Wirtschaft

Problem Polymedikation

AOK: Zweifel an Hilfe aus der Apotheke

ks | In Deutschland kosten Arzneimittel zu viel, vor allem die patentgeschützten. Diese Erkenntnis präsentierte einst der Arzneiverordnungsreport jeden Herbst, mittlerweile ist es der Arzneimittel-Kompass, herausgegeben vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO).

Die vergangene Woche veröffentlichte Datensammlung und Analyse legt in diesem Jahr den Fokus auf die Qualität der Arzneimittelversorgung. Diese, so die Autoren, erhöhe sich nämlich nicht so sehr wie die Preise. Bei 61,5 Prozent der Patientengruppen habe sich im AMNOG-Verfahren kein Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie gezeigt. Und in den letzten zehn Jahren habe die GKV 16,6 Milliarden Euro für diese Arzneimittel ohne Zusatznutzen ausgegeben.

Weiterhin legt der Kompass einen Fokus auf die Polymedikation. Weit mehr als die Hälfte der älteren Patienten seien von Polypharmazie und den damit einhergehenden Risiken betroffen. Lag der Verordnungsanteil für ältere Patienten ab 65 Jahren im Jahr 2012 im Mittel noch bei 3,9 verschiedenen Medikamenten, so waren es im Jahr 2021 im Mittel bereits 4,4 Medikamente pro Tag, erläuterte Prof. Petra Thürmann von der Universität Witten/Herdecke und Mit­heraus­geberin des Arzneimittel-Kompass. Nach der neuen PRISCUS 2.0-Liste habe im Jahr 2021 zudem knapp die Hälfte (49,5%) der ins­gesamt 16,4 Millionen älteren GKV-Versicherten mindestens ein potenziell unangemessenes Medikament verordnet bekommen.

Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung beim AOK-Bundes­verband, sprach bei der Vorstellung der Studie auch die pharmazeutischen Dienstleistungen an. Schließlich richten sich diese auch an Menschen mit Polymedikation. „Aber ob davon auch diejenigen Patienten profitieren, die diese Beratung am dringendsten brauchen, das bezweifeln wir“, sagte Richard. Das seien nämlich vor allem ältere Menschen, die täglich neun oder mehr unterschiedliche Arznei­mittel einnehmen. „Es bleibt den Apothekern überlassen, ob sie diese Leistung anbieten, und es ist völlig offen, ob die Erkenntnisse der Beratung jemals bei den verordnenden Ärzten ankommen.“ |

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