Telepharmazie

Schritt für Schritt in die Telepharmazie

Wie sich Apotheken aufstellen müssen – und was sie erwarten können

eda | Während bis vor Kurzem noch eher die Bereitschaft zählte, sich als Apotheke auf dem Gebiet der Telepharmazie zu positionieren, ist es mittlerweile schon eher eine Notwendigkeit, den Kunden diese Art von Service anzubieten. Apothekerin Sarah Wessinger, die im Deutschen Apotheker Verlag für die Produktlinie apotheken.de zuständig ist, erläutert, welche Tools im Vordergrund stehen sollten, um eine virtuelle Verbindung zwischen Apotheke und Kunden aufzubauen.
Foto: mein.apotheken.de

DAZ: Die Telepharmazie soll Kunden und Apothekenpersonal immer dann zusammenbringen, wenn ein persönlicher Kontakt nicht möglich ist. Was ist dafür genau notwendig?
Sarah Wessinger: Zunächst muss das Angebot für die Kunden gut sichtbar platziert werden. Dafür stellen wir kostenloses Werbematerial zur Auslage in der Apotheke zur Verfügung. Wir bieten außerdem eine kostenlose Terminanfragefunktion zur Einbindung auf der Website an. Diese kann ganz einfach in alle Websites und Shops integriert werden – nicht nur in die apotheken.de-Website.

DAZ: Wie nutzt die Apotheke das Tool?
Wessinger: Auf der Seite der Apotheke ist das Tool „Telepharmazie“ Teil des mein.apotheken.de-Backends. Dafür ist es nicht unbedingt notwendig, eine apotheken.de-Website zu betreiben. Die Telepharmazie kann separat und völlig unabhängig genutzt werden. Eine Software muss bei der Lösung von apotheken.de auch nicht installiert werden. Sowohl alle Managementfunktionen als auch das eigentliche Online-Beratungsgespräch können über mein.apotheken.de direkt im Browser ausgeführt werden. Dort kann die Apotheke die Videotelefonie starten, Teilnehmer einladen und Termine verwalten. Als Teil der Servicelandschaft von mein.apotheken.de, können für die Telepharmazie auch andere Funktionen des Portfolios genutzt werden. Dazu gehören unter anderem die Filialverwaltung, die Stammdatenpflege, das Hochladen von Bildern und Logos und das Einrichten von Mitarbeiter-Accounts.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

In Verbindung mit dem Botendienst als Regelleistung sowie der Vergütung seit der Corona-Pandemie lässt sich dieses Angebot auch in die Telepharmazie einbauen.

DAZ: Und wie kommen die Apothekenkunden in die Online-Beratung?
Wessinger: Die Apothekenkunden können über die Website oder die Apotheken-App einen Termin anfragen. Über die eingegangenen Anfragen wird die Apotheke sofort von uns informiert. Das Apothekenpersonal bestätigt den Termin oder schlägt Alternativen vor. Ist der Termin vereinbart, müssen die Kunden nur noch auf den Link in der Einladungsmail klicken und können so direkt am Meeting teilnehmen.

DAZ: Was benötigen Apotheken, um das zu nutzen?
Wessinger: Die Apotheke selbst benötigt einen Rechner, eine Kamera, Mikrofon, Lautsprecher bzw. ein Headset sowie einen Browser. Schon einfache Modelle reichen aus. Die meisten Laptops bringen mittlerweile ausreichende Ausstattung mit. Die Einarbeitungs­zeit ist minimal, wer schon mal Zoom-, Facetime- oder WhatsApp-Calls durchgeführt hat, kommt mit der Bedienung gut zurecht. Außerdem wäre ein ruhiger Platz, an dem man sich auf die ­Videotelefonie konzentrieren kann, gut. Hier sollte die Apotheke auf den Hintergrund achten. Dieser sollte schön sein und keinen Einblick auf schützenswerte Informationen ­bieten.

Foto: Christian Hartlmaier

Über alle Kanäle erreichbar, modern und zeitlos beraten – Sarah Wessinger von apotheken.de

DAZ: Nun haben Apotheken ja schon immer auch über die Ferne beraten – per Telefon beispielsweise. Welche Vorteile bringt die Telepharmazie? Lassen sich hierdurch Qualität und Therapiesicherheit besser standardisieren?
Wessinger: Die Apotheke ist und war immer nah an ihren Kunden. Die aktuelle Corona-Pandemie zeigt aber, dass es Lösungen und Angebote bedarf, um Kunden zu erreichen, die ihre Wohnung nicht unbedingt verlassen wollen. Diese Möglichkeit schafft die Telepharmazie und unser Tool. So kann gute Beratung über Distanz erfolgen. Es gibt z. B. Apotheken, die sich auf bestimmte Beratungsgebiete spezialisiert haben. Kunden nehmen dafür gerne einen weiten Weg, manchmal mehrere Stunden, auf sich. Mit der Telepharmazie können die Kunden zu Hause bleiben, die Apotheke kann die spezialisierte Beratung dennoch vornehmen und so auch die empfohlenen Produkte über die Distanz verkaufen. Auch eine positive Rolle kann die Telepharmazie in der Beratung von Angehörigen spielen. In der Apotheke hatte ich immer wieder den Fall, dass Angehörige z. B. von Heimbewohnern mal am Wochenende zu Besuch waren und dann am Freitagabend oder am Samstagnachmittag noch eine ausführliche Beratung zu der Medikation wünschten. Das ist im Betrieb nicht immer gut möglich. Solche Beratungssituationen lassen sich für alle Beteiligten sehr gut über die Telepharmazie lösen. Der Termin kann geplant unter der Woche stattfinden, die Apotheke kann sich vorbereiten, und die Angehörigen können diesen Termin von ihren To-Do-Listen an einem Besuchswochenende streichen. Den Kontakt zu Pflegebedürftigen selbst hat man in der Apotheke selten, häufig kommen der Pflegedienst oder andere Betreuende. Mithilfe der Telepharmazie ist ein Kontakt zum Patienten selbst möglich, das kann vor allem im Hinblick auf die Arzneimitteltherapiesicherheit einen sehr großen Wert haben. Denn im direkten Kontakt kann anders aufgeklärt werden, so können Risiken erkannt und vermieden werden. Entsprechend können Gespräche zur Medikationsanalyse perfekt über die Telepharmazie erfolgen. Die Kunden sind in ihrem Umfeld zu Hause, hier können Probleme aufgedeckt werden, die in der Apotheke gar nicht auffallen würden, z. B. Probleme, die durch eine falsche Lagerung entstehen.

DAZ: Wie steht es mit der betriebswirtschaftlichen Dimension? Die Investition kostet die Inhaberinnen und Inhaber etwas. Den Personaleinsatz gibt es auch nicht für umsonst. Wie generiert die Telepharmazie einen monetären Mehrwert?
Wessinger: Hier gibt es verschiedene Ansätze: Zum einen können bestimmte telepharmazeutische Beratungs­leistungen mit einem konkreten Preis versehen und beworben werden. Der Kunde ist bei Buchung darauf eingestellt, dass die Dienstleistung bezahlt werden muss. Hierfür kommen z. B. eine Medikationsanalyse oder eine Ernährungsberatung infrage. Oft werden im Zuge der Online-Beratung aber auch Produkte verkauft, die z. B. per Botendienst zugestellt werden könnten. Zum anderen muss man sich bewusst machen, dass man mit der Telepharmazie in den Kunden der Zukunft investiert. Denn mit der Telepharmazie berät die Apotheke ab Sommer auch die Kunden, die ihr E-Rezept einlösen möchten und dafür nicht mehr in die Apotheke kommen. Mit der engen und persönlichen Beratung sorgt die Apotheke für eine gesicherte Kundenbindung. Sie erhöht die Wechselbarriere und verhindert, dass der Kunde mit seinem Bedürfnis nach einem Online-Kontakt verloren geht. Außerdem trägt ein moderner Service wie die Telepharmazie zur Imagepflege bei. Die Apotheke zeigt, dass sie über alle Kanäle erreichbar ist, dass sie modern und zeitgemäß beraten kann.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Auch in der Beratung von Angehörigen kann die Telepharmazie eine große Rolle spielen und zu einer Entlastung führen.

DAZ: Was sind bisher Ihre Erfahrungen mit dem Telepharmazie-Tool? Welche Rückmeldungen erhalten Sie aus Apotheken?
Wessinger: Das Interesse wächst stetig, unsere Online-Seminare zur Telepharmazie sind gut besucht, und auch die Anwenderzahlen steigen laufend. Viele Apotheken testen die Telepharmazie mit unserem Tool. Die Apotheken machen sich im Moment mit der Anwendung und deren Einsatz vertraut. Wir bekommen sehr gutes Feedback aus den Apotheken, was die Bedienungsfreundlichkeit unserer Anwendung, die Dokumentation, aber auch die bereitgestellten kostenlosen Werbemittel angeht, mit denen die Apotheke ihr Angebot gegenüber dem Kunden bewerben kann. Die Apotheker melden zurück, dass es häufig noch schwerfällt, sich auf die Telepharmazie einzulassen. Prozesse müssen definiert werden, und der Personaleinsatz muss teilweise anders organisiert werden. Da muss man sich erst herantasten und herausfinden, was das beste Modell für die eigene Apotheke ist.

DAZ: Warum halten Sie es für wichtig, dass sich die Apotheken – auch ab­gesehen von der aktuellen Corona-Pandemie – im Bereich Telepharmazie positionieren?
Wessinger: Über die Telepharmazie kann die Apotheke ihr Angebot sichtbarer machen. Dienstleistungen gerade im Beratungsbereich werden dann sogar Teil des Angebots. Das hat einen großen Wert für die Apotheke, denn Leistungen, die in der Offizin als gegeben wahrgenommen werden, können so in die Fläche ausgerollt werden. Aber das ist nur ein positiver Neben­effekt. Ganz praktisch kann eine Apotheke über die Telepharmazie Personenkreise erreichen, mit denen die Kommunikation ansonsten schwierig wäre. Wie bereits erwähnt, sehe ich hier die Angehörigen von Heimbewohnern oder pflegebedürftige Personen. Und rund um das E-Rezept, das im Sommer starten soll, bekommt die Online-Beratung natürlich noch mal ein ganz anderes Gewicht. Wenn die Pa­tienten ihre Verordnungen nur noch online verteilen und die verordneten Arzneimittel nach Hause geliefert haben wollen, stellt sich die Frage, wo und wie dann die Beratung stattfindet? In vielen Fällen wird sie online stattfinden müssen. Die Apotheken, die das nicht anbieten, verlieren diese Kundengruppe. Genau jetzt ist die Zeit, in der die Apotheke erste Erfahrungen sammeln sollte, so dass sie dann aufgestellt ist, wenn es losgeht.

Online-Seminare zur Telepharmazie

Das Team von apotheken.de zeigt Ihnen, wie die Online-Beratung über Telepharmazie funktioniert, und spricht mit Ihnen über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten. Melden Sie sich jetzt für eines der kostenlosen Online-Seminare an.

Dauer: ca. 30 Minuten

Verfügbare Termine:
Di 09.03.21, 19:00 Uhr
Do 11.03.21, 11:00 Uhr
Di 06.04.21, 19:00 Uhr
Do 08.04.21, 11:00 Uhr

Melden Sie sich an unter: https://mein.apotheken.de/­telepharmazie

DAZ: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Wessinger: Wir möchten die Telepharmazie für die Apotheken noch komfortabler gestalten, so werden wir beispielsweise eine Medikationsanalyse in die Telepharmazie integrieren. Die Datenerfassung kann dann z. B. mit geteiltem Bildschirm erfolgen. Auch eine leichte Ansteuerung des Click-and-Collect-Systems ist in der Planung. So kann die Beratung konkret an Produkten erfolgen und für zusätzlichen Umsatz sorgen.

DAZ: Frau Wessinger, vielen Dank für das Gespräch. |

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