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Liegt es an der Schilddrüse?

Auswirkungen von Schilddrüsenfunktionsstörungen

cb | Schilddrüsenfunktionsstörungen kommen in Deutschland häufig vor, und ihre Auswirkungen auf andere Organe sind vielfältig. Laut Priv.-Doz. Dr. Susanne Ammon-Treiber, Institut für Pharmazie der Universität Tübingen, empfiehlt es sich, bei bestimmten Beschwerden auch an die Erkrankung der Schilddrüse als Ursache zu denken.
Foto: DAZ/Alex Schelbert

Priv.-Doz. Dr. Susanne Ammon-Treiber beschrieb die vielfältigen Auswirkungen von Schilddrüsenfunktionsstörungen, die individuell und altersabhängig variieren können. Sie riet, bei unklaren Symptomen immer auch an die Schilddrüse zu denken.

Neben der klassischen Einteilung in Schilddrüsenunter- und -überfunktionsstörungen ist auch eine Einteilung in primäre, sekundäre und tertiäre Funktionsstörungen möglich, erläu­terte Ammon-Treiber. Mehr als 99% aller Schilddrüsenfunktionsstörungen sind primärer Natur, das heißt, ihre Ursache liegt in dem Organ selbst. Bei sekundären Störungen findet man die Ursache in der Hypophyse, dem übergeordneten Zentrum des Regelkreises. Liegt die Ursache noch „eine Etage höher“, im Hypothalamus, spricht man von tertiärer Störung.

Bei bestimmten Symptomen auch an die Schilddrüse denken

Schilddrüsenfunktionsstörungen beeinflussen zahlreiche Körperfunktionen, vor allem den Energiestoffwechsel, das Herz-Kreislauf-System, die Psyche, den Knochenstoffwechsel sowie die Fertilität – bei Männern und bei Frauen. Wenn Kunden in der Apotheke bestimmte Symptome schildern, solle daran gedacht werden, dass die Ursache dafür in der Schilddrüse liegen könnte, riet Ammon-Treiber. So können bei einer Unterfunktion, bei der der Organismus unzureichend mit Schilddrüsenhormonen versorgt wird, Symptome wie beispielsweise Müdigkeit, depressive Verstimmung, Gewichtszunahme, Kälteintoleranz sowie kalte und trockene Haut, aber auch Obstipation, Haarausfall und Zyklusstörungen bis hin zur Infertilität auftreten. Dagegen kommt es bei einer Hyperthyreose, bei der T3 und T4 über das erforderliche Maß hinaus produziert werden, zu einem Anstieg der Stoffwechselprozesse. Deshalb zählen zu den typischen Symptomen einer Hyperthyreose: Hyperaktivität und Nervosität bei rascher Ermüdbarkeit, vermehrte Reizbarkeit, Schwitzen und Hitzeintoleranz, Tremor, Gewichtsverlust und Diarrhöen. Natürlich treten nicht alle Symptome bei jedem Betroffenen auf, betonte Ammon-Treiber. Bei symptombedingtem Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung wird der Arzt eine Labordiagnostik mit Bestimmung des TSH-Wertes sowie der freien, nicht an Plasmaproteine gebundenen Hormone (fT4, fT3) veranlassen. Liegt nur eine latente Hypo- oder Hyperthyreose vor, sind die freien Schilddrüsenhormone im Normbereich. Die Messergebnisse müssen aber immer unter Berücksichtigung weiterer Parameter wie des Lebensalters, der klinischen Symptome, des Body Mass Index, des gesund­heitlichen Allgemeinzustands und der Einschränkung der gesundheitsbedingten Lebensqualität bewertet werden, betonte die Referentin.

Aus aktuellem Anlass: COVID-19 und die Schilddrüse

Bei Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, wurde in Einzelfällen über eine anschließende Hashimoto-Thyreoiditis oder eine autoimmune Hyperthyreose berichtet. Besonderes Interesse der Wissenschaftler gilt jedoch dem Long-COVID-Syndrom, das unter anderem mit Kraft­losigkeit, Müdigkeit bis hin zu Fatigue einhergeht, wobei ein Zusammenhang mit der Schilddrüse möglich sein könnte. Zur Expression von SARS-CoV-2 in der Schilddrüse gibt es derzeit jedoch nur widersprüchliche Erkenntnisse. Deshalb ist es auch nicht gesichert, dass das Virus direkt in der Schilddrüse Dysfunktionen induzieren kann, die zu Hypokortisolismus, Hypothyreose oder einer Dysregula­tion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) führen. Deshalb werden weitere Daten zu diesem Thema benötigt. |

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