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Arzneimittel und Therapie
Thrombus vs. Blutung - ein Balanceakt
Was bei einer verlängerten Antikoagulation beachtet werden muss
Patienten, die eine nicht provozierte venöse Thromboembolie (s. Kasten) erlitten haben, erhalten initial eine antikoagulative Therapie. Erfolgt diese nach der initialen Therapie über mehr als drei bis sechs Monate, spricht man von einer verlängerten Antikoagulation. Dabei ist zu beachten, dass neben der gewünschten Wirkung – dem Vermeiden eines erneuten Thrombus – das Risiko einer schweren Blutung unter der Langzeittherapie erhöht ist. Aber auch der Abbruch der antikoagulativen Behandlung ist mit nicht unerheblichen Risiken verbunden: So liegt das Risiko, erneut eine venöse Thromboembolie zu erfahren, nach Ende einer einjährigen Antikoagulation bei 10% und steigt innerhalb von zehn Jahren auf 36%. 4% dieser erneut auftretenden venösen Thromboembolie enden tödlich. Ein Balanceakt! Um diesen besser einschätzen zu können, führte eine internationale Arbeitsgruppe einen systematischen Review mit darauf basierender Metaanalyse durch. Ihr Ziel war die Bestimmung der Inzidenz schwerer Blutungen bei Patienten, die aufgrund einer nicht provozierten venösen Thromboembolie eine langjährige Antikoagulation (mindestens neun Monate bis fünf Jahre) erhalten hatten.
Erst Gerinnsel, dann verstopftes Gefäß
Bei venösen Thromboembolien kommt es aufgrund einer Gerinnselbildung zur Verstopfung eines Gefäßes in den Beinen (tiefe Venenthrombosen) oder der Lunge (Lungenembolie). Man unterscheidet zwischen provozierten und nicht provozierten (also ohne erkennbare Ursache aufgetretenen) Ereignissen. Sowohl tiefe Venenthrombosen als auch Lungenembolien weisen dieselben Risikofaktoren auf und werden auf dieselbe Art und Weise behandelt. Risikofaktoren sind Rauchen, Adipositas, hereditäre Thrombophilien, schwere Infektionen, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen sowie Herzinsuffizienz. Provokationsfaktoren sind Operationen, Trauma, Frakturen, Immobilisation, Malignome, Schwangerschaft und die Einnahme von Östrogenen.
Erhöhtes Blutungsrisiko
Zur Auswertung kamen 14 randomisierte klinische Studien und 13 Kohortenstudien mit insgesamt 17.202 Patienten. 9982 Probanden hatten einen Vitamin-K-Antagonisten erhalten, 7220 ein direktes orales Antikoagulans. Auf 100 Personenjahre bezogen lag die Inzidenz für schwere Blutungen unter der Einnahme eines Vitamin-K-Antagonisten bei 1,74 Ereignissen (95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,34 bis 2,20) und unter der Therapie mit oralen Antikoagulanzien bei 1,12 (95%-KI: 0,72 bis 1,62) Ereignissen. Die kumulative Fünf-Jahres-Inzidenz unter einer Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten lag bei 6,3% (95%-KI: 3,6% bis 10%). Für die Bestimmung der kumulativen Fünf-Jahres-Inzidenz unter der Einnahme von direkten oralen Antikoagulanzien lagen zu wenige Daten vor.
Besonders gefährdete Personengruppen
In Subanalysen wurde untersucht, ob für bestimmte Personengruppen das Blutungsrisiko besonders erhöht ist. Dies war in der Tat der Fall, nämlich bei über 65-jährigen Patienten, bei Probanden mit eingeschränkter Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance < 50 ml/min), bei der gleichzeitigen Einnahme eines Thrombozytenaggregations-Hemmers, bei einem Hämoglobin-Wert < 10 g/dl und wenn Blutungen in der Vorgeschichte aufgetreten waren. Die Case-Fatality-Rate, also der Anteil der tödlichen Verläufe unter schweren Blutungen, lag bei 8,3% unter einer Therapie mit Vitamin-K-Antikoagulanzien und bei 9,7% unter der Behandlung mit direkten oralen Antikoagulanzien.
Die Erkenntnisse sollten bei der Wahl eines Antikoagulans und der Therapiedauer einbezogen werden, um Nutzen und Schaden der Antikoagulanzien-Therapie sorgsam austarieren zu können. |
Literatur
Khan F et al. Long-Term Risk for Major Bleeding During Extended Oral Anticoagulant Therapy for First Unprovoked Venous Thromboembolism : A Systematic Review and Metaanalysis. Ann Intern Med 2021;174(10):1420-1429, doi: 10.7326/M21-1094
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