Arzneimittel und Therapie

Am besten gegen Angst wirkt ...

Netzwerkanalyse liefert Ranking der Arzneimittel gegen Panikstörungen

Der Leidensdruck ist hoch bei Patienten mit Panik-Attacken. Helfen kann die Pharmakotherapie. Dabei sind viele Arzneistoffe zwar gut wirksam, bringen aber Nebenwirkungen mit sich. In einer groß angelegten Übersichtsstudie bestätigen die Autoren: Serotonin-Wiederaufnahmehemmer haben das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis. Escitalopram und Sertralin schienen dabei am verträglichsten zu sein.

Etwa 1 bis 5% der Bevölkerung ent­wickeln im Laufe ihres Lebens eine ­generalisierte Angststörung. Betroffene erkranken häufiger an Depressionen und kardiovaskulären ­Erkrankungen, zudem ist das Arbeits- und Sozialleben oft stark beeinträchtigt. Neben Psychotherapie können auch Pharmaka zur Behandlung herangezogen werden. Ärzte verschreiben meist selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) oder tricyclische Antidepressiva (TZA). Aber auch Benzodiazepine, MAO-Hemmer oder Betablocker werden eingesetzt. Wissenschaftler aus Bangkok wollten im Rahmen eines systematischen Reviews mit Netzwerk-Metaanalyse herausfinden, welches das beste Mittel ist, um die Angststörungen zu beseitigen. Netzwerk-Metaanalysen werden eingesetzt, wenn mehr als zwei Therapieoptionen miteinander verglichen werden sollen, diesbezüglich aber noch keine geeigneten Studien vorliegen. Wurden beispielsweise zwei Therapien nur gegen Placebo getestet, nutzt die Netzwerkanalyse statistische Methoden, um sie direkt miteinander zu vergleichen, und bildet so eine Art Rangfolge aller Therapien.

Für die Netzwerkanalyse werteten die Forscher 87 Studien aus, bei denen 12.800 erwachsene Patienten mit der Diagnose Angststörung ausgewertet worden waren. Als Studienendpunkte interessierten sich die Autoren für eine Remission der Angststörung, Studien-Dropouts und die aufgetretenen Nebenwirkungen.

Foto: beeboys/AdobeStock

TZA und Benzodiazepine: Hoher Nutzen, hohes Risiko

Bei Patienten, die SSRI, tricyclische Antidepressiva oder Benzodiazepine eingenommen hatten, war die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass sich die Angststörung löste. Ein prozentualer Vergleichswert bescheinigte Benzodiazepinen eine relative Wirksamkeit von 84,5%, tricyclischen Antidepressiva 68,7% und SSRI 66,4%. Insbesondere Benzodiazepine haben den Vorteil, sofort wirksam zu sein, während Antidepressiva – wie bei anderen Indikationen auch – erst nach mehreren Wochen zu wirken beginnen.

Gleichzeitig bringen Benzodiazepine aber auch mehr unerwünschte Arzneimittelwirkungen mit sich als andere Therapeutika (Risk Ratio [RR] = 1,76; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,50 bis 2,06). Neben dem erhöhten Sturzrisiko für ältere Patienten droht unter anderem das Problem der Abhängigkeit. Auch tricyclische Antidepressiva waren hinsichtlich der Nebenwirkungen unter den schlechtesten Wirkstoffklassen (RR = 1,79, 95%-KI: 1,47 bis 2,19). Oft scheitert die Behandlung, weil Patienten ihre Mittel wegen der auftretenden Nebenwirkungen absetzen.

SSRI führen zum Ziel

Die Netzwerk-Metaanalyse bestätigte, was frühere Studien bereits gezeigt haben: Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer bringen von allen Therapieoptionen das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis mit sich. Erstmals analysierten die Autoren aber zusätzlich, welches SSRI die beste Wahl zu sein scheint: Am effektivsten waren Sertralin, Escitalopram, Fluvoxamin, Paroxetin und Fluoxetin. Dabei schienen Sertralin und Escitalopram gleichzeitig am besten verträglich zu sein.

Natasha Chawla et al. regen im Diskussionsteil der Studie an, dass es in der Praxis helfen würde, wenn künftige Studien langfristige Effekte von SSRI bei Angststörungen ergründen.

Generell vermuten die Forscher bei fast allen herangezogenen Studien ein hohes bis mittleres Risiko, dass die Ergebnisse verzerrt worden sein könnten. Viele der Untersuchungen waren über 20 Jahre alt, einige waren methodologisch schwach und Studien­endpunkte wenig präzise. |

Literatur

Chawla N et al. Drug treatment for panic disorder with or without agoraphobia: systematic review and network meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2021, DOI:10.1136/bmj-2021-066084

Apotheker Marius Penzel

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