DAZ aktuell

Apotheken stärker in die Pandemie­bewältigung einbinden

Pharmazeutische Kompetenz aufwerten und nutzen – in fünf Punkten

eda | Der diesjährige „Zukunftskongress öffentliche Apotheke“ des Apothekerverbandes Nordrhein (AVNR) fand erstmalig im virtuellen Format mit rund 500 Teilnehmern statt. Erwartungsgemäß stand die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken im Kontext der Corona-Pandemie auf der Tagesordnung. Der AVNR nutzte seine Veranstaltung auch, um Forderungen zur Honorierung der Apotheken gezielt anzusprechen – gerade im Hinblick auf die in Aussicht stehenden pharmazeutischen Dienstleistungen. Verbandsvorsitzender Thomas Preis stellte fünf Punkte vor, wie sich die Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker in den aktuellen ­Zeiten aufwerten und noch besser nutzen lässt.

Wie steht es um die Rolle und die damit zusammenhängende Vergütung der Apotheken zum Ende der Legislaturperiode und auf dem Höhepunkt einer Pandemie? Der „Zukunftskongress öffentliche Apotheke“ des Apothekerverbands Nordrhein am vergangenen Samstag näherte sich dieser komplexen Fragestellung von mehreren Seiten. Dabei musste die Veranstaltung erstmals virtuell und – anstatt aus dem Bonner World Conference Center – aus einem Studio im Münsterland an die rund 500 Teilnehmer übertragen werden.

In ihrem gesundheitspolitischen Lagebericht verwies die Parlamentarische Staatssekretärin aus dem Bundesgesundheitsministerium, Sabine Weiss (CDU), darauf, dass man das Leistungsspektrum und die Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker noch stärker nutzen müsse als bisher. Dazu gehörten an erster Stelle das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG). Hinsichtlich des damit in Kraft getretenen Rx-Boni-Verbots verdeutlichte sie, dass eine Umsetzung des Rx-Versandverbotes „rechtlich sehr bedenklich“ gewesen wäre.

Der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein (AVNR), Thomas Preis, kritisierte, dass es länger als vier Jahre gedauert habe, eine Antwort auf das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung zu finden. Das nun bestehende, aber nicht für die PKV geltende Rx-Boni-Verbot, bezeichnete er als „halbherzig“ und kündigte zugleich an, dass man hier nicht locker lassen werde.

Corona-Impfungen auch in Apotheken

Anhand von fünf Punkten skizzierte Preis nachfolgend , wie die Apotheken im Hinblick auf die weitere Pandemiebewältigung stärker eingebunden werden können. Erstens müssten die Impfungen vorangebracht werden und die Impfkapazitäten permanent mit dem steigenden Impfangebot ausgebaut werden. Für den Fall, dass das ärzt­liche Angebot nicht ausreiche, alle impfwilligen Menschen zügig zu erreichen, stünden die Apotheker bereit, denn, wie das Modellprojekt in Nordrhein zeige, könnten die Pharmazeuten inzwischen Grippeimpfungen erfolgreich durchführen. Zweitens müsse die Teststrategie ausgebaut werden und Apotheken als wichtige Anlaufstelle genutzt werden. Preis forderte, dass in den Apotheken zu den zu erwartenden Laientests fachkundig beraten werde soll. Daher sei es notwendig, dass die Apotheker und ihr Per­sonal in den kommenden Wochen schneller als ursprünglich vorgesehen geimpft werden. Schließlich seien Apothekenteams seit Beginn der Pandemie dauerhaft einer ständigen Infektionsgefahr ausgesetzt. Drittens müsse die Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung hinsichtlich der weiterhin schnellen und qualitätsgesicherten Versorgung von FFP2-Masken über Apotheken vor Ort fortgeschrieben werden, weil ein Ende der pandemischen Lage nicht in Sicht sei. Viertens sollten die derzeit für Apotheken geltenden erleichterten Abgabemöglichkeiten bei den Rabattverträgen verlängert werden – im Sinne einer schnellen und sicheren Arzneimittelversorgung. Fünftens verwies Preis auf die wichtige Rolle der Apotheken bei der fachkundigen Informations- und Aufklärungsarbeit. Diese Kompetenzen der Apotheker und ihrer Teams müssten in der Pandemie weiterhin genutzt werden.

Preis setzt auf Laientests

Die politische Diskussionsrunde mit den Gesundheitspolitikern der Bundestagsfraktionen wurde in diesem Jahr nur von drei Vertretern besetzt: Georg Kippels von der CDU, Andrew Ullmann von der FDP sowie Jörg Schneider von der AfD. Einigkeit herrschte bei allen Diskutanten, dass die Rolle der Apotheken in der Pandemie essenziell war. Doch wie gelangt man zu einer auskömmlichen und gerechten Honorierung? Darüber wurde durchaus kontrovers diskutiert.

Hinsichtlich der geplanten flächendeckenden Einführung von Schnelltests für Laien forderte Thomas Preis, dass diese nur über Apotheken abgegeben und nicht über Supermärkte verramscht werden. Während der AfD-Gesundheitspolitiker Jörg Schneider diesem Vorschlag beipflichtete, erklärte der FDP-Gesundheitspolitiker und Internist Andrew Ullmann, dass er den Verbrauchern durchaus zutraue, die Tests selbst durchzuführen. CDU-Gesundheitsexperte Dr. Georg Kippels versprach sich dafür einzusetzen, dass die Laientests nicht als Ramschware enden werden.

Ullmann erwartet eine ABDA-Gebührenordnung

Thomas Preis sieht die Pandemie als Beschleuniger für eine Schieflage im Apothekensystem: Die Zahl der Rezepte in den Apotheken sei deutlich rückläufig – in Nordrhein startete man ins Jahr 2021 sogar mit einem Minus von etwa 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Preis rechnet damit, dass viele Apotheken daher spätestens Mitte oder Ende dieses Jahres in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnten. Hinsichtlich der fehlenden finanziellen Unterstützung des Staats bei der Schutzausrüstung – ­dazu zählen persönliche Ausrüstung und bau­liche Maßnahmen in der Offizin – mussten die Apotheken in Eigeninitiative umfangreich ­Investitionen tätigen: Allein 3,6 Millionen Euro ­sollen es in Nordrhein vergangenes Jahr gewesen sein, wie eine Blitzumfrage des AVNR Ende Mai ergeben hatte.

Ebenso sei nicht akzeptabel, kritisierte Preis, dass Arztpraxen die Corona-Tests für ihre Teams bezahlt bekämen und Apotheken nicht. Mit Blick auf die Bundestagswahl forderte Preis daher ein Umdenken in der Politik: Pharmazeutische Dienstleistungen – ob politisch gewollt oder pandemie­bedingt – müssten insgesamt deutlich besser vergütet werden. So seien die im VOASG vorgesehenen 150 Millionen Euro ab 2022 runter gerechnet auf die einzelne Apotheke viel zu gering angesetzt.

Im FDP-Gesundheitsexperten Andrew Ullmann fand Preis zwar einen Unterstützer in der Forderung, dass die Apotheker ihre Kompetenzen mehr einbringen sollten und für Dienstleistungen besser bezahlt werden müssten. Seiner Ansicht nach dürfen die Verbände aber nicht immer nur mehr Geld fordern, sondern müssen auch konkrete Vergütungsvorschläge machen. Die Standesvertretung müsse endlich eine Gebührenordnung formulieren. Und die Apotheker dürften nicht länger, so UIlmann, ihr Licht als Heilberufler unter den Scheffel stellen. Auch Kippels, der für die CDU im Gesundheitsausschuss des Bundestags sitzt, kündigte an, sich für eine bessere Vergütung von Dienstleistungen einzusetzen. Gleichzeitig signalisierte er, dass diese Pläne „absolut sicher“ in der nächsten Legislaturperiode Beachtung fänden. Doch Kritik äußerte er in Richtung von Gastgeber Thomas Preis: Jetzt schon, vor Beginn der vergüteten pharmazeutischen Dienstleistungen, wieder Geld zu fordern, sei eindeutig zu früh. |

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