Änderungsantrag zu finden ist. Dort heißt es: „Zudem ist die Durchführung der Schutzimpfung nur gestattet, sofern das Berufsrecht dem nicht entgegensteht. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Regelungen in den jeweiligen Berufsordnungen der Apothekerkammern.“

Damit die Vorgabe tatsächlich eine rechtliche Wirkung entfalten kann, muss sie nach Einschätzung der Kammer jedoch direkt im Gesetzestext stehen – und das sieht der derzeitige Änderungsantrag nicht vor. Das heißt: Bleibt der Antrag so wie er ist, dürfen künftig laut Neidel auch Apotheker in Thüringen gegen Grippe impfen. Hebt die Ampel den Verweis auf das Berufsrecht jedoch noch in den Ge­setzeswortlaut, dürfen sie es nicht.

Neidel kündigte gegenüber der DAZ an, man werde das Thema bei der Kammerversammlung der LAKT am 22. Juni erneut auf die Tagesordnung setzen. Doch weshalb hält die LAKT eigentlich bisher als einzige Kammer bundesweit am kompletten Verbot der Ausübung der Heilkunde fest? „Die Delegierten haben das bereits mehrfach bei Kammerversammlungen diskutiert“, erinnert Neidel. Man habe sich letztlich bisher immer dagegen entschieden, die Berufsordnung entsprechend anzupassen, weil „wir die Zukunft der Apotheken nicht im Impfen sehen“, so der LAKT-Geschäftsführer.

Stattdessen setzt man in Thüringen voll und ganz auf das Medikations­management. Und damit haben die Apotheken im Kammerbezirk bereits Erfahrung: Thüringen ist am ABDA-Prestigeprojekt ARMIN beteiligt, in dem das Medikationsmanagement unter Zuhilfenahme des elektronischen Medikationsplans erprobt wird. Die Evaluationsergebnisse erwartet der Berufsstand mit Spannung. |

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