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Gesundheitspolitik
Wer lobbyiert in der Bundespolitik?
Startschuss für Lobbyregister
Bereits zu Jahresbeginn ist das Lobbyregistergesetz in Kraft getreten – bis zum 28. Februar 2022 hatten politische Interessenvertreter Zeit, sich zu registrieren. Diese Übergangsfrist ist nun abgelaufen. Das heißt: Alle natürlichen Personen und Organisationen, die Kontakt zu Mitgliedern des Bundestages oder der Bundesregierung aufnehmen, um Einfluss auf politische Prozesse zu nehmen, oder die eine solche Tätigkeit in Auftrag geben, müssen in das Register eingetragen sein. Jedenfalls dann, wenn ihre Tätigkeit eine im Gesetz definierte Erheblichkeitsschwelle überschreitet und keine der gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen vorliegt.
Auch eine freiwillige Eintragung ist möglich. Wer sich trotz bestehender Registrierungspflicht nicht einträgt oder Eintragungen unrichtig, unvollständig oder nicht rechtzeitig vornimmt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Eine solche kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Wer muss sich registrieren?
Eine Registrierungspflicht besteht, wenn
1. die Interessenvertretung regelmäßig betrieben wird,
2. die Interessenvertretung auf Dauer angelegt ist,
3. die Interessenvertretung geschäftsmäßig für Dritte betrieben wird oder
4. innerhalb der jeweils letzten drei Monate mehr als 50 unterschiedliche Interessenvertretungskontakte aufgenommen wurden.
Wichtig: Es reicht, wenn eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist.
Was ist das Ziel?
Das Lobbyregister, um das im Bundestag lange gerungen wurde, soll helfen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik und die Legitimität der Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse in Parlament und Regierung zu stärken. Sein erklärtes Ziel ist, mehr Transparenz bezüglich des Einflusses von Interessenvertretern auf diese Prozesse zu schaffen. Auch wenn der Begriff des „Lobbyismus“ für viele eine negative Konnotation hat, ist Interessenvertretung in der Politik nicht per se schlecht. Politiker müssen sich schließlich um zahlreiche Fachgebiete kümmern, die sie nicht immer ohne Hilfe selbst durchdringen können. So ist es selbstverständlich, dass in Gesetzgebungsprozessen (Fach-)Verbände und sonstige Experten um Stellungnahmen gebeten werden. Auch in der Apothekerschaft ist man interessiert, den politischen Vertretern die eigene Sicht auf die Dinge zu erklären. Die Abgeordneten müssen am Ende natürlich selbst entscheiden, welchen Argumenten sie folgen.
Alle ins neue Lobbyregister Eingetragenen akzeptieren zudem einen Verhaltenskodex. Wird ein nicht unerheblicher Verstoß gegen diesen Kodex festgestellt, landet dies öffentlich im Register. Dies kann dann Folgen für die Erteilung von Zugangsberechtigungen zum Bundestag, für die Teilnahme an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse oder für die Beteiligung von Verbänden und Fachkreisen an Entwürfen von Gesetzesvorlagen der Bundesministerien haben.
Einblicke ins Register
Gibt man auf der Lobbyregister-Webseite des Bundestags (lobbyregister.bundestag.de) „Apotheke“ als Suchbegriff ein, landete man am vergangenen Freitagvormittag 54 Treffer, bei denen das Wort zumindest in der Beschreibung ihrer Tätigkeit vorkommt. (Die Zahl wuchs auch nach dem 1. März noch). Darunter die ABDA, die Bundesapothekerkammer (BAK), der Deutsche Apothekerverband (DAV) sowie einige (nicht alle!) Landesapothekerverbände und die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg. Auch der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), der Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA), der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA), der Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) und der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) sind registriert. Unter den Treffern finden sich aber auch Unternehmen wie Alliance Healthcare Deutschland und Noventi Health SE sowie Verbände wie der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller und der Großhandelsverband Phagro. Ebenfalls vertreten sind Zur Rose und DocMorris in Form ihrer unterschiedlichen Gesellschaften (AG, GmbH, N. V., B. V.). Wer nur „DocMorris“ in die Suchmaske eingibt, kommt auf sieben Treffer – darunter die European Association of E-Pharmacies (EAEP) sowie Berater/Beratungsunternehmen, die unter anderem DocMorris als Auftraggeber anführen. Auch die Zur Rose-Tochter eHealth-Tec ist eigens aufgeführt. Die Shop Apotheke ist ebenfalls im Register zu finden.
Das Register enthält aber noch weitere interessante Informationen: Die hier eingetragenen Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen müssen auch angeben, wie hoch ihre jährlichen finanziellen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung sind (in Stufen von jeweils 10.000 Euro) und wie viele Beschäftigte sie hierfür aussenden (10er-Schritte).
ABDA investiert mehr als 2,5 Millionen Euro
So lässt sich etwa erkennen, dass BAK und DAV gar keine finanziellen Aufwendungen haben, die ABDA als Dachverband hingegen 2,54 bis 2,55 Millionen Euro – bei „10 bis 20“ in der Interessenvertretung beschäftigten Personen (welche Personen dies jeweils genau sind, ist ebenfalls im Register einzusehen). Bei der DocMorris N. V. sind jährliche Aufwendungen zwischen 220.001 und 230.000 Euro angegeben, bei DocMorris Service B. V. liegen sie zwischen 80.001 bis 90.000 Euro – bei jeweils null Beschäftigten in der Interessenvertretung. Die Zur Rose Group AG kommt – ebenfalls ohne Beschäftigte – auf Aufwendungen in Höhe von 60.001 bis 70.000 Euro, die Zur Rose Pharma GmbH auf weitere 20.001 bis 30.000 Euro. Shop Apotheke ist mit 80.001 bis 90.000 Euro an Aufwendungen registriert.
Die „Apotheken“-Treffer erscheinen übrigens fast bescheiden gegenüber den mehr als 100, die beim Suchwort „Pharma“ angezeigt werden. Beim Stichwort „Ärzte“ sind es rund 130 Treffer. |
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