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Therapien im Gespräch
Magisch gegen Depressionen
Halluzinogen Psilocybin überzeugt in klinischen Studien
Getreu dem Motto „Simila similibus solventur bzw. curentur“ wird seit einiger Zeit in der Depressionstherapie vorgegangen. So sollen wesensverändernde Drogen zu einer Wesensveränderung bei betroffenen Patienten und zu einer dauerhaften Linderung ihrer Beschwerden führen. Dass das funktionieren kann, konnten Sie in unserer ersten Folge „Psychedelische Psychiatrie mit Psilocybin“ der Serie „Pharmako-evolutionär“ (s. Kasten) in der DAZ 9, S. 46 erfahren. Ursprünglich von den Azteken zur Kontaktaufnahme mit den Göttern verwendet, wurde das aus Rauschpilzen (Magic Mushrooms) gewonnene Psilocybin erstmals 1958 chemisch in kristalliner Form isoliert. Zwar sind aus dieser Zeit erste Patienten-Berichte und Kasuistiken, an denen Psilocybin erprobt wurde, bekannt. Kontrollierte klinische Studien jedoch waren Mangelware. Das änderte sich um die Jahrtausendwende, und seitdem nimmt die Anzahl an Publikationen stetig zu. Ähnlich dem Lysergsäurediethylamid (LSD) stimuliert der aktive Metabolit Psilocin serotonerge 5-HT2A-Rezeptoren und soll durch eine einmalige hohe Gabe die depressive Symptomatik lindern. Das mag zunächst verwundern, wirken doch andere Antidepressiva wie tricyclische Antidepressiva, Trazodon, Mirtazapin etc. (und auch Neuroleptika) antagonistisch an dieser Stelle.
Neben Psilocybin hat unser Autor Prof. Dr. Thomas Herdegen, Kiel, in der Serie „Pharmako-evolutionär!“ noch weitere Wirk-und Inhaltsstoffe unter die Lupe genommen und hat geschaut, welche besonderen pharmazeutisch-pharmakologischen Entwicklungen spannend zu berichten sind. Das waren in diesem Jahr:
- Nicotin – raus aus dem Schatten (DAZ 22, S. 60)
- Erythropoetin – Inspirierende Blut-Poesie (DAZ 40, S. 50)
- Terpene – die duftige Cannabis-Entourage (DAZ 48, S. 52)
Reset der Neuroplastizität
Die Wissenschaft erklärt sich dieses scheinbare Paradoxon wie folgt: In Tierexperimenten zeigte sich, dass eine einmalige Gabe von Psilocybin die Dichte der 5-HT2A-Rezeptoren herunterreguliert, und so zu einer Reduktion der Signalwirkung führt. Im Rahmen klinischer Studien mit oral angewendetem Psilocybin zeigte sich ein Zerfall des Ich-Bewusstseins, welches man auch aus der Anwendung des 5-HT2A-Agonisten LSD kennt. Neben der Beeinflussung von GABA(Gamma-Aminobuttersäure) und Glutamat- Konzentrationen verändert Psilocybin bzw. Psilocin vermutlich aber auch die Verbindungen wichtiger zerebraler Knotenpunkte, zum Beispiel im Thalamus. Dabei werden bestimme Bereiche „entkoppelt“, deren fixierte Verbindungen mit negativen psychischen Funktionen wie Depressivität oder negativem Denken (Einengung im formalen Denken, Grübeln, Gedankenkreisen) korrelieren. Durch die schnelle Expression von sogenannten immediate-early genes kommt es zu einem „Reset der Neuroplastizität“. Aufgrund dieses immensen Eingriffs ins neurologische Geschehen ist eine intensive psychotherapeutische Begleitung der Patienten vor, während und nach der Psilocybin-Anwendung aber unumgänglich. Am meisten freuen dürfte die Betroffenen, dass der Effekt lang anhaltend zu sein scheint. So waren antidepressive Effekte bis zu sechs Monate in Studien nachweisbar.
Und das nicht nur im Vergleich zu Escitalopram (DAZ 20, S. 35), sondern auch in einer Phase-II-Studie zu Placebo (DAZ 46, S. 41). In Letzterer reduzierte Psilocybin in einer Dosis von 25 mg bereits nach zwei Tagen signifikant die Depressionssymptomatik bei den Probanden, der Effekt war auch noch zwölf Wochen nach der Anwendung messbar. Im kommenden Jahr steht dann die Phase-III-Studie an. |
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