Interpharm online 2021

Fortbildung in Corona-Zeiten

ral | Zum zweiten Mal konnten wir die Interpharm in diesem Jahr Corona-bedingt nicht als Präsenzveranstaltung durchführen. Das fanden wir natürlich extrem schade, haben aber wie bereits 2020 versucht, das Beste aus der Situation zu machen und Ihnen statt einer Vor-Ort- eine digitale Fortbildung zu bieten. Die Referentinnen und Referenten der diesjährigen wissenschaftlichen eKongresse für Apotheker und PTA präsen­tierten pharmazeutisch spannende Themen mit großer Relevanz für die Praxis in den Apotheken. Ob Tumorkachexie, Endometriose, Depression, Asthma bronchiale, multiple Sklerose oder sexuelle Stö­rungen, Digitales oder Antibiotika – die Fragestellungen waren so vielfältig wie der Versorgungsalltag selbst. Und auch das Programm beim ApothekenRechtTag war weit gespannt und verdeut­lichte, dass die letzten Monate auch jenseits der Pandemie von apothekenrechtlichen und -politischen Entwicklungen geprägt waren, die folgenreiche Konsequenzen für die Apothekenpraxis und das Arzneimittelversorgungssystem haben.

Was gab es zu sehen und zu hören? Für alle, die keine Zeit hatten, sich vor den Rechner zu setzen, haben wir das Wichtigste in Kürze hier zusammengefasst. Ausführlich berichtet hatten wir in DAZ 19 ab Seite 46.

Fotos: DAZ/Alex Schelbert

ApothekenRechtTag online

Der ApothekenRechtTag online hat auch 2021 wieder die Interpharm eingeleitet. Und es hat sich gezeigt, dass er sich inzwischen zu dem Branchentreff rechtlich interessierter Apotheker sowie apothekenrechtlich versierter Juristen entwickelt hat. Dr. Christian Rotta, Verleger und u. a. Herausgeber der Zeitschrift Arzneimittel&Recht, der die Veranstaltung moderierte, konnte mehr Teilnehmer denn je begrüßen. Was wurde ihnen geboten?

Cannabis und CBD

Bei den Gesundheitsprodukten gibt es kaum ein facettenreicheres rechtliches Minenfeld als Cannabis-haltige Produkte. Der Grund dafür sind die mannigfaltigen Einsatzmöglichkeiten der Cannabispflanze. Die Stuttgarter Rechtsanwältin Dr. Katharina Köbler zeigte beim diesjährigen ApothekenRechtTag online Wege durch das regulatorische Dickicht auf.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Christian Rotta, Geschäftsführer des Deutschen Apotheker Verlags, führte durch den ApothekenRechtTag 2021.

Zuwendungen

Ob Kuschelsocken oder Ofenkrusti-Gutschein: Apotheker lassen sich einiges einfallen, um Kunden in die eigene Apotheke zu locken. Doch der Weg des Zulässigen ist schmal. Das zeigen jedes Jahr neue Gerichtsentscheidungen. Einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Wettbewerbs- und Heilmittelwerberecht sowie im Arzneimittelpreisrecht gab die Münchner Rechtsanwältin Sylvia Braun.

Kontrahierungszwang

Würden Sie auch manchmal gerne die Abgabe eines Arzneimittels aus einem bestimmten Grund verweigern? So einfach ist das nicht. Jedenfalls sind die Möglichkeiten dafür sehr eingeschränkt. Wann Sie eventuell „nein“ sagen dürfen oder sogar müssen, erläuterte beim ApothekenRechtTag ­online der Berliner Rechtsanwalt Dr. Ulrich Grau.

Corona-Tests durch Apotheken

Seit Ende Januar 2021 können Apo­theken nach der Coronavirus-Testverordnung mit der Durchführung von Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2 betraut werden. Nachdem im März der sogenannte Bürgertest eingeführt wurde, stieg die Zahl der Apotheken, die diese Testungen anbieten. Doch die Regelungen rund ums Testen sind nicht so präzise und eindeutig, wie man es sich wünschen würde – das machte der Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser deutlich.

Vertragsgestaltung und das SGB V

Gesetzlich Krankenversicherte müssen beim Arzt und in der Apotheke grundsätzlich nicht in Vorleistung gehen, wenn sie Leistungen erhalten, die das Sozialgesetzbuch V (SGB V) regelt. Es gilt das Sachleistungsprinzip. Über die Erbringung dieser Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern ab. Doch wie kommen die Krankenkassen diesem gesetzlichen Auftrag nach? Dr. Thomas Friedrich, Geschäftsführer des Apothekerverbands Schleswig-Holstein und des Hamburger Apothekervereins, zeigte die Schieflagen im Vertragssystem auf.

Telepharmazie

Vor gut zwei Jahren haben die Ärzte mit der Änderung ihrer Musterberufsordnung den Boden für die Beratung und Behandlung per Telemedizin bereitet. Nun wollen auch die Apotheker nachziehen und sich damit ein neues digitales Dienstleistungs-Standbein aufbauen. Beim ApothekenRechtTag beleuchtete Rechtsanwältin Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und Stellvertretende Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, die rechtlichen Fallstricke der Telepharmazie und stellte Visionen dazu vor.

Wissenschaftlicher eKongress

Der Wissenschaftliche eKongress der Interpharm online startete in diesem Jahr mit einem Vortrag zum Thema Tumorkachexie. Weitere Themen waren Endometriose, Depression, multiple Sklerose, sexuelle Dysfunk­tion und – natürlich – COVID-19.

Tumorkachexie

Die Bedeutung einer qualifizierten Ernährungstherapie wird bei Tumorpatienten häufig unterschätzt. Prof. Dr. Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck stellte in seinem Vortrag dar, welche Unterstützung die Apotheke auf diesem Gebiet anbieten kann.

Endometriose

Obwohl die Endometriose eine weit verbreitete Erkrankung ist, wird ihr nach Ansicht von Prof. Dr. Sylvia Mechsner, Leiterin des Endometriosezentrums der Charité Universitäts­medizin Berlin, noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Auch bei den betroffenen Frauen ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig, wozu auch die Apotheke einen Beitrag leisten kann.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Über eine Chatfunktion hatten die Interpharm-Teilnehmer die Möglichkeit, direkt Fragen an die Referenten zu stellen.

Depression

Laut Prof. Dr. Malek Bajbouj von der Klinik für Psychiatrie und Psycho­therapie an der Charité Universitätsmedizin Berlin gibt es nach jahre­langer Stagnation Neuigkeiten auf dem Gebiet der medikamentösen Depressionsbehandlung. Große Hoffnung verbinden die Mediziner seit einiger Zeit mit Ketamin und Psilocybin. Beide Wirkstoffe hat Bajbouj bereits im Rahmen von Studien bei Patienten mit Depression eingesetzt.

DMP Asthma

Das D in DMP steht natürlich nicht für Desaster, wie ein Apothekenkunde fälschlicherweise dachte. Im Gegenteil: Disease-Management-Programme sind strukturierte Behandlungsprogramme, die chronisch Erkrankten helfen sollen, ihre Erkrankung und Therapie besser zu verstehen und zu managen. Apothekerin Ina Richling, Pharm. D., Iserlohn, und Pneumologe Dr. Frank Richling, Gummersbach, erläuterten auf der Interpharm, was genau Patienten darin lernen und welche Rolle die Apotheke in diesem Szenario spielt.

Multiple Sklerose

Dass das enterale Mikrobiom großen Einfluss auf die Gesundheit hat und damit viele Chancen bereithält, Krankheiten anzugehen, ist kein Geheimnis. Dass man aber heute nicht mehr nur mit allgemeinen Diätempfehlungen ins Blaue schießt, sondern mittler­weile gezielt mit einzelnen Nahrungsbestandteilen erfolgreich behandeln kann, bewies Prof. Dr. Aiden Haghikia von der Universität Magdeburg. Kurzkettige Fettsäuren können demnach den Krankheitsverlauf von multipler Sklerose (MS) deutlich verbessern.

Sexuelle Dysfunktion

Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach? Auf den Dualismus lassen sich Lustprobleme selten reduzieren. Hinter Libidoverlust verbirgt sich oft ein komplexes Geflecht von Beziehungs-, Selbstwert- und gesundheit­lichen Aspekten. Was bei der neurophysiologischen Basis der Lust, ihren iatrogenen und hormonellen (Stör-)Faktoren eine Rolle spielt und welche therapeutischen Ansätze es gibt, erläuterte auf der Interpharm online mit dem gebotenen Temperament Prof. Dr. Thomas Herdegen, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie an der Universität Kiel.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

COVID-19

Ein Highlight zum Abschluss der diesjährigen Interpharm: Im Gespräch mit Prof. Dr. Leif-Erik Sander beleuchtete Apothekerin und DAZ-Autorin Dr. Verena Stahl aktuelle und kommende Strategien gegen SARS-CoV-2. Sander hat die Professur für Infektionsimmunologie und Vakzinologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin inne und ist als Oberarzt an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie auch in der klinischen Praxis zu Hause.

PTAheute-eKongress

Im Zuge der zweiten Interpharm online wurde viel geboten: nicht nur Apotheker wurden mit jeder Menge Fachwissen versorgt, für PKA gab es das PKAaktiv-Webinar und für PTA den PTAheute-eKongress.

Apotheker Philipp Wäldeaus Göppingen eröffnete den PTAheute-eKongress mit seinem Vortrag über digitale Angebote für Apotheken. Am Vormittag drehte sich alles um Digitales. Philipp Wälde betreibt mehrere Apotheken in Göppingen und stellte als erster Referent des Tages zahlreiche digitale Helfer für Apotheken vor, bevor Apothekerin Daniela Naumburger und Rechtsanwältin Juliane Boscheinen über die Nutzung sozialer Medien für Apotheken sprachen. Den Abschluss des Vormittags machten Nicole Müller und Daniela Hildebrand. Die beiden Coaches erläuterten, warum für eRezepte eMenschen – echte Menschen – so wichtig sind.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Jacqueline Farin, Martina Busch und Dr. Claudia Neul vertraten das PTAheute-Team auf der Interpharm online und führten durch den PTAheute-eKongress (v. l.).

Am Nachmittag stand ein besonders beratungsintensives Thema auf der Agenda: die Abgabe von Antibiotika. Nachdem Dr. Sabine Werner die Grundlagen der Antibiotikatherapie erläutert hatte, stieg Christiane Weber direkt in die Praxis ein und gab jede Menge Tipps und Hinweise, die Patienten bei der Abgabe oraler Antibiotika gegeben werden sollten. Dabei ging sie nicht nur auf einzelne Arzneistoffe, sondern auch auf die unterschied­lichen Darreichungsformen ein. Anschließend sprach Christine Bender-Leitzig über topische Antibiotika – ein Vortrag, der ebenfalls mit zahl­reichen Praxishinweisen gespickt und daher ganz nah am Apotheken­alltag war. Den Abschluss des PTAheute-eKongresses bildete Dorothea Esser, die über das i-Tüpfelchen der Antibiotikaberatung sprach: die Zusatzempfehlungen. |

Corona-sichere Interpharm

Fotos: DAZ/Di Filippo

Vor Ort getestet wurde bei der Interpharm jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer – egal ob vom Technikteam, Referentinnen und Referenten oder die Moderatoren und Organisatoren.

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